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Medizin

Abwehr der „Supermikroben“

EU will die Antibiotikaresistenz stärker bekämpfen

Die Anzahl der resistenten Krankheitserreger nimmt weltweit besorgniserregend zu, schon jetzt sind einige gängige Antibiotika wirkungslos geworden. Die EU-Kommission fordert daher jetzt größere Anstrengungen, um in der EU den unangemessenen Einsatz von Antibiotika einzudämmen und das Entstehen von solchen „Supermikroben“ zu verhindern.

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Durch den übermäßigen Einsatz und den Missbrauch von Antibiotika haben sich weltweit Bakterien und andere Mikroben entwickelt, die gegen Arzneimittel, mit denen sie üblicherweise bekämpft werden, resistent sind. Diese Antibiotikaresistenz wird dann zu einer ernsten Gefahr, wenn herkömmliche Behandlungen gegen immer mehr Infektionskrankheiten nicht mehr wirken und die wichtigtsten Waffen der modernen Medizin damit stumpf werden.

Markos Kyprianou, der EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, sagte: „Die Entdeckung des Penicillins vor fast 80 Jahren war ein enormer Fortschritt für die öffentliche Gesundheit. Allerdings hat der übermäßige Antibiotikaeinsatz die Entwicklung von Bakterien beschleunigt, die gegen dieses Arzneimittel resistent sind und nun drohen, einige der Fortschritte bei der Infektionsbehandlung zu untergraben. Bestimmte Behandlungen, auf die wir uns bisher verlassen haben, verlieren ihre Wirksamkeit, während „Supermikroben“ in Krankenhäusern unnötige Todesfälle verursachen. Die Bürger müssen über diese Problematik aufgeklärt werden. Gleichzeitig haben die Mitgliedstaaten und die Ärzteschaft die Pflicht, alle nur möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um das Phänomen der Antibiotikaresistenz einzudämmen“.

Wirksame Behandlung gefährdet

Antibiotikaresistenz betrifft Bakterien, Viren, Pilze und bestimmte Parasiten, die gegenüber bestimmten Arzneimitteln immun werden. Ursache ist meist der übermäßige und unangemessene Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin. Nach Ansicht der EU-Kommission ist dies ein Problem der öffentlichen Gesundheit von globaler Tragweite, da die Entwicklung und Verbreitung resistenter Mikroben die wirksame Infektionsbehandlung gefährde, die bisher in der Medizin erfolgreich angewendet wurde.

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Tuberkulose, Malaria, Gonorrhö, Sinusitis und Otitis bei Kindern sind nur einige der Beispiele für Krankheiten, deren Behandlung aufgrund der Antibiotikaresistenz schwierig geworden ist, während multiresistente Mikroben, wie bestimmte MRSA-Stämme (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) zu schweren im Krankenhaus übertragenen Infektionen führen können.

2001 leitete die EU eine Strategie zur Bekämpfung der Gefahr der Antibiotikaresistenz bei Mensch, Tier und Pflanzen ein, die Datenerhebung, Überwachung, Forschung, Aufklärung und die schrittweise Einstellung des nichtmedizinischen Einsatzes von Antibiotika bei Tieren umfasst. Eine 2002 angenommene Empfehlung des Rates zur umsichtigen Antibiotikaverwendung, war ein Bestandteil dieser Strategie und umriss konkrete Maßnahmen, welche die Mitgliedstaaten treffen konnten, um der Antibiotikaresistenz vorzubeugen.

Aufklärung und Überwachung nötig

Der jetzt veröffentliche Kommissionsbericht bilanziert die Umsetzung der Empfehlung von 2002, welche die einzelstaatlichen Behörden dazu aufgerufen hatte, Maßnahmen zu treffen, um die Ausbreitung der Antibiotikaresistenz in der EU einzudämmen, indem sie zu einer umsichtigeren Verwendung von Antibiotika in der Humanmedizin aufrief. Einerseits nennt der Bericht einige gute Fortschritte, die die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der Antibiotikaresistenz erzielt haben, insbesondere eine verbesserte Überwachung des Antibiotikaeinsatzes und der Antibiotikaresistenz sowie engere Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Berufsgruppen in diesem Bereich.

Andererseits bestehe durchaus noch Handlungsbedarf. Der Bericht hebt hervor, dass die Mitgliedstaaten Strategien und Aktionspläne erarbeiten und implementieren müssen, um das Problem der Antibiotikaresistenz anzugehen, und dass der Austausch bewährter Verfahren in Fragen wie Impfkampagnen sowie Hygiene und Infektionsbekämpfung verbesserungsbedürftig sei.

Ein großes Problem stellt die in vielen Ländern grassierende Selbstmedikation mit Antibiotika dar. Die EU fordert daher, in Zukunft strikt darauf zu achten, dass Antibiotika nur auf Verschreibung abgegeben werden, Auch seien verstärkte Aufklärungsmaßnahmen erforderlich. Die Kommission schlägt vor, dass es in allen Ländern zumindest für die verbreitetsten Krankheiten Leitlinien für die angemessene Antibiotikabehandlung geben und die Aufklärung der Bürger über Antibiotika verbessert werden sollte.

Gesundheitseinrichtungen werden dazu aufgerufen, Maßnahmen zur Infektionskontrolle zu verschärfen, um der Verbreitung von „Supermikroben“ wie MRSA entgegenzuwirken. Angesichts der globalen Dimension des Problems sei insbesondere die internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz von entscheidender Bedeutung. Die Kommission arbeitet in dieser Frage eng mit internationalen Partnern wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammen.

(EU-Kommission, 23.12.2005 – NPO)

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