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Medizin

Neue „Waffe“ gegen Krebs?

Forscher entdecken möglichen Tumorregulator

Lebenswichtig für den Organismus, gleichzeitig aber auch eine der Ursachen für Krebs ist das derzeit weltweit intensiv erforschte MYC-Gen. Ein internationales Wissenschaftlerteam hat nun einen Weg gefunden, wie sich die Auswirkungen dieses Gens möglicherweise begrenzen lassen. Die entscheidende Rolle spielt dabei das wichtige körpereigene Enzym HectH9.

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Das MYC-Gen ist wichtig für das Wachstum von Organismen durch Zellteilung. Weil es in vielen Tumoren erhöhte Aktivität aufweist und dort zur unkontrollierten Teilung erkrankter Zellen beiträgt, ist der Myc-Signalweg ein möglicher Ansatzpunkt für Molekularbiologen und Biochemiker, um die Entstehung von Krebs zu verhindern.

Aus dem MYC-Gen wird zunächst ein Eiweiss namens Myc erzeugt, das auch als Transkriptionsfaktor bezeichnet wird. Dieser Transkriptionsfaktor aktiviert zahlreiche Zielgene, die zu verstärktem Zellwachstum beziehungsweise Zelltod beitragen. Diese Aktivierung lässt sich bislang nicht verhindern: Proteine wie Myc bieten keine Angriffspunkte für pharmakologische Substanzen, da sie keine eigene enzymatische Aktivität besitzen, die gehemmt werden könnte.

Den Wissenschaftlern um Professor Dr. Martin Eilers, vom Institut für Molekularbiologie und Tumorforschung (IMT) der Universität Marburg, gelang es nun zusammen mit Kollegen der Universität Konstanz und Wissenschaftlern aus Italien und Dänemark, eine wichtige Funktion eines Interaktionspartners von Myc, des Enzyms HectH9, aufzuklären. HectH9 verstärkt unter anderem die aktivierenden Eigenschaften von Myc. Die Tätigkeit von Enzymen wiederum lässt sich durch Medikamente in vielen Fällen relativ einfach beeinflussen.

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Ziel: Myc-Protein ausschalten

„Wir hoffen nun“, so Sovana Adhikary, gemeinsam mit ihrem Marburger Kollegen Andreas Hock und zwei weiteren Teammitgliedern Erstautorin der Publikation, „dass wir eine Substanz finden, der es gelingt, HectH9 zu blockieren.“ Dann besteht die Chance, dass sich das Myc-Protein zeitweise „ausschalten“ lässt, um dem Körper die Möglichkeit zu geben, sich gegen den Krebs zu wehren.

„Eigentlich haben wir über die Stabilität des Myc-Proteins gearbeitet“, so Adhikary. Es „lebt“ durchschnittlich 45 Minuten und wird vom Körper abgebaut, sobald bestimmte Substanzen eine so genannte Polyubiquitinkette auf der Myc-Oberfläche aufbauen. „Diese Kette aus miteinander verknüpften Ubiquitinen ist wie ein Markierungsfähnchen“, erklärt Hock, „das dem Proteasom, dem ‚Zellmülleimer‘, üblicherweise ein Signal gibt, das Protein abzubauen.“ Dann aber stellten die Wissenschaftler fest, dass das Myc-Protein auch dann noch vom Körper abgebaut wurde, wenn sie durch eine Mutation des Proteins das Andocken des Markierungssignals verhinderten.

Die Polyubiquitinkette musste also noch eine andere Funktion haben, schlossen sie und erkannten im weiteren Verlauf ihrer Arbeit, dass sie die transkriptionelle Aktivität des Myc-Proteins verstärkte. Die Polyubiquitinkette erhöhte also die Wirkung von Myc auf Zielgene, die daraufhin die Zelle verstärkt zur Teilung anregte. Verstärkte Zellteilung wiederum kann zu unkontrollierter Wucherung von Gewebe, insbesondere auch Krebsgewebe führen.

Auf der Suche nach der hemmenden Substanz

MYC gehört neben dem Onkogen RAS zu den wichtigsten menschlichen Genen, die an der Krebsentstehung beteiligt sind. Seine Anwesenheit alleine führt allerdings nicht zu Krebs, schließlich spielt es in vielen wichtigen Zellteilungs- und Wachstumsprozessen des Körpers eine Rolle. „Es kommt auf den genauen zellulären Kontext an, ob Myc Krebs erzeugt oder nicht“, so Adhikary.

Derzeit lassen die Wissenschaftler Tausende von Substanzen überprüfen, um herauszufinden, welche davon das Enzym HectH9 und damit die Aktivität des Myc-Proteins hemmen. Dass dieser Weg Erfolg versprechend sein könnte, belegen Studien an genetisch veränderten Mäusen. Hock: „Bei ihnen wurde durch gezielte Mutationen das MYC-Gen abgeschaltet. In einigen Fällen wurde dadurch das Tumorwachstum gehemmt, in anderen ging der Tumor sogar vollständig zurück.“

Die Forscher berichten über ihre Ergebnisse in der US-amerikanischen Fachzeitschrift Cell.

(idw – Universität Marburg, 08.11.2005 – DLO)

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