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Neurobiologie

„Rauschen“ stört perfekte Bewegungen

Ursachen für Ungenauigkeiten der Bewegungssteuerung im Gehirn identifiziert

Leistungssportler oder Berufsmusiker gehören zu den Menschen mit der besten Körperbeherrschung. Und doch gibt es auch bei ihnen winzige Abweichungen in den tausendfach trainierten Bewegungsabläufen, nicht immer „sitzt“ der Griff oder Schritt hundertprozentig. Aber warum? Das haben Wissenschaftler jetzt untersucht und dabei das „Signalrauschen“ im Gehirn als Schlüsselfaktor identifiziert.

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“Um eine Bewegung auszuführen, nimmt das Gehirn die elektrische Aktivität von vielen Nervenzellen und kombiniert sie um Muskelkontraktionen auszulösen“, erklärt der Neurowissenschaftler Stephen Lisberger von der Universität von Kalifornien in San Francisco, Leiter der jetzt in „Nature“ veröffentlichten Studie. „Aber die Bewegungen sind nicht immer perfekt. Also fragten wir, was dem im Wege steht.“

Die Antwort ist, so die Erkenntnis der Forscher, das „Rauschen“: Der Unterschied zwischen dem, was tatsächlich passiert und dem, wie das Gehirn es wahrnimmt. Als Beispiel nennt Lisberger einen Wurf beim Basketball: Wenn es kein solches Rauschen im neuromotorischen System gäbe, könnte ein Basketballspieler den gleichen perfekten Korbwurf wieder und wieder ausführen und würde niemals einen Ball verspielen. Aber genau das erreichen selbst die besten Spieler der amerikanischen NBA nicht.

„Indem wir studieren, wie das Gehirn dieses Rauschen unterdrückt, können wir mehr darüber lernen, wie es sensorische Reize verarbeitet, Entscheidungen trifft und sie ausführt“, so der Forscher. „Das Verständnis dafür, wie das Rauschen zu sehr genauen Befehle umgebildet wird, zeigt wie genaue Aktionen entstehen.“

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Um diese „Rauschunterdrückungs-Mechanismen zu erforschen, wählten die Wissenschaftler für ihre Studie eine Bewegung, die allen Primaten gemeinsam ist und als sehr genau gilt: Die auch als „gleichmäßiges Folgen“ bezeichnete Augenbewegung mit der die Augen ein sich bewegendes Ziel fixieren. In einer Serie von Experimenten maßen die Wissenschaftler bei verschiedenen Versuchstieren neuronale Aktivität und Augenbewegung und verglichen, wie genau die Augen dem Objekt folgten und wie das Gehirn die Bahn des Objekts wahrnahm.

Die Experimente ergaben, dass das Folgesystem der Augen und die Wahrnehmung des Gehirn nahezu gleich genau – oder ungenau – waren, “Das zeigt, dass beide Prozesse sehr gut darin sind, das Rauschen zu unterdrücken“, erklärt Lisberger. „Weil das Gehirn rauscht, tut unser motorisches System nicht immer das, was es soll. Präzise Bewegungen trotz Rauschens auszuführen ist eine Herausforderung. Diese Studie gibt neue Einblick darin, wie das Gehirn dies bewältigt.“

Das Verständnis darüber, wo im Gehirn das Rauschen entsteht und wie es unterdrückt werden kann, könnte auch der Erforschung von neuromotorischen Störungen und Krankheiten wie beispielsweise Parkinson zugute kommen, da möglicherweise neue Ansätze für Therapien gefunden werden können.

(University of California – San Francisco, 23.09.2005 – NPO)

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