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Pflanzenreste als Klimaarchiv

Erdachse beeinflusste Paläo-Klima in Deutschland

Frucht der Wassernuß (Trapa natans), die häufig in Seeablagerungen der Eemwarmzeit gefunden wurde und ein Indikator für sommerwarmes Klima ist. © Thomas Litt (Universität Bonn)

Wem der aktuelle Sommer zu kühl ist, der schaut vielleicht wehmütig in die Vergangenheit und wünscht sich eine Zeitmaschine, denn: Während der letzten Warmzeit vor 125.000 Jahren lagen die Sommertemperaturen in Deutschland durchschnittlich noch um ein bis zwei Grad höher als heute. Dies fanden Klimaforscher aus Hamburg und Berlin zusammen mit Paläontologen der Universität Bonn heraus.

Ursache der hohen Temperaturen waren damals übrigens nicht die Treibhausgase – deren Konzentration war in vorindustrieller Zeit weit

niedriger als heute. Unterschiede in der Neigung der Erdachse und der Umlaufbahn um die Sonne sorgten stattdessen in hohen Breiten für eine stärkere Sonneneinstrahlung. Doch wie kann man herausfinden, wie warm es zu einer Zeit war, in der noch niemand an Temperaturaufzeichnungen dachte?

Pflanzenreste als Temperaturschreiber

Frucht der Wassernuß (Trapa natans), die häufig in Seeablagerungen der Eemwarmzeit gefunden wurde und ein Indikator für sommerwarmes Klima ist. © Thomas Litt (Universität Bonn)

Im Grunde ganz einfach: Die Wissenschaftler suchen unter dem Mikroskop aus Bodenproben Samen, Früchte und Blütenstaub heraus. Häufig kann man bestimmen, von welchem Baum, Strauch oder Blume diese Fossilreste stammen. Und da diese Arten heute noch existieren, kennt man das spezifische „Wohlfühl-Klima“ der einzelnen Pflanzen. „Wir finden häufig an ein und derselben Fossillagerstätte Pflanzenreste von über zehn verschiedenen Arten“, erklärt Professor Dr. Thomas Litt, Paläobotaniker an der Universität Bonn. Damit neben einer Buche auch noch Bärlauch und Buschwindröschen wachsen, muss das Klima allen drei Pflanzen zusagen. „Für keine dieser Pflanzen ist es damals zu warm oder zu kalt, zu feucht oder zu trocken gewesen. Aus ihren Standortansprüchen können wir daher Wahrscheinlichkeitsaussagen über das Klima ableiten und somit ziemlich genau die damaligen Temperaturen rekonstruieren.“

Pflanzen bestätigen Rechnermodelle

Mit dieser Methode haben Litt und sein Mitarbeiter Norbert Kühl Klimakarten für die so genannte Eemwarmzeit vor etwa 125.000 Jahren gezeichnet. Der Clou an der Studie, die jetzt von der Herausgebern der renommierten Zeitschrift „Geophysical Research Letters“ zum „Journal Highlight“ gewählt wurde liegt in der Zusammenarbeit mit Klimamodelierern Frank Kaspar vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und Ulrich Cubasch von der FU Berlin. Ihre Computersimulation des damaligen Klimas lieferte ähnliche Resultate. Ein großer Erfolg, denn wenn Klimamodelle die Vergangenheit nachbilden können, ist es wahrscheinlich, dass sie ähnlich gut für die Zukunft funktionieren können, für die wir keine Vergleichsmöglichkeit haben.

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Position zur Sonne bestimmt Erdklima

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Der nahezu parallele Verlauf der Temperaturkurven aus beiden Methoden bestätigt vor allem auch den großen Einfluss, den die zyklischen Veränderungen der Erdumlaufbahn und der Neigung der Erdachse auf unser Klima haben. Diese und die Treibhausgaskonzentration waren die wichtigsten Parameter im Modell. Aber die Treibhauskonzentrationen lagen damals wesentlich niedriger als heute und trotzdem war es zumindest im Sommer erheblich wärmer. „Nördlich der Alpen war es damals im Sommer rund ein bis zwei Grad wärmer als heute“, fasst Litt die Resultate zusammen. Im Winter herrschten dagegen in Westeuropa um ein bis zwei Grad kältere Temperaturen, während man sich in Skandinavien und Osteuropa nicht so dick hätte vermummen müssen wie heute: In Finnland war es damals mehr als 5 Grad wärmer. Dafür waren ein verstärkter Transport warmer ozeanischer Luftmassen und die geringere Eisbedeckung des arktischen Meeres verantwortlich.

Die Erde wird in der Zukunft mit Sicherheit wieder eine ähnliche Stellung zur Sonne einnehmen. Bis solche Bedingungen allerdings wieder eintreten wird es noch lange dauern. Und ob dann die Temperaturverteilung ähnlich ist, ist nicht gewiss. Also lohnt es noch nicht, die Urlaubsplanung mit der Zeitmaschine darauf abzustellen.

(Universität Bonn / Kirsten Achenbach, RCOM Bremen, 10.08.2005 – AHE)

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