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Marianengraben schluckt Wasser

Subduktionszone transportiert weit mehr Wasser in den Erdmantel als gedacht

Am Marianengraben wird mit der absinkenden Pazifischen Platte auch viermal so viel Wasser in den Erdmantel transportiert wie gedacht. © NASA

Ab in die Tiefe: An den Subduktionszonen gelangen mit den untertauchenden Erdplatten enorme Wassermengen in das Erdinnere. Allein am Marianengraben transportiert die absinkende Pazifische Platte gut viermal mehr Wasser in den Erdmantel als bisher angenommen, wie Messungen nun enthüllen. Die Subduktionzonen spielen damit eine wichtige Rolle im irdischen Wasserkreislauf. Weltweit könnten in ihnen drei Milliarden Tonnen Wasser pro Million Jahre verschluckt werden, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.

Der Vorrat des irdischen Wassers beschränkt sich nicht auf die Ozeane, Gewässer oder die Atmosphäre: Auch verborgen im Erdmantel sind gewaltige Mengen Wasser gespeichert – teilweise schon seit der Frühzeit unseres Planeten. Dieses größtenteils in Mineralien gebundene Wasser spielt eine wichtige Rolle für die Prozesse im Erdmantel, aber auch für den irdischen Wasserkreislauf. Denn Teile davon treten bei Vulkanausbrüchen wieder zutage.

Wassermessung am Marianengraben

Doch wie dieses Wasser in das Erdinnere kommt, ist bisher nur in groben Zügen bekannt. So scheint klar, dass das Abtauchen von Erdplatten an den Subduktionszonen der entscheidende Wasser-„Fahrstuhl“ sein muss. Das Gestein nimmt an der Erdoberfläche Wasser auf und nimmt es dann beim Absinken in den Erdmantel mit. „Aber wieviel Wasser dabei ins Erdinnere gelangt, wusste man bisher nicht“, sagt Erstautor Chen Cai von der Washington University in St. Louis.

Um dies zu klären, sich Cai und sein Team nun am tiefsten Ort der Erde auf Spurensuche begeben – im Marianengraben. Dieser Tiefseegraben markiert die Plattengrenze, an der die Pazifische Platte unter die Mariana-Plate untertaucht. Die Forscher für ihre Studie Daten von 19 Seismografen am Meeresboden und sieben Seismografen auf benachbarten Inseln aus. Der Clou daran: Weil Wasser und hydratisiertes Gestein Erdbebenwellen anders leiten als trockenes Gestein, lässt sich so rückschließen, wie viel Wasser mit der Erdplatte in die Tiefe sinkt.

Querschnitt durch die Subduktionszone am Marianengraben © Fryer, Hussong/ NOAA

Viermal mehr Wasser als gedacht

Das überraschende Ergebnis: Die Subduktionszone am Marianengraben befördert viel mehr Wasser in die Tiefe als bisher angenommen. Die seismischen Daten ergaben, dass die oberen 24 Kilometer der abtauchenden Platte wasserhaltig sind – bisher gingen Forscher von einer nur rund zwei Kilometer dicken Schicht aus. „Wenn aber Wasser tiefer in die Platte eindringen kann, dann kann auch mehr in größere Tiefen transportiert werden“, erklärt Cai.

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Und tatsächlich: Die Berechnungen der Forscher ergaben, dass allein am Marianengraben rund 79 Millionen Tonnen Wasser pro Million Jahre und Meter in Form von Mineralen in die Tiefe gelangen. Rechnet man noch das wasserhaltige Sediment und das in der Kruste gespeicherte Wasser hinzu, sind es sogar 94 Millionen Tonnen. „Das sind 4,3 Mal mehr als zuvor für diese Region angenommen“, berichten die Wissenschaftler.

Rechnet man dies auf alle geologisch ähnlichen Subduktionszonen weltweit hoch, ergeben sich ebenfalls erstaunlich hohe Werte: Pro Million Jahre verschwinden demnach drei Milliarden Tonnen Wasser im Erdinneren – das ist dreimal mehr als angenommen.

Wasserdampfreicher Ausbruch eines Vulkans in Alaska. © Jürgen Klein, AVO/ USGS

Wo bleibt das ganze Wasser?

Merkwürdig ist allerdings, wo dieses Wasser bleibt. Denn gängiger Theorie nach muss alles, was verschluckt wird, auch wieder durch Vulkanausbrüche ausgestoßen werden – sonst würden die Meeresspiegel immer weiter absinken. Doch die neuen Werte für die Wasseraufnahme des Erdmantels übertreffen bisherige Schätzungen für die Wasserfreisetzung aller Vulkane bei weitem.

„Die wahrscheinlichste Erklärung dafür ist, dass auch die Wasserabgabe des Erdmantels bisher stark unterschätzt wurde“, konstatieren die Forscher. Die Werte für die mittelozeanischen Rücken seien zwar relativ gut belegt, aber gerade für die Vulkane von Inselbögen sei dies nicht der Fall. „Unsere Studie wird wahrscheinlich dazu führen, dass hier einiges neu bewertet werden muss“, sagt Cais Kollege Doug Wiens. (Nature, 29018; doi: 10.1038/s41586-018-0655-4)

(Washington University in St. Louis, 16.11.2018 – NPO)

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