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Archäologie

Rätsel um 2.000 Jahre alten Papyrus gelöst

Spiegelschrift-Dokument erweist sich als Text des berühmten römischen Arztes Galen

Nach der Restaurierung: Der 2.000 Jahre alte Papyrus mit dem Medizintext - möglicherweise vom römischen Arzt Galenus. © Universität Basel

Spektakuläre Entdeckung: Ein seit 400 Jahren in Basel aufbewahrter Papyrus hat sich als einzigartiger Schatz entpuppt. Denn er enthält einen medizinischen Text, der wahrscheinlich aus der Feder des spätantiken Arztes Galen stammt – einem der berühmtesten Mediziner der Geschichte. Erst modernen Analysen enthüllten, dass der in Spiegelschrift beschriebene Papyrus aus mehreren Lagen besteht und halfen so, den Text entzifferbar zu machen.

Ob bei den Schriftrollen von Qumran, alten Maya- und Mixteken-Codices oder mittelalterlichen Manuskripten: Viele alte Texte sind heute nicht mehr ohne weiteres lesbar, weil die Tinte verblasst ist oder spätere Überarbeitungen das ursprüngliche Schriftbild verschwinden ließen. Inzwischen jedoch können moderne Analysemethoden mit Strahlung verschiedener Wellenlängen solche verborgenen Texte häufig wieder ans Licht bringen.

Unleserliche Spiegelschrift

Das ist nun auch bei dem seit Jahrhunderten rätselhaften Baseler Papyrus gelungen. Dieses rund 2.000 Jahre alte Dokument ist beidseitig in Spiegelschrift beschrieben, lesbar jedoch waren die Texte nicht. Auch die Herkunft und der Autor dieses Papyrustextes blieben bisher ungeklärt. Der seit dem 16. Jahrhundert in Basel aufbewahrte Papyrus galt daher als ebenso einzigartig wie rätselhaft.

Jetzt haben Sabine Huebner von der Universität und ihr Team das Geheimnis dieses antiken Schriftstücks endlich gelüftet. Sie hatten den fragilen Papyrus zunächst vorsichtig gereinigt und ihn dann im ultravioletten und infraroten Licht aufgenommen. Diese Aufnahmen wurden dann mit digitalen Methoden analysiert, um den Text entzifferbar zu machen.

Verleimte Schichten

Das überraschende Ergebnis: Der Papyrus besteht nicht nur aus einer, sondern aus mehreren, miteinander verklebten Schichten. Offenbar waren die ursprünglichen Textseiten nachträglich zusammengeleimt und dann als Deckblatt oder Buchdeckel eines anderen Manuskripts verwendet worden, wie Huebner berichtet. Ein solches Recycling alter Schriften war vor allem im Mittelalter gängige Praxis, daher könnte auch der antike Papyrus damals auf diese Weise zweitverwertet worden sein.

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Diese Verklebung erklärt auch, warum der Text des Baseler Papyrus bisher nicht lesbar war: Die Schriftzeilen der ursprünglichen, hauchdünnen Blätter überlagerten sich. Erst als ein Restaurator die einzelnen Schichten vorsichtig voneinander trennte und reinigte, konnten die Historiker den so lange rätselhaften, in griechischer Sprache geschriebenen Text entziffern.

Galenus (links) und Hippokrates in einem mittelalterlichen Fresko © Nina Aldin Thune/ CC-by-sa 2.5

Medizin-Traktat des Galenus

Die Entzifferung enthüllte, dass es sich um eine medizinische Schrift aus der Spätantike handelt. „Das ist eine sensationelle Entdeckung“, sagt Huebner. „Bei der Mehrheit aller Papyri handelt es sich um dokumentarische Schriftstücke, wie Briefe, Verträge und Quittungen. Hier handelt es sich um einen literarischen Text und die sind ungleich wertvoller.“ Hinzu kommt, dass es sich hier um ein bisher unbekanntes medizinisches Traktat handelt.

„Wir können jetzt sagen, dass es sich um eine medizinische Schrift aus der Spätantike handelt, die das Phänomen des ‚hysterischen Atemstillstands‘ beschreibt“, so Huebner. Sie und ihre Kollegen vermuten, dass der Text aus der Feder des römischen Arztes Galen stammt oder von einem Zeitgenossen, der Galens Werk kommentierte. Galen gilt nach Hippokrates als der bedeutendste Arzt des Altertums. Die Entdeckung eines noch unbekannten Schriftstücks von ihm oder aus seinem Umfeld ist daher entsprechend spektakulär.

(Universität Basel, 13.07.2018 – NPO)

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