Anzeige
Neurobiologie

Bier macht tatsächlich glücklich

Inhaltsstoff Hordenin wirkt im Gehirn ähnlich wie das Glückshormon Dopamin

Im Bier steckt ein Gersten-Inhaltsstoff, der in unserem Gehirn ähnlich wirkt wie das Glückshormon Dopamin. © Givaga/ iStock.com

Versteckter Glücklichmacher: Passend zum Oktoberfest haben Forscher eine bisher unbekannte Seite des Bieres aufgedeckt: In ihm steckt – neben dem Alkohol – ein Inhaltsstoff, der im Gehirn ähnlich wirkt wie das Glückshormon Dopamin. Das sogenannte Hordenin dockt an die gleichen Rezeptoren im Belohnungssystem an und könnte daher beim Biertrinken ein zusätzliches Wohlgefühl auslösen.

Ob Schokolade, Chips oder Pizza: Es gibt Lebensmittel, die machen glücklich – und ein wenig süchtig. Denn vor lauter Genuss fällt das Aufhören schwer und man isst weiter, obwohl man eigentlich schon satt ist. Dieses Phänomen wird in der Fachsprache hedonische Nahrungsaufnahme genannt. Das gute Gefühl wird durch den Neurotransmitter Dopamin ausgelöst: Verlockende Lebensmittel aktivieren das Belohnungszentrum, in denen der Dopamin-D2-Rezeptor zu finden ist.

Fahndung nach Dopamin-Analoga

Auf der Suche nach Lebensmitteln, die spezifisch diesen Dopamin-D2-Rezeptor aktivieren, haben Thomas Sommer von der Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)und ihre Kollegen nun eine überraschende Entdeckung gemacht. Für ihre Studie nutzten sie die Methode des virtuellen Screenings. Dafür legten die Forscher zunächst eine Datenbank aus 13.000 in Lebensmitteln vorkommenden Molekülen an.

Mit einem speziellen Computer-Programm testeten die Wissenschaftler dann, welche Moleküle zum D2-Rezeptor passen. Dabei wird geprüft, ob die chemische Struktur des Stoffs die richtige Form und Ladung besitzt, um sich am Rezeptormolekül anzudocken. Dabei blieben noch 17 Substanzen übrig, die die Pharmazeuten dann in der realen Welt näher untersuchten.

Das Hordenin gelangt mit dem Gerstenmalz in das Bier © Peter Schill/ CC-by-sa 2.0 de

Bier-Inhaltsstoff wirkt wie Glückshormon

Das überraschende Ergebnis: Als vielversprechendster Kandidat erwies sich die Substanz Hordenin, ein Inhaltsstoff von Gerstenmalz und Bier. „Das Hordenin besaß fast die gleiche Bindungseffektivität am Rezeptor wie Dopamin“, berichten die Forscher. Das bedeutet, dass dieser Inhaltsstoff des Bieres im Belohnungszentrum ähnlich wirken könnte wie der hormonelle „Glücklichmacher“.

Anzeige

Ob die im Bier enthaltenen Hordenin-Mengen für eine spürbare Beeinflussung des Belohnungszentrums ausreichend sind, untersuchen die Forscher zurzeit noch. Sie halten es aber für durchaus wahrscheinlich: „Basierend auf der Präsenz von Hordenin im Bier glauben wir, dass diese Substanz signifikant zur stimmungssteigernden Wirkung des Bieres beitragen könnte“, so die Wissenschaftler.

Länger und stärker als Dopamin

Hinzu kommt, dass das Hordenin sogar nachhaltiger wirken könnte als das körpereigene Dopamin. Denn es aktiviert den Dopamin-D2-Rezeptor zwar genauso effektiv, tut dies aber über einen anderen Signalweg. Dadurch wird das Hordenin weniger schnell wieder abgebaut und könnte daher stärker und anhaltender wirken als der Hirnbotenstoff, wie Sommer und seine Kollegen erklären.

Das könnte bedeuten, dass Bier sogar doppelt verlockend wirkt: Sowohl der Alkohol als auch das Hordenin wirken auf das Belohnungssystem und lösen beim Biergenuss Wohlgefühl aus – für Alkoholiker wäre dies damit eine doppelte Versuchung. (Scientfic Reports, 2017; doi: 10.1038/srep44201)

(Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 19.09.2017 – NPO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Sucht - Wenn das Verlangen den Willen lenkt

News des Tages

Mittelmeer

Umgekippte Erdplatte im Mittelmeer entdeckt

Wie Urzeit-Mikroben Wasserstoff spalteten

Neue Hoffnung für Voyager 1

Bücher zum Thema

Im Fokus: Neurowissen - Träumen, Denken, Fühlen - Rätsel Gehirn von Nadja Podbregar und Dieter Lohmann

Welcome To Your Brain - Ein respektloser Führer durch die Welt des Gehirns von Sandra Aamodt und Samuel Wang

Feuerwerk der Hormone - Warum Liebe blind macht und Schmerzen weh tun müssen von Marco Rauland

Top-Clicks der Woche