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Neurobiologie

Kommunizieren synchronisiert die Gehirne

Verbaler Austausch bringt Gehirnaktivität der Gesprächspartner in Gleichtakt

Beim Gespräch synchronisieren sich die Hirnwellen der Partner - über die bloße Sprachverarbeitung hinaus. Die grünen Linien zeigen Elektroden mit synchronen Wellen an. © Pérez et al., Scientific Reports/ CC-by-sa 4.0

Gleichtakt der Wellen: Wenn wir uns mit jemandem unterhalten, verbindet uns dies nicht nur auf der bewussten Ebene. Die Kommunikation synchronisiert auch unsere Gehirnwellen, wie ein Experiment enthüllt. In mehreren Frequenzen gleicht sich die Hirnaktivität der Gesprächspartner aneinander an – und dies mehr, als nur durch das bloße Hören oder Sprechen erklärbar wäre, wie die Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“ berichten.

Sprache ist für uns Menschen eines der wichtigsten Mittel zur Kommunikation. Entsprechend komplex ist das Muster der Hirnareale, die bei der Verarbeitung und Erzeugung der Sprache aktiv werden. Studien zeigen zudem, dass wir Sprache immer dann am besten verstehen, wenn unsere Gehirnwellen im Takt des gehörten Schalls schwingen.

Dialog mit Elektrodenkappe

Doch wie ist das bei einem Gespräch? Lässt sich am Gehirn ablesen, wie gut der verbale Austausch mit einem Gegenüber funktioniert? Das haben Alejandro Pérez und seine Kollegen vom Baskischen Zentrum für Kognition, Gehirn und Sprache in einem Experiment getestet. Dafür bekamen jeweils zwei Männer oder zwei Frauen die Aufgabe, sich durch einen Sichtschutz hindurch zu unterhalten.

Als Dialoghilfe bekamen die Probanden Fragen über die Themen Sport, Filme, Tiere, Reise und Musikvorlieben, die sie ihrem jeweiligen Gegenüber stellen sollten. Sie wurden zudem angewiesen, möglichst intensiv zuzuhören und sich die Antworten zu merken, weil diese später abgefragt werden würden. Während des Dialogs leitete die Forscher die Hirnwellen der Probanden mittels Elektroenzephalografie (EEG) ab.

Diese Grafik zeigt die Versuchsanordnung beim Gespräch © Pérez et al., Scientific Reports/ CC-by-sa 4.0

Synchrone Schwingungen

Die Auswertung ergab: Während des Gesprächs glichen sich die Gehirnwellen der Probanden in allen vier gemessenen Frequenzbereichen an. Die Ausschläge der Wellen verliefen deutlich stärker synchron als bei zwei einander Fremden, die nicht gerade miteinander sprechen, wie die Forscher berichten. Besonders stark zeigte sich dies in den Alpha- und Beta-Frequenzen der Hirnwellen.

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Das Spannende daran: Nur ein Teil dieses Gleichtakts ließ sich durch die normale Reaktion des Gehirns auf die gehörte oder gesprochene Sprache erklären. Als die Forscher diesen bereits bekannten Effekt der akustischen Taktung ausschlossen, zeigten sich noch immer klare Indizien für eine Synchronität. „Demnach gibt es einen Gehirn-zu-Gehirn-Effekt, der von den auditorischen Prozessen unabhängig ist“, sagen Pérez und seine Kollegen.

Gleichtakt über die bloße Sprache hinaus

Bei der Kommunikation mit anderen Menschen scheinen sich unsere Gehirne demnach in hohem Maße auf das jeweilige Gegenüber „einzuschwingen“ – selbst wenn wir unser Gegenüber nur hören und nicht sehen. „Es gibt demnach eine Verbindung zwischen den Gehirnen, die über die bloße Sprachverarbeitung hinaus geht“, sagt Koautor Jon Andoni Dunabeitia.

Nach Ansicht der Forscher könnte diese Synchronisierung der Hirnwellen sogar ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Kommunikation sein. Dies wiederum eröffnet ganz neue Möglichkeiten: „Wir könnten allein durch die Analyse ihrer Gehirnwellen herausfinden, dass zwei Menschen sich gerade unterhalten“, sagt Pérez. „Das könnte sehr nützlich sein, beispielsweise bei Menschen, die Probleme mit der Kommunikation haben.“ (Scientific Reports, 2017; doi: 10.1038/s41598-017-04464-4)

(Plataforma SINC, 25.07.2017 – NPO)

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