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Medizin

Schmerzmittel erhöhen das Infarktrisiko

Gefahr droht vor allem bei hohen Dosierungen und längerer Einnahme

Bei Kopfschmerzen greifen viele Menschen schnell zu Schmerzmitteln - ist das riskant? © freeimages

Teufelszeug oder ungefährlich? Über Ibuprofen und andere Schmerzmittel kursieren immer wieder Schauergeschichten von schweren Nebenwirkungen. Eine Meta-Analyse zeigt nun: Die Medikamente erhöhen tatsächlich das Risiko für Herzinfarkte – und zwar bereits bei vergleichsweise kurzer Einnahmedauer. Wirklich bedenklich wird dieser Effekt jedoch erst, wenn die Mittel hochdosiert oder über einen längeren Zeitraum geschluckt werden.

Bei Kopfschmerzen und ähnlichen Beschwerden greifen viele Menschen zu Schmerzmitteln wie Ibuprofen, Paracetamol oder Diclofenac. Die oft frei verkäuflichen Medikamente lassen viele Wehwehchen des Alltags schnell abklingen. Doch ihr Image ist angekratzt. Immer wieder tauchen Berichte auf, dass diese einfach erhältlichen Mittel auch gefährliche Nebenwirkungen mit sich bringen.

Tatsächlich kann die Einnahme von Schmerzmedikamenten unter Umständen zu Leber- und Nierenschäden oder Magenproblemen führen. Forscher vermuten zudem, dass dadurch auch das Risiko für einen akuten Herzinfarkt steigt. Gefährlich wird es meist allerdings erst dann, wenn Verbraucher die Mittel zu häufig einnehmen oder sich nicht an die empfohlene Dosiermenge halten.

Ibuprofen und Co im Check

Wie wichtig es ist, die Angaben im Beipackzettel zu beachten, zeigt nun erneut eine Meta-Analyse von Wissenschaftlern um Michèle Bally von der University of Montreal. Die Forscher haben untersucht, wie sich die Einnahme von Ibuprofen und Co auf das Risiko auswirkt, einen Herzinfarkt zu erleiden. Zu diesem Zweck werteten sie zahlreiche Studien zu dem Thema aus und betrachteten insgesamt 446.763 Probanden. Neben Ibuprofen interessierten sie dabei vor allem die Arzneistoffe Diclofenac, Naproxen, Celecoxib und Rofecoxib.

Die Auswertung zeigt: Selbst wer die Schmerzmittel normal dosiert und über einen Zeitraum von nur wenigen Tage einnimmt, hat bereits ein größeres Infarktrisiko als Menschen, die keine Medikamente einnehmen. „Alle untersuchten Arzneistoffe führen schon innerhalb der ersten Einnahmewoche zu einem erhöhten Risiko“, schreibt das Team.

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Vorsicht bei hoher Dosierung

Betrachteten die Wissenschaftler unterschiedliche Dosierungen und Einnahmedauern gemeinsam, stieg das Infarktrisiko insgesamt im Schnitt um 20 bis 50 Prozent. Diese Erhöhung ist auf den ersten Blick zwar kein Grund zur Panik: Denn sie bedeutet immer noch ein vergleichsweise geringes Risiko von durchschnittlich einem Prozent, innerhalb eines Jahres einen durch Schmerzmittel ausgelösten Herzinfarkt zu erleiden.

Im Detail zeigt sich allerdings: Bei längeren Einnahmen zwischen acht und 30 Tagen und höherer Dosis nimmt die Wahrscheinlichkeit für einen Infarkt drastisch zu: Besonders schädlich sei dabei die Einnahme hoher Dosen Ibuprofen (>1.200 Milligramm pro Tag), Naproxen (>750 Milligramm pro Tag) und Rofecoxib (>25 Milligramm pro Tag), berichten die Forscher.

„Genau abwägen“

Obwohl die Analyse nur Korrelationen aufzeigt und Bally und seine Kollegen den Einfluss anderer Faktoren auf das Herzinfarktrisiko nicht vollständig ausschließen können, fällt ihr Fazit eindeutig aus: Patienten und Ärzte sollten Risiken und Nutzen genau abwägen, bevor sie voreilig zum Schmerzmittel greifen. „Das gilt ganz besonders für höhere Dosierungen“, schließen sie. (The British Medical Journal, 2017; doi: 10.1136/bmj.j1909)

(BMJ, 10.05.2017 – DAL)

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