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Physik

Antimaterie: Kein Unterschied im Magnetverhalten

Magnetisches Moment des Antiprotons so genau gemessen wie nie zuvor

Antimaterie - die Teilchen dieser "Gegenwelt" sind noch immer kaum erforscht. © Podbregar

Kein Symmetriebruch: Materie und Antimaterie unterscheiden sich offenbar auch in ihrem magnetischen Verhalten nicht. Darauf deutet die bisher präziseste Messung des magnetischen Moments von Antiprotonen hin. Das bestätigt zwar das Standardmodell der Teilchenphysik, erklärt aber noch immer nicht, warum es heute mehr Materie als Antimaterie gibt – die Suche nach einem Symmetriebruch muss daher weitergehen.

Weltweit fahnden Forscher nach winzigen Unterschieden zwischen den Teilchen der Materie und Antimaterie. Denn ein solcher Symmetriebruch könnten erklären, warum es heute mehr Materie als Antimaterie im Universum gibt. Doch bisher ist noch niemand fündig geworden. So gleichen sich Protonen und Antiprotonen in ihrem Masse-Ladungs-Verhältnis, reagieren gleich auf die starke Kernkraft und auch der Anti-Wasserstoff ähnelt seinem „normalen“ Gegenpart in Ladung und Spektrum.

Drei Fallen für ein Antiproton

Jetzt haben Forscher der BASE-Kollaboration am Forschungszentrum CERN eine weitere Eigenschaft der Antimaterie unter die Lupe genommen: das magnetische Moment. Dieses beschreibt, wie stark ein von außen einwirkendes Magnetfeld sein muss, damit der Spin eines Teilchens „umklappt“. Hiroki Nagahama vom RIKEN Forschungszentrum und seine Kollegen haben diese Messung nun mit bisher unerreichter Genauigkeit an Antiprotonen durchgeführt.

Für das Experiment wurden die Antiprotonen zunächst in einer magnetischen Penning-Falle gespeichert. Von diesem „Vorrat“ speisten die Forscher dann einzelne Antiprotonen in eine weitere Falle, in der sie bis auf rund ein Grad über dem absoluten Nullpunkt heruntergekühlt wurden. In einer dritten Penning-Falle schließlich wurde ihr Verhalten in einem extrem starken Magnetfeld gemessen.

Auf 0,8 Millionstel genau

Das Ergebnis: Nach sechs solcher Messungen liegt das magnetische Moment der Antiprotonen bei 2,7928465(23) – die Zahl in Klammern gibt die Unsicherheit bei den letzten beiden Ziffern an. Damit wurde dieser Wert, der sogenannte g-Faktor, sechsmal genauer bestimmt als je zuvor, wie die Forscher erklären.

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BASE-Experiment am Antiprotonen-Entschleuniger am CERN in Genf © Maximilien Brice /CERN

Das Entscheidende aber: Das magnetische Moment des Antiprotons entspricht damit bis auf 0,8 Millionstel genau dem g-Faktor für das Proton. Für dieses Teilchen wurde in vorhergehenden Messungen ein magnetisches Moment von 2,792847350(9) ermittelt. „Das bedeutet, dass wir innerhalb der experimentellen Messunsicherheit keinen Unterschied zwischen Protonen und Antiprotonen ausmachen können“, sagt Stefan Ulmer, Sprecher der BASE-Kollaboration am CERN.

Standardmodell bestätigt

Proton und Antiproton erscheinen somit auch in Bezug auf ihr Magnetverhalten symmetrisch. „Auf diesem Niveau stimmt unsere Messung mit den Erwartungen des Standardmodells überein“, sagt Ulmer. Das ist zwar gut für das Standardmodell, aber schlecht für die Lösung der Frage, warum es im Universum ein Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie gibt.

„Die Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie ist so offenkundig, irgendetwas muss passiert sein, das im Rahmen der modernen Physik bisher nicht verstanden ist“, sagt Ulmer. „Unsere große Motivation ist es, Ansätze zu finden, die zur Lösung dieses spannenden Rätsels beitragen.“ Er und seine Kollegen wollen nun ihre Messfallen so weit verfeinern, dass sie das magnetische Moment von Antiprotonen noch um 200 bis 800 Mal genauer messen können – vielleicht versteckt sich dort ja doch noch ein winziger Unterschied. (Nature Communications, 2017; doi: 10.1038/ncomms14084)

(Max-Planck-Institut für Kernphysik / CERN / RIKEN, 19.01.2017 – NPO)

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