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Paläontologie

Homo naledi: Neue Menschenart entdeckt

Forscher finden 15 Skelette eines unbekannten Frühmenschen in einer Höhle in Südafrika

Seitenansicht des Schädels von Homo naledi © Witwatersrand University

Ein neuer Ast am Menschenstammbaum: In einer Höhle in Südafrika haben Forscher 15 Skelette einer neuen Menschenart entdeckt. Das genaue Alter der Fossilien ist zwar nicht bekannt, der Homo naledi getaufte Frühmensch könnte aber einer der frühesten Vertreter unserer Gattung sein. Der zierliche Frühmensch besaß erstaunlich moderne Füße, aber eher primitive Zähne und Schultern. Spannend auch: Die Lage der Skelette könnte auf ein absichtliches Begräbnis hindeuten.

Der Menschenstammbaum wird immer verwirrender. Erst vor kurzem haben Forscher in der Olduwai-Schlucht den fossilen Fingerknochen eines noch unbekannten Vormenschen entdeckt und einen Unterkiefer, der dem ältesten Vertreter der Gattung Homo gehören könnte.

Skelette von 15 Personen

Jetzt berichten Paläontologen um Lee Berger von der Universität Witwatersrand von einer noch unbekannten Menschenart. Bereits 2013 hatten die Forscher in der südafrikanischen Rising-Star-Höhle die Überreste von mindestens 15 Hominiden entdeckt. Die Skelette lagen in einer etwa 90 Meter vom Höhleneingang entfernten Kammer, die nur über eine schmale Rinne zugänglich war. Eine genaue Datierung der Knochen gibt es bisher nicht, sie könnten aber mehr als zwei Millionen Jahre alt sein, sagen die Forscher.

Die Skelette von Kleinkindern und Erwachsenen gehören alle zur gleichen Art und sind relativ gut erhalten. „Fast alle Knochen des Körpers liegen uns mehrfach vor, so dass dieser Mensch uns bereits jetzt besser bekannt ist als alle anderen fossilen Vertreter unserer Abstammungslinie“, sagt Berger. Es handelt sich um den bisher größten zusammengehörigen Fund fossiler menschlicher Überreste auf dem afrikanischen Kontinent.

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Anders als alle bekannten Menschenarten

Die Paläontologen tauften diesen unbekannten Frühmenschen Homo naledi und ordnen ihn damit an der Basis unserer Gattung ein. „Homo naledi ähnelt den frühesten Vertretern unserer Gattung, zeigt aber auch einige überraschend menschenähnliche Eigenschaften, die ihm seinen Platz innerhalb der Gattung Homo sichern“, sagt John Hawks von der University of Wisconsin in Madison. Der Frühmensch war nur 1,50 Meter groß und wog zu Lebzeiten nur rund 45 Kilogramm, wie die Forscher berichten. Das Gehirn des Homo naledi hatte nur die Größe einer Orange.

Die Zähne und der Schädel des Homo naledi ähneln denen des Homo habilis und anderer früher Vertreter der Gattung Homo. Seine Schultern sind jedoch primitiver und gleichen eher denen eines Menschenaffen. Ebenfalls abweichend sind die Hände: „Überraschenderweise sind die Finger von Homo naledi stärker gebogen als die der meisten anderen frühen Homininen. Das deutet darauf hin, dass er klettern konnte“, berichtet Tracy Kivell vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie.

Gleichzeitig spricht die Handform dafür, dass er bereits Werkzeuge benutzen konnte. Erstaunlich modern sind auch die Beine und Füße der Fossilien: Sie unterscheiden sich kaum von denen des modernen Menschen, wie die Forscher berichten. „Die Kombination der anatomischen Eigenschaften von Homo naledi unterscheidet ihn von allen bisher bekannten Menschenarten“, sagt Berger.

Die Hand des Homo naledi mit auffallend krummen Fingern. © John Hawks / Witwatersrand University

Absichtlich begraben?

Besonders spannend ist auch die Lage der Skelette. Denn ihr Fund in diesem nahezu unzugänglichen, kaum andere Fossilien enthaltenden Raum, könnte auf eine absichtliche Beseitigung der Toten hindeuten – eine Art Begräbnis. „Solch eine Situation ist im Fossilbericht des Menschen einmalig“, sagt John Hawks von der University of Wisconsin-Madison.

Die Knochen tragen keinerlei Spuren von Aasfressern und Raubtieren. Nichts deutet darauf hin, dass Tiere oder natürliche Prozesse, wie zum Beispiel fließendes Wasser, diese Individuen in die Kammer transportiert haben könnten. „Wir sind zahlreiche Szenarien durchgegangen: beispielsweise ein Massensterben, ein unbekanntes Raubtier, der Transport von einem anderen Ort in die Kammer mithilfe von Wasser oder der Unfalltod in einer Todesfalle“, sagt Berger. „Nachdem wir alle anderen Möglichkeiten ausgeschlossen hatten, blieb uns als plausibelste Variante nur die bewusste Beseitigung der Toten durch Homo naledi.“

Nach Ansicht der Forscher könnte die Höhle Rising Star sogar noch weitere Entdeckungen bereithalten. „Diese Kammer hat noch nicht all ihre Geheimnisse preisgegeben“, sagt Berger. „Es befinden sich dort unten möglicherweise noch hunderte, wenn nicht sogar tausende Überreste von Homo naledi“. (eLife, 2015; doi: 10.7554/eLife.09560)

(Max-Planck-Gesellschaft, 10.09.2015 – NPO)

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