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Klima

Meeresgischt als Wolkenmacher

Winzige Planktonpartikel werden in der Atmosphäre zu Keimen für Eiswolken

Die Meeresgischt schleudert Partikel in die Atmospäre, die die Eiswolken-Bildung fördern © Adam Ciesielski/ freeimages

Die Gischt der Ozeane hat es in sich: Forscher haben herausgefunden, dass die von der Gischt in die Luft geschleuderten Mikropartikel erheblich zur Bildung von Eiswolken beitragen – den Wolken, die wie eine wärmende Decke für unser Klima wirken. Immerhin rund zehn Megatonnen solcher wolkenbildenden Schwebstoffe setzen die Ozeane jedes Jahr frei. Die Gischt entpuppt sich damit als wichtiger Akteur im Klimageschehen, wie Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.

Wolken sind ein entscheidender Mitspieler im Klimasystem der Erde. Ob sie unseren Planeten jedoch anheizen oder abkühlen, hängt unter anderem von ihrer Dicke ab und ob sie aus Wassertröpfchen oder Eispartikeln bestehen. So gelten Eiswolken als Hauptregenmacher in unserem Breiten, gleichzeitig legen sie sich wie eine wärmende Decke um die Erde. Diese Wolken entstehen, wenn beispielsweise Staub oder andere Schwebteilchen hoch in die Atmosphäre aufsteigen und dort als Keime für die Bildung von Eiskristallen dienen.

Zehn Megatonnen Schwebteilchen pro Jahr

Theodore Wilson von der University of Leeds und seine Kollegen haben nun eine weitere Quelle für Eiskeime solcher Wolken ausfindig gemacht: die Ozeane. „Die Gischt des Meeres gilt schon länger als wichtige Quelle für atmosphärische Partikel“, erklären die Forscher. Denn das aufgewühlte Wasser wird in der Brandungszone und bei hohem Wellengang mit unzähligen winzigen Luftblasen gemischt. Diese nehmen organische Moleküle, aber auch Teile von Viren, Algen oder Bakterien aus dem umgebenden Meerwasser auf.

Wenn diese Gischtbläschen an der Wasseroberfläche zerplatzen, setzen sie ihre Fracht frei und diese steigt in die Atmosphäre auf. „Man schätzt, dass pro Jahr rund zehn Megatonnen organischer Aerosol-Partikel aus den Ozeanen der Erde freigesetzt werden“, berichten die Forscher. Unklar war aber bisher, ob diese vom Meer in die Atmosphäre aufsteigenden Partikel auch die Eisbildung in den hohen Wolken auslösen können.

Eiskristalle wachsen ausgehend von Kristallisationskeimen heran © Stony Brook University

Kieselalgen-Fragmente als aktiver Bestandteil

Um das herauszufinden, sammelten Wilson und seine Kollegen Gischtproben in verschiedensten Meeresgebieten der Welt und analysierten im Labor, wie viele und welche Partikel diese Luft-Wasser-Mischung enthielt. Neben Bakterien und Algen fanden sie dabei besonders viele Teilchen, die selbst durch ein Filter von 0,2 Mikrometern Maschenweite hindurchrutschten. Unter dem Elektronenmikroskop entpuppten sich diese als Bruchstücke von Kieselalgenschalen und organische Absonderungen dieser Algen.

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Im nächsten Schritt testeten die Forscher, ob diese Partikel die Eiskristall-Bildung fördern und damit als Eiskeime für die hohen Wolken in Frage kommen. Dafür leiteten sie die Gischtproben in Klimakammern mit feuchter Luft oder kühlten winzige Tröpfchen aus der Gischt gezielt auf bis zu minus 40 Grad herunter – den Temperaturen, wie sie auch in der oberen Atmosphäre herrschen können.

Effektive Eisbildner

Das Ergebnis: Die Tröpfchen aus der Gischt gefroren deutlich früher als Wassertropfen aus tieferen Meeresschichten oder reines Wasser. Und auch in der Klimakammer bildeten sich mehr Eiskristalle und damit künstliche Eiswolken. „Unsere Ergebnisse belegen klar, dass die Gischt mit eisbildenden Partikeln angereichert ist“, so die Forscher. Als besonders fördernd für die Eisbildung erwiesen sich dabei die winzigen Kieselalgen-Absonderungen.

Nach Ansicht der Wissenschaftler spricht dies dafür, dass die Meeresgischt und die von ihr in die Atmosphäre abgegebenen Schwebstoffe wichtige Mitspieler bei der Wolkenbildung sind. Gerade über ausgedehnten Meeresgebieten wie dem Südozean, dem Nordpazifik und dem Nordatlantik könnten sie die Entstehung und Dichte der wärmenden Eiswolken entscheidend beeinflussen. Indirekt üben damit die winzigen Kieselalgen des Meeres einen großen Einfluss auf das irdische Klima aus. (Nature, 2015; doi: 10.1038/nature14986)

(Stony Brook University, 10.09.2015 – NPO)

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