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Medizin

Masern: Neue Ausbrüche in Berlin und den USA

Impfmüdigkeit fördert Infektionen und verhindert die Ausrottung der Masern

Unterschätzter Krankheitserreger: Masern-Virus unter dem Elektronenmikroskop © CDC/ Cynthia S. Goldsmith, William Bellini

Freie Bahn dank Impfmüdigkeit: In Berlin grassiert derzeit der schlimmste Masern-Ausbruch seit 2001. Mehr als 400 Menschen sind erkrankt, über 100 Patienten mussten in Krankenhäusern behandelt werden. Auch in den USA gehen erneut die Masern um. Als einen der Hauptgründe für diese Ausbrüche sehen Experten – wieder einmal – den mangelnden Impfschutz.

Eigentlich sollten die Masern bis zum Jahr 2015 so gut wie ausgerottet sein – das jedenfalls war das Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO. Da es seit den 1970er Jahren eine gut funktionierende Schutzimpfung gegen die Krankheit gibt, standen die Chancen auch nicht schlecht. Doch die Impfung ist in vielen Ländern freiwillig – und inzwischen nutzen immer weniger Eltern diese Möglichkeit, ihre Kinder zu schützen.

Erst 2013 stellten Mediziner gravierende Impflücken in Deutschland fest. Nur 37 Prozent aller Kleinkinder werden demnach rechtzeitig und zweifach gegen die Masern geimpft. Besonders gering sind die Impfraten dabei in Großstädten wie Berlin, aber auch in ganz Bayern. Vor allem gut gebildete Mütter verweigern die Impfung, meist aus Angst vor Nebenwirkungen.

Masern sind keine Lappalie

Doch die oft fälschlich als harmlose Kinderkrankheit angesehene Virusinfektion kann schwerwiegende Folgen haben, es kann zu Komplikationen kommen, die geistige Behinderung und sogar den Tod verursachen. „Masern sind keine Banalität, sondern eine potenziell gefährliche Erkrankung“, betonte erst vor kurzem der Kinder-Infektiologe Philipp Henneke vom Universitätsklinikum Freiburg. Er kritisierte den verharmlosenden Umgang mit der Krankheit, durch den manche Eltern sogar absichtlich eine Infektion ihrer Kinder riskieren.

Masern-Impfung bei einem Kleinkind © CDC

Ein weiteres Problem: Verweigern viele in einer Bevölkerung die Impfung, dann sind auch diejenigen stärker gefährdet, die wegen ihre Gesundheitszustands oder zu jungen Alters nicht geimpft werden können – Impfmuffel schaden damit auch andern. Hinzu kommt, dass die Masern relativ ansteckend sind: Hat in einem Raum ein Masernkranker gehustet, dann finden sich in der Raumluft noch zwei Stunden später ansteckende Masernviren, wie Tom Frieden, Leiter der US-Centers for Disease Control (CDC) erklärte.

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Berlin: Schon mehr als 400 Fälle

Die Quittung für die Impfmüdigkeit sind seit Jahren steigende Fallzahlen und immer wieder Ausbrüche der Masern in Deutschland, aber auch in den USA. So grassiert in Berlin schon seit Oktober 2014 ein Masern-Ausbruch, bei dem seither mehr als 400 Menschen erkrankten. Wie das RKI mitteilt, handelt es sich damit um den schwersten Ausbruch seit 2001. Mehr als 100 Patienten erkrankten dabei so schwer, dass sie in Krankenhäusern behandelt werden mussten.

Eingeschleppt wurde das Virus wahrscheinlich durch Asylbewerber aus Bosnien und Herzegowina. Denn wie das Robert-Koch-Institut (RKI) mitteilt, gibt es in dieser Region seit Februar 2014 eine Masern-Epidemie und auch die ersten Berliner Fälle traten bei Menschen auf, die aus dieser Region gekommen sind. Inzwischen allerdings breiten sich die Masern auch unter der Berliner Bevölkerung aus.

Impflücke bei 30 bis 40-Jährigen

Zwei Drittel der aktuellen Neuerkrankungen sind Einheimische, wie die Behörden mitteilen. Am häufigsten betroffen sind dabei Erwachsene, die nach 1970 geboren sind. Und das ist kein Zufall: In der Altersgruppe der 30 bis 40-Jährigen haben nach Schätzungen der Experten weniger als die Hälfte einen kompletten Impfschutz gegen die Masern.

„Der Berliner Ausbruch ist ein herber Rückschlag. Insgesamt ist der Impfstatus in der Bevölkerung zu gering“, erklärte Anette Siedler, Leiterin des Fachbereichs Impfprävention am RKI. Die Berliner Gesundheitsbehörden rufen die Bevölkerung dazu auf, vor allem die Kinder noch schnell impfen zu lassen.

USA: Disneyland als Ansteckungsherd

In den USA sorgen mittlerweile die Disneyland-Masern für Besorgnis. Eine ungeimpfte Frau soll dort mehrere weitere Besucher angesteckt haben und dann das Virus bei ihrer Heimreise nach Seattle weiter verbreitet haben. Inzwischen sind allein im Januar 2015 mehr als 100 US-Amerikaner in 14 Bundessstaaten an Masern erkrankt – so viele wie sonst im ganzen Jahr.

Auch in den USA liegt der Grund für die rasche Ausbreitung des Virus vor allem in der Impfmüdigkeit vieler Eltern, wie Vertreter des CDC erklären. Zwar herrscht in den USA eigentlich eine Impfflicht gegen Masern, diese wird aber in einigen Gegenden umgangen oder Eltern könne ihre Kinder – beispielsweise aus religiösen Überzeugungen – davon befreien lassen.

(RKI / CDC, 09.02.2015 – NPO)

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