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GEOTECHNOLOGIEN

GEOTECHNOLOGIEN im Focus

Hochrisikovulkane: „Vorhersage nur in Ausnahmefällen“

Vulkan St.Augustine © NGDC

Die Hochrisikovulkane Indonesiens und des zirkumpazifischen Feuerrings werden derzeit neu auf ihr Ausbruchverhalten hin untersucht. In einem Interview berichtet der zuständige Projektkoordinator Dr. Christian Reichert von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe über den Stand der Forschung. Das BMBF-Projekt „Hochrisikovulkanismus am aktiven Kontinentrand des Sundabogens“ (SUNDAARC) wird von den GEOTECHNOLOGIEN gefördert.

g-o.de:

Warum wurden für das Projekt SUNDAARC gerade die indonesischen Vulkane Krakatau und Merapi ausgewählt?

Reichert:

Beide Vulkane haben ein unterschiedliches Ausbruchsverhalten und stellen ein besonderes Risiko für die großen Städte und Industriebereiche in ihrer Umgebung sowie für die von indonesischer Seite geplante Verkehrsverbindung zwischen Java und Sumatra dar. SUNDAARC soll die eigentlichen Vorgänge im Vulkaninnern untersuchen und verschiedene Typen miteinander vergleichen. Bisherige erfolgreiche Konzepte werden bei der Installation einer modernen Überwachungsstation mit kontinuierlicher Registrierung unterschiedlicher Kenngrößen berücksichtigt werden.

g-o.de:

Wie lassen sich vereinfacht die Anzeichen eines zukünftigen Ausbruchs beschreiben?

Reichert:

Wichtigste Anzeichen sind die Erhöhung der Vulkan-seismischen Aktivität, die Temperaturerhöhung insbesondere an Gasaustrittsstellen, an denen sich auch die Gaszusammensetzung und das Ausstoßvolumen ändern, sowie Veränderungen der Oberflächengeometrie beziehungsweise der Deformation des Vulkangebäudes. Es gibt Indikatoren dafür, dass sich auch die elektrische Leitfähigkeit im Untergrund verändert. Die Aussagekraft hängt in einigen Fällen von den unterschiedlichen inneren Prozessabläufen und auch äußeren Bedingungen (zum Beispiel Eindringen von Meerwasser, Zufuhr von Regenwasser, etc.) ab.

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g-o.de:

Wie genau lassen sich denn solch drohenden Ausbrüche inzwischen vorhersagen?

Reichert:

Das bisherige Verständnis für die Ursachen der beobachteten vulkanischen Signale reicht bisher „nur“ für eine Bestimmung der relativen vulkanischen Aktivität und damit zum Beispiel zur Festlegung von Alarmstufen. Eine Ausbruchsvorhersage war bei diesen hochaktiven Vulkanen deshalb nur in Ausnahmefällen erfolgreich. Neuere Konzepte beziehen eine höhere Zahl von Beobachtungsgrößen ein, womit die Aussagesicherheit verbessert wird. In technischer Hinsicht gibt es ebenfalls viele Neuerungen, die die Funktionsstabilität erhöhen. Diese Verbesserungen sind integraler Bestandteil von SUNDAARC.

g-o.de:

Gibt es bereits erste wichtige Ergebnisse!?

Reichert:

Das Projekt hat erst Anfang 2004 begonnen. Derzeit laufen noch die umfangreichen Vorbereitungen. Dabei wurden 120 seismische Beobachtungsstationen um den Merapi herum aufgestellt, sowie mit dem deutschen Forschungsschiff SONNE 14 seismische Ozeanbodensensoren vor der Küste Zentraljavas ausgebracht. Die Vorerkundung am Krakatau hat gerade stattgefunden, und etwa gegen Ende 2004 wird dort eine umfangreiche Dauerbeobachtungsstation von SUNDAARC in Betrieb gesetzt. Gleichzeitig werden in Abhängigkeit vom Aktivitätsverhalten Gesteinsproben für die mineralogischen und petrophysikalischen Untersuchungen gesammelt werden. Erst wenn genügend Daten vorliegen und ausgewertet sind, können Schlussfolgerungen gezogen werden.

g-o.de:

Was verbindet die untersuchten Vulkane des „Ring of Fire“ außer ihrer hohen Aktivität und was macht sie für die Forschung so interessant?

Reichert:

Die Verbindung besteht darin, dass sie durch die Kollision zwischen ozeanischen und kontinentalen Erdplatten verursacht werden. Bei diesem Prozess der Subduktion wird Gesteinsmaterial und vor allem Wasser unter die Kontinentränder gebracht, das in circa 100 km Tiefe zur Bildung von aufsteigendem Magma führt. Gleichzeitig führt die Reibung der Platten zu den teils verheerenden Erdbeben am Ring of Fire. Forschungsbedarf besteht wegen der unterschiedlichen Vulkanismustypen und assoziierten Prozesse, die von den inneren und äußeren Umständen, das heißt. von der geologischen Konstellation aber auch von klimatischen Einflüssen abhängen. Dieses Verständnis bildet die wichtigste Grundlage für eine effiziente Katastrophenvorsorge.

g-o.de:

Lassen sich die Forschungsergebnisse auch problemlos auf andere Vulkane dieser Erde übertragen?

Reichert:

Dies ist ein zentraler Punkt des beschriebenen Projekts. Es geht darum, die Unterschiede im Verhalten zwischen Krakatau und Merapi sowie einem weiteren javanischen Vulkan, dem Kelut, und ihre Beziehung zum regionalen Umfeld herauszuarbeiten. Diese Ergebnisse sollen herangezogen werden, um generalisierbare Eigenschaften zu ermitteln und Besonderheiten abzugrenzen.

(g-o.de, 26.07.2004 – AHE)

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