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Klima

Sanddünen torpedieren gängige Annahmen über Monsunfolgen

Der durch den Klimawandel stärkere Monsun könnte in Nordchina mehr Trockenheit statt mehr Regen bringen

Sanddünen im Otindag Dünenfeld in Nordchina © Joseph Mason/UW-Madison

Die Auswirkungen des Monsuns auf das regionale Klima in Asien könnten bisher falsch eingeschätzt worden sein. Denn die Auswertung von Klimadaten aus Dünensand ergab, dass vor 8.000 bis 11.000 Jahren, in einer Periode besonders starken Monsuns, der Norden Chinas nicht feuchter, wie erwartet, sondern sehr viel trockener war. Da der Klimawandel den Monsun erneut verstärken soll, hat das jetzt in „Geology“ veröffentlichte Ergebnis Folgen für die damit verknüpften Klimaprognosen der Monsungebiete.

Die windigen Dünen in Chinas Norden scheinen auf den ersten Blick ein unpassender Ort für Wissenschaftler, die den Monsun erforschen wollen, die Regenzeit, die regelmäßig Südostasien mit sintflutartigen Regenfällen überzieht. Doch die sandigen Hügel, die die Grenze zwischen der Wüste Gobi und den etwas feuchteren Gebieten im Süden markieren, sind eine reichhaltige Quelle der Information über vergangenes Klima dieser Region. Denn immer, wenn es etwas feuchter wurde, konnte sich Pflanzen auf den Hügeln ansiedeln, während trockener Perioden starben sie wieder ab und die Dünen begannen zu wandern. Diese verschiedenen Phasen sind noch heute in den schichtweisen Ablagerungen innerhalb der Dünen konserviert.

Dünensand als Klimaarchiv

Der Geograph Joseph Mason von der Universität von Wisconsin-Madison nutzte nun genau dieses Dünen-Klimaarchiv, um nachzuschauen, wie und wann der Monsun in dieser Region stark oder schwach war. Die Dünen liegen heute am Rand der Monsunregion Asiens und gängigen Theorien nach müsste es hier eine enge Korrelation zwischen Niederschlägen in den Dünenfeldern und der Stärke des Monsuns geben und gegeben haben. Doch Mason wollte es genauer wissen: „Wann ereigneten sich diese Perioden der Stabilität oder der Aktivität der Dünen und was verraten sie über Klimaveränderungen?“, fragt er.

Der Wissenschaftler analysierte die Dünenschichten mit Hilfe der optisch stimulierten Lumineszenz (OSL), einer Technik, mit der sich feststellen lässt, wann der untersuchte Sand zum letzten Mal der Sonne ausgesetzt und damit an der Oberfläche oder in Bewegung war. Tatsächlich bargen die sandigen Erhebungen eine Überraschung:

Wandernde und trockene Dünen trotz starkem Monsun

„Die Dünen waren fast vollständig aus dem Takt”, erklärt Mason. „Zu einer Zeit, als das Monsunsystem in Süd- und Mittelchina besonders stark sein sollte, finden wir viele aktive Dünen.“ Und aktive Dünen bedeutet wenig Niederschlag – ein deutlicher Widerspruch zur gängigen Lehrmeinung. Wie war das zu erklären?

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Mason und sein Kollege Zhengyu Liu, Professor für Atmosphären- und Ozeanforschung an der Universität von Wisconsin-Madison, setzten ein regionales Klimamodell ein, um die atmosphärische Zirkulation der Region in den letzen paar tausend Jahren zu analysieren, denn in ihr sehen sie einen Schlüssel für die seltsame Phasenverschiebung der Dünen. Es zeigte, dass Mittelchina auf dem Höhepunkt des Sommermonsuns normalerweise sowohl heftige Regenfälle als auch eine starke Auftriebsbewegung von Luftmassen erlebt.

Gegen-Effekt unerwartet stark für diese Region

Doch diese Aufwärtsbewegung kann in Gebieten nördlich und westlich des Monsunkerns von einem dagegen wirkenden Absinken kompensiert werden. Das verhindert dann den Niederschlag. Die Simulation zeigte, dass genau diese Konstellation vor 8.000 bis 11.500 Jahren besonders stark war. Gleichzeitig herrschten hohe Sommertemperaturen, die die Verdunstung förderten und damit auch das Austrocknen der Dünengebiete. Das Seltsame daran: Eigentlich ist dieser Effekt nur für Gebiete weiter entfernt vom Monsunzentrum typisch, wie beispielsweise die nördliche Mongolei oder die Regionen um den Aralsee und das Kaspische Meer.

„Es war bisher nicht bekannt, dass dieser Effekt auch in Nordchina greifen könnte“, erklärt Mason. Wichtig ist dies vor allem deshalb, weil es zeigt, dass Klimaveränderungen wie beispielsweise durch den Monsun, schon über kurze Distanzen große Variationsbreiten besitzen. Das wiederum könnte bedeuten, dass die bisherigen Vorhersagen über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Monsunmuster und ihre Folgen korrigiert werden müssen.

Klimafolgen-Vorhersagen falsch?

„Wenn der Monsun über Südchina im nächsten Jahrhundert stärker wird, wäre die logische Schlussfolgerung, dass die Dünen stabiler werden weil der Niederschlag auch hier zunimmt und die Vegetationsbedeckung fördert“, so Mason. „Das aber könnte falsch sein. Die Dünen könnten stattdessen aktiver werden und das Klima trockener, selbst wenn der Monsun sich verstärkt.“

Für die an die Dünengebiete grenzenden Regionen wäre dies alles andere als positiv. Denn wenn es trockener wird, kann mehr loser Staub und Sand vom Wind aufgewirbelt werden. Schon jetzt haben viele der größeren Städte Chinas, aber auch Koreas und Japans häufig Probleme mit Staubstürmen, die Atembeschwerden verursachen und teilweise sogar den Verkehr lahmlegen.

(University of Wisconsin-Madison, 07.10.2009 – NPO)

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