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Technik

Duftspender für die virtuelle Realität

Elektronisch gesteuerte Duftgenerator-Maske erlaubt olfaktorische Interaktion mit VR-Welten

Duft und VR
Tragbare Duftgeneratoren könnten die VR-Welt auch olfaktorisch erlebbar machen. © Xinge Yu

Ob der Duft einer Rose, der Geruch des Meeres oder der Gestank eines Müllhaufens: Dank einer neuen Technik könnten wir diese Geruchseindrücke bald auch in der virtuellen Welt erleben. Denn Forschende haben ein System entwickelt, das Düfte passend zum VR-Geschehen abgibt und dosiert. Dadurch könnten Computerspiele, VR-Besuche im Metaverse oder andere VR-Anwendungen künftig auch olfaktorisch erlebbar werden, wie das Team in „Nature Communications“ berichtet.

Bisher sind Anwendungen der virtuellen Realität primär audiovisuell: Mithilfe einer VR- Brille und Kopfhörern bewegen wir uns in computergenerierten dreidimensionalen Umgebungen, können dort fremde Gegenden erkunden, Menschen treffen oder Rollenspiele spielen. Mithilfe spezieller Controller und Kameras interagieren wir mit der VR-Welt, Handschuhe oder spezielle Anzüge können sogar ein haptisches Feedback vermitteln.

Duftgeneratoren
Prototypen der olfaktorischen Duftgeneratoren mit einem, zwei oder neun verschiedenen Düften. © Xinge Yu

Virtuelle Realität zum Riechen

Doch ein wichtiger Sinn blieb bislang außen vor: der Geruchssinn. „Das Riechen spielt in der menschlichen Wahrnehmung eine mindestens genauso wichtige Rolle wie das Sehen oder Hören“, sagen Yiming Liu von der City University of Hong Kong und seine Kollegen. „Der Geruch festigt die Bindung zwischen Mutter und Kind, hilft uns, bevorzugte Speisen auszuwählen oder warnt uns vor Gefahr.“

Deshalb haben die Wissenschaftler nun eine Methode entwickelt, um diese olfaktorische Erfahrungswelt auch in die virtuelle Realität zu integrieren. Ihr olfaktorischer Generator kann als Gesichtsmaske ergänzend zur VR-Brille getragen werden oder in einer kleineren Form direkt unter die Nase geklebt werden. Durch drahtlose Kopplung mit dem Rechner kann dieser Duftspender dann auf bestimmte Reize in der virtuellen Welt reagieren: Nähern wir uns einem blühenden Rosenbusch, riechen wir den Duft. Entfernen wir uns, lässt der Duft wieder nach.

Wie der Duftgenerator funktioniert

Basis dieses neuen VR-Duft-Spenders bilden Duftstoffreservoire im Millimeter-Maßstab. Sie bestehen aus einer dünnen Schicht Paraffinwachs, das mit den Duftstoffen vermischt ist. In dieses Reservoir ist ein elektronisch steuerbares Thermoelement eingearbeitet, das in Sekundenbruchteilen das auf 45 Grad vorgewärmte Paraffin in Zwei-Grad-Abstufungen bis auf maximal 60 Grad erhitzt. Diese Erwärmung setzt die Duftstoffe je nach Temperatur des Paraffins in kontrollierter Menge frei.

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Ebenso wichtig jedoch: Damit der Duft nicht dauerhaft in der Nase bleibt, kann das Duftreservoir auch ebenso schnell wieder abgekühlt und verfestigt werden. „Die olfaktorische Generatoren mit der aktiven Kühlung benötigen nur rund eine Sekunde um von 55 Grad wieder auf 45 Grad zu kommen und 1,5 Sekunden von 60 Grad auf 45 Grad“, berichtet das Team. In Tests mit der halbgeschlossenen Geruchsmaske dauerte es wegen der noch im Atemraum verbleibenden Duftstoffe rund eine bis eineinhalb Minuten, bis ein Duft komplett verflogen war.

„Diese Zeiten demonstrieren, dass die zuerst generierten Düfte nicht mit anschließend erzeugten Dufteindrücken interferieren“, erklären die Forschenden. Dies ermöglicht es, Düfte gezielt bestimmten Orten und Handlungen der VR-Welt zuzuordnen und auch verschiedene Gerüche störungsfrei aufeinander folgen zu lassen.

Trackingsystem synchronisiert Duft und VR-Aktionen

Ob und wie gut sich Dufteindrücke und VR-Geschehen synchronisieren lassen, untersuchten die Forschenden in mehreren Praxistests. In einem davon trugen die Testpersonen VR-Handschuhe, mit denen sie in der virtuellen Realität verschiedene Blumen oder Obststücke in die Hand nahmen und zur Nase führten. Der Duftspender war mit einem Trackingsystem gekoppelt, das die Bewegungen des Probanden verfolgte. Er enthielt Düfte von Lavendel, Rosmarin und Gardenien, aber auch von Wassermelone, Kokos oder Orange.

„Während sich die Blume der Nase des Probanden nähert, steigt die Temperatur im Duftspender linear an und setzt zunehmend mehr Duftstoff frei“, schildern Liu und seine Kollegen die Reaktion ihres olfaktorischen Generators. Der in diesen Tests verwendete Prototyp einer Duftspender-Gesichtsmaske vereint neun elektronisch steuerbare Duftspender in sich. Dies ermöglicht die getrennte, aber auch kombinierte Freisetzung der eingefüllten Düfte. Dadurch könnten sich hunderte verschiedener Gerüche erzeugen lassen, so das Team.

Zahlreiche Anwendungen denkbar

Nach Ansicht der Wissenschaftler eröffnen solche miniaturisierten olfaktorischen Generatoren neue Möglichkeiten, VR-Welten auch olfaktorisch erlebbar zu machen. Mögliche Anwendungen sehen sie bei 4D-Filmen, VR- und AR-Lernprogrammen wie sie beispielsweise in der Schule Verwendung finden, aber auch für therapeutische VR-Behandlungen beispielsweise zur Schmerztherapie oder gegen psychische Leiden.

Noch sind die VR-Duftspender allerdings relativ klobig, das Forschungsteam arbeitet daher bereits daran, seine olfaktorischen Generatoren noch weiter zu miniaturisieren und auch die Duftmaske zu optimieren. (Nature Communications, 2023; doi: 10.1038/s41467-023-37678-4)

Quelle: Nature Communications

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