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Psychologie

Generation Z ist anfälliger für Fake News

Empfänglichkeit für Fehlinformationen ist bei jungen und onlineaffinen Personen höher

Fake News
Fake oder Fakt? Diese Unterscheidung fällt offenbar gerade jüngeren Menschen schwer. © keport/ Getty images

Wahr oder falsch? Entgegen gängiger Erwartung fallen jüngere und Internet-affine Menschen sogar häufiger auf Fake News herein als ältere, wie eine Studie aus den USA nahelegt. Dabei ergab ein eigens entwickelter und zuvor mit 8.000 Testpersonen validierter Test, dass es der „Generation Z“ offenbar besonders schwerfällt, echte und gefälschte Schlagzeilen voneinander zu unterscheiden. Der Umgang mit sozialen Medien und Webinhalten scheint demnach nicht gegen Fake News zu wappnen – eher im Gegenteil.

Falschnachrichten können sich online wie Lauffeuer verbreiten: Studien zufolge haben Fake News in sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook oft eine größere Reichweite als echte Nachrichten und durch den Echokammer-Effekt wird ihr Einfluss in bestimmten Bevölkerungskreisen noch verstärkt. Künstliche Intelligenzen wie ChatGPT verschärfen das Problem weiter, da sie falsche Informationen in Sekundenschnelle sprachlich gewandt und überzeugend formulieren können. Für Nutzer wird es dadurch zunehmend schwieriger, echte von falschen Nachrichten zu unterscheiden.

Test für die Fake-News-Anfälligkeit

Ein Team um Rakoen Maertens von der University of Cambridge in Großbritannien hat nun einen Test entwickelt, der Aufschluss darüber geben soll, wie anfällig eine Person ist, auf Fake News hereinzufallen. „Um zu verstehen, wo und wie man am besten gegen Fehlinformationen vorgehen kann, brauchen wir eine einheitliche Methode zur Messung der Empfänglichkeit für Fake News“, sagt Maertens Kollege Sander van der Linden. „Das ist es, was unser Test liefert.“

Der Test besteht aus zwanzig Schlagzeilen, die die Nutzer als wahr oder falsch einstufen sollen. Die Hälfte der Schlagzeilen stammt von etablierten Nachrichtenorganisationen. Die andere Hälfte ließen die Forschenden auf Basis verbreiteter Fehlinformationen von der künstlichen Intelligenz GPT-2 erstellen, einer Vorläuferversion von ChatGPT. „Die KI generierte in Sekundenschnelle Tausende von gefälschten Schlagzeilen“, berichtet Maertens. „Für uns als Forscher, die sich der Bekämpfung von Fehlinformationen verschrieben haben, war das augenöffnend und alarmierend.“

Die für den Test ausgewählten echten und gefälschten Schlagzeilen beschäftigten sich mit Themen wie US-Politik, Klimawandel und Gesundheit.

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Jugend und Online-Zeit als Risikofaktor

In mehreren Experimenten mit insgesamt über 8.000 Teilnehmenden prüfte das Team zunächst, ob ihr Misinformation Susceptibility Test (MIST) tatsächlich zuverlässig verrät, wie sehr eine Person dazu neigt, falsche Nachrichten für wahr zu halten oder echten gegenüber misstrauisch zu sein. Nach dieser Validierung nutzte das Meinungsforschungsinstitut YouGov den Test bei weiteren 1.516 Erwachsenen aus den USA. Dabei wurden zugleich mögliche Einflussfaktoren wie Alter, politische Orientierung, Online-Affinität und bevorzugte Informationsquellen erhoben.

Das Ergebnis: Die Befragten lagen im Schnitt bei zwei Drittel der Schlagzeilen richtig und schätzten sie korrekt als wahr oder falsch ein. Allerdings waren jüngere Menschen zwischen 18 und 29 Jahren deutlich anfälliger für Fake News als ihre älteren Mittester, wie die Studie ergab. Nur elf Prozent der Generation Z klassifizierten zumindest 17 von 20 Schlagzeilen korrekt, 36 Prozent lagen bei mindestens der Hälfte der Schlagzeilen falsch.

Zusätzlich ergaben die Tests, dass auch die Nutzung von Online-Medien eine Rolle spielt: Die Wahrscheinlichkeit, echte von falschen Informationen unterscheiden zu können, ist demnach umso geringer, je mehr Zeit eine Person in ihrer Freizeit online verbringt.

Politische Orientierung beeinflusst Wahrheitseinschätzung

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: Fake News funktionieren offenbar dann am besten, wenn sie unsere eigenen politischen Ansichten bestätigen. „Es scheint, dass Demokraten und Republikaner eher dazu neigen, Schlagzeilen als echt zu bezeichnen, die eine positive Einstellung zur eigenen Partei oder negative Ansichten über die gegnerische Partei verstärken – unabhängig davon, ob die Schlagzeilen wirklich echt oder gefälscht sind“, berichtet YouGov.

Insgesamt zeigte sich, dass Republikaner bei der Unterscheidung von echten und gefälschten Schlagzeilen schlechter abschnitten als Demokraten oder Personen, die keine Präferenz für eine der Parteien angaben. Während von den Demokraten 33 Prozent mindestens 17 Schlagzeilen korrekt klassifizierten, waren es unter Republikanern nur 14 Prozent.

Herausforderung für die Demokratie

„Fehlinformationen sind eine der größten Herausforderungen für Demokratien im digitalen Zeitalter“, sagt van der Linden. „Wir sehen, wie Online-Falschmeldungen polarisierte Glaubenssysteme in großen Nationen schaffen, und wir sehen die Folgen, wie den versuchten Sturm auf das Kapitol 2021.“

Der validierte Test könnte den Forschenden zufolge dabei helfen, Falschinformationen besser zu verstehen und zu bekämpfen. „MIST wird uns ermöglichen, die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Bekämpfung von Fake News zu überprüfen“, sagt Maertens. „Wir wollen erforschen, warum manche Menschen widerstandsfähiger gegenüber Fehlinformationen sind und was wir von ihnen lernen können.“ (Behavior Research Methods, 2023, doi: 10.3758/s13428-023-02124-2)

Der Test ist online abrufbar unter https://yourmist.streamlit.app

Quelle: University of Cambridge

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