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Physik

Erster Test für „flüssige“ Fusion

Flüssiger Fusionsbrennstoff könnte Laserfusion näher an die Anwendung bringen

Laserfusion
In der OMEGA-Laseranlage in New York haben Physiker eine neue Art der Brennstoffkapsel für die Laserfusion getestet. © National Ignition Facility

Flüssig statt fest: Eine neue Art Brennstoffkapsel könnte die Laserfusion näher an eine Anwendung bringen. Denn bisher dauert die Herstellung eines einzigen Pellets aus gefrorenem Deuterium-Tritium-Gemisch mehrere Tage. Doch nun haben Physiker eine Methode entwickelt, bei der flüssiges Deuterium und Tritium in einer schaumartigen Kapsel als Fusionsbrennstoff dienen. Unter Laserbeschuss bildet sich in ihr erst eine kugelförmige Schale, bevor sie implodiert und die Kernfusion zündet. Erste Tests mit einem solchen Schaumstoffpellet waren nun erfolgreich.

In der Fusionsforschung konkurrieren verschiedene Ansätze miteinander: Magneteinschluss-Anlagen wie der Großreaktor ITER, Jet oder der Stellarator Wendelstein 7-X nutzen starke Magnetfelder, um größere Mengen Plasma einzuschließen und auf Millionen Grad aufzuheizen. Bei der Laserfusion, auch Trägheitseinschluss-Fusion genannt, bringen dagegen energiereiche Laser eine winzige Kapsel mit dem Fusionsbrennstoff zur Zündung. Im Dezember 2022 erreichte die US National Ignition Facility (NIF) mit dieser Methode erstmals eine Zündung der Kernfusion.

Laserfusions-Target
Bisher muss die Kapsel mit dem Fusionsbrennstoff in ein spezielles Kühlsystem eingeschlossen werden, damit die gefrorene Hohlkugel aus Deuterium und Tritium nicht schmilzt. © National Ignition Facility

Das Problem des Fusionsbrennstoffs

Doch damit die Laserfusion praktisch nutzbar wird und Strom erzeugen kann, müssten solche laserinduzierten Kernfusionen nahezu im Sekundentakt ablaufen. „Ein Kraftwerk auf Basis der Trägheitseinschlussfusion bräuchte fast eine Million Brennstoffkapseln pro Tag“, erklärt Igor Igumenshchev von der University of Rochester in New York. Bisher dauert jedoch allein die Herstellung einer einzigen Brennstoffkapsel für die Laserfusion mehrere Tage.

Der Grund: Die an der National Ignition Facility verwendete Brennstoffkapsel besteht aus mehren Schichten gefrorenen Deuteriums und Tritiums – beides sind schwere Isotope des Wasserstoffs. Damit dieser Fusionsbrennstoff symmetrisch implodiert und genügend Druck entsteht, um die Atomkerne zu verschmelzen, muss das gefrorene Deuterium/Tritium-Gemisch eine perfekte, glatte Hohlkugel bilden. Diese zu produzieren, ist entsprechend aufwendig. Zudem muss die Fusions-Kapsel die gesamte Zeit über in einer Art Mini-Tiefkühltruhe eingeschlossen bleiben.

Flüssig im Schaum statt gefroren

Eine simplere Alternative könnten nun Igumenshchev und sein Team gefunden haben. Ihr Konzept der sogenannten dynamischen Schale (dynamic-shell (DS)) sieht vor, flüssiges statt gefrorenes Deuterium und Tritium zu verwenden. Der Fusionsbrennstoff wird dafür in eine spezielle Schaumkapsel injiziert. „Das Deuterium-Tritium-Gemisch liegt anfänglich als homogene Flüssigkeit in einer sphärischen Schaumhülle vor“, erklären die Physiker.

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Diese Schaumkapsel wird nun mit einer ersten Salve von Laserpulsen beschossen. Dies führt zu einer Schockwelle und zur Kompression des Brennstoffs. Eine zweite Lasersalve bremst und begrenzt die sich ausbreitende Schockwelle. Weil der Fusionsbrennstoff im Zentrum der Kapsel aber weiter nach außen rast, entsteht so eine nahezu perfekte, glatte Hohlkugel – die Form, die für die Laserfusion und die symmetrische Implosion des Brennstoffs nötig ist.

Erster Machbarkeitstest erfolgreich

Ob diese Technik auch in der Praxis funktioniert, haben nun Igumenshchev und sein Team in einem ersten Machbarkeitstest untersucht – zunächst noch ohne Deuterium und Tritium. Dafür erstellten sie eine nur rund 600 Mikrometer kleine Kugel aus Kohlenwasserstoff- Nanofasern (CH Schaum) und platzierten diese im Zentrum der OMEGA-Laseranlage an der University of Rochester. Durch eine Serie von sorgfältig abgestimmten Laserpulsen gelang es den Physikern tatsächlich, eine sphärische Schale aus komprimiertem Material zu erzeugen.

„Damit haben wir zum ersten Mal die Machbarkeit der dynamischen Schalen-Technik bewiesen“, konstatieren die Forscher. „Durch die konvergenten Schocks der Laserpulse entsteht am Rand der Plasma-Kugel eine konzentrierte Schale.“ Analysen bestätigten, dass sich diese neuartige Form des Fusionsziels genauso verhielt wie erhofft. Der nächste Schritt wäre nun ein Test dieses Systems mit Deuterium und Tritium in der Schaumkapsel.

Neue Laser nötig

Ob sich mit dieser Art von flüssigem Fusionsbrennstoff eine Zündung der Laserfusion erzielen lässt, hängt allerdings davon ab, wie gut sich die für die Erzeugung der dynamischen Schale nötigen Laser in die bestehenden Laserfusionsanlagen integrieren lassen. Denn dafür sind Laser nötig, die längere Pulse erzeugen können als die bisher am NIF installierten. Solche Hochleistungslaser müssen daher erst noch entwickelt und konstruiert werden. (Physical Review Letters, 2023; doi: 10.1103/PhysRevLett.131.015102)

Quelle: American Physical Society APS

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