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Physik

350 Jahre altes Mechanik-Theorem klärt Lichtverhalten

Huygens' Pendel-Gleichungen zeigen Zusammenhang zwischen Polarisation und Verschränkung

Christaan Huygens
Der Physiker Christaan Huygens erfand die Pendeluhr und stellte ein für solche Pendel fundamentales Theorem auf. Dieses lässt sich überraschenderweise auch auf Licht anwenden. © Stevens Institute of Technology

Mechanik trifft Quanten: Vor 350 Jahren stellte der Physiker Christiaan Huygens ein Theorem auf, das die Bewegung von Pendeln erklärte. Jetzt haben Physiker dieses Theorem genutzt, um eine Eigenheit in der Quantennatur des Lichts aufzudecken. Demnach sind Polarisation und Verschränkung einer Lichtwelle über eine bestimmte Formel miteinander verknüpft – wenn das eine ansteigt, sinkt das andere. Diese Erkenntnis könnte die Messung und Erforschung optischer Phänomene deutlich erleichtern, wie das Team berichtet.

Der holländische Physiker Christiaan Huygens machte im 17. Jahrhundert gleich mehrere bahnbrechende Entdeckungen und Erfindungen. Er begründete die Wellentheorie des Lichts, entdeckte den Saturnmond Titan, erforschte das Verhalten von Pendeln und erfand die erste Pendeluhr. In seinem Werk zu Pendeluhren stellte er 1673 – vor 350 Jahren – ein Theorem auf, das beschreibt, wie die für die Rotation eines Objekts benötigte Energie von dessen Masse und Rotationsachse abhängt.

Hugens' Pendelwerk
Titelblatt von Huygens‘ Werk zu Pendeluhren aus dem Jahr 1673. © historisch

Licht als mechanisches System?

Genau dieses Theorem haben nun zwei Physiker des Stevens Institute of Technology in New Jersey auf das Licht angewendet. Auf den ersten Blick erscheint dies unmöglich, weil Licht keine Masse hat. Doch Xiao-Feng Qian und Misagh Izadi haben die Intensität des Lichts als Äquivalent für die fehlende Masse des Photons eingesetzt und die Gleichung entsprechend angepasst. „Im Prinzip haben wir einen Weg gefunden, ein optisches System als mechanisches zu betrachten und es dann mit den dafür etablierten physikalischen Gleichungen zu beschreiben“, erklärt Qian.

Es zeigte sich: Die 350 Jahre alte Huygens-Steiner-Gleichung eignet sich dazu, entscheidende Eigenschaften des Lichts näher zu beschreiben. „Das ist etwas, das zuvor noch nie gezeigt worden ist, aber das sehr deutlich wird, sobald man die Lichteigenschaften auf das mechanische System überträgt“, erklärt Qian. „Mithilfe der mechanischen Gleichungen wird das Abstrakte plötzlich konkret.“

Polarisation und Verschränkung sind komplementär

Das Überraschende jedoch: Die Anwendung von Huygens Formel enthüllte auch eine neue Verknüpfung zwischen der Polarisation (P) und der Verschränkung (K) des Lichts. „Bei Analyse der beiden Eigenschaften erhalten wir für ein generisches Lichtfeld ungeachtet der Dimensionalität die universelle komplementäre Beziehung P2 + K2 = 1″, schreiben die Physiker. „Dies spricht dafür, dass Polarisation und Verschränkung zwei intrinsisch gegensätzliche Kohärenzeigenschaften aller Lichtfelder sind.“

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Anders ausgedrückt: Wenn der Grad der Polarisation eines Lichtstrahls steigt, sinkt die Verschränkung der Lichtteilchen darin und umgekehrt. „Die Abwesenheit einer kohärenten Polarisation ist daher immer von einer Verschränkung begleitet und umgekehrt“, erklärt das Team. „Dieses komplementäre Verhalten ist zudem allgemein und unabhängig von spezifischen Maßnahmen.“

Neuartiger „Mechanik-Blick“ auf Quantensysteme

Nach Ansicht der Forscher eröffnet diese neuentdeckte Verbindung von Licht und Mechanik neue Möglichkeiten, das Verhalten und die Eigenschaften des Lichts zu untersuchen und zu messen. „Wir haben klar gezeigt, dass man optische Systeme durch die Anwendung mechanischer Konzepte auf eine ganz neue Weise verstehen kann“, sagt Qian. Dies könnte es deutlich einfacher machen, auch komplexe Quantensysteme zu erforschen.

Wie die Physiker erklären, könnten neben Polarisation und Verschränkung auch andere Merkmale von Licht oder anderen Welle-Teilchen-Systemen über solche mechanischen Analogien bestimmbar sein. „Wir erwarten, dass relevante optische Konzepte wie der Grad der Kohärenz, die Kreuzkorrelation, die Entropie etc. mit weiteren mechanischen Konzepten wie dem Bahndrehimpuls, der Rotationsenergie und anderen verknüpft werden können“, so Qian und Izadi.

Brücke zwischen Huygens Werken

Interessant auch: Die Verknüpfung von Licht mit Huygens‘ 350 Jahre altem Pendel-Theorem bildet gleichzeitig eine Brücke zwischen zwei auf den ersten Blick sehr verschiedenen Durchbrüchen des holländischen Physikers: Es verknüpft seine Wellentheorie des Lichts mit seiner Forschung zum Verhalten von Pendeln. „Obwohl Huygens zu beiden entscheidende Beiträge geleistet hat, wurden mögliche Verbindungen zwischen beiden wegen ihrer scheinbar offensichtlichen Trennung bisher fast nie untersucht“, erklären Qian und Izsadi.

Doch jetzt zeigt sich, dass die beiden Fachgebiete mehr miteinander zu tun haben könnten als es auf den ersten Blick scheint. „Wir haben hier einen Ansatz geliefert, der das Wechselspiel zwischen beiden Fachgebieten demonstriert“, so die Physiker. (Physical Review Research, 2023; doi: 10.1103/PhysRevResearch.5.033110)

Quelle: Stevens Institute of Technology

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