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Neurologie

Neuer Biosensor erleichtert Diagnose von Alzheimer und Parkinson

Tragbares Gerät erkennt Biomarker von neurodegenerativen Erkrankungen in Körperflüssigkeiten

Foto des Biosensors
Der Biosensor enthält einen Chip mit einem hochempfindlichen Transistor, der aus einer Graphenschicht und drei Elektroden besteht. © David Baillot/University of California San Diego

Schnelltest für neurodegenerative Erkrankungen: Ein neues Gerät kann Biomarker für Alzheimer und Parkinson in Körperflüssigkeiten erkennen. Der Biosensor ist tragbar und nicht-invasiv und damit einfacher anzuwenden als bisher gängige Techniken, liefert jedoch genauso exakte Ergebnisse, wie die Entwickler berichten. Künftig sollen dadurch frühzeitige Tests auf neurodegenerative Erkrankungen anhand von Blut-, Speichel- oder Urinproben möglich sein – zu Hause sowie in Kliniken und Pflegeheimen.

Immer mehr ältere Menschen erkranken an neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer. Was diese Krankheiten verursacht, ist jedoch erst in Teilen geklärt. Neben genetischen Faktoren stehen auch Umwelteinflüsse und Infektionen mit bestimmten Viren im Verdacht. Bisher sind diese Krankheiten zwar nicht heilbar, aber je früher sie erkannt werden, desto besser lassen sich die Symptome hinauszögern.

Biomarker zeigen neurodegenerative Erkrankungen an

Doch die Früherkennung von Alzheimer und Parkinson ist schwierig, weil typische Symptome wie Bewegungsstörungen und Vergesslichkeit oft erst viele Jahre nach dem eigentlichen Krankheitsbeginn auftreten. Diagnostische Verfahren wie Hirnscans und die Entnahme von Nervenwasser aus dem Rückenmarkskanal sind zudem oft aufwändig und invasiv. Deshalb arbeiten Wissenschaftler schon länger an Früherkennungsmethoden auf Basis von Biomarkern im Blut.

Möglich wird dies, weil bei beiden Erkrankungen fehlgefaltete Proteine eine entscheidende Rolle spielen. Bei der Alzheimer-Krankheit sind dies Tau-Fibrillen und Amyloid-Proteine, die sich im Gehirn anreichern und verklumpen. Diese Peptide sind auch in Körperflüssigkeiten wie dem Blut nachweisbar und eignen sich daher als Biomarker. Bei der Parkinson-Krankheit verklumpen Alpha-Synuclein-Proteine und führen zum Niedergang von Hirnzellen. Diese können ebenfalls als Biomarker für die Erkrankung fungieren.

DNA-Sonden für krankhafte Proteine

Eine Forschungsgruppe um Tyler Andrew Bodily von der University of California in San Diego hat nun einen neuartigen Test entwickelt, mit dem sich die Biomarker für Alzheimer und Parkinson auf schonende, nicht-invasive Weise nachweisen lassen. Neu ist zudem, dass dieser Sensor tragbar und leicht anzuwenden ist. Für den Biosensor veränderten Bodily und seine Kollegen ein Gerät, das sie ursprünglich während der Covid-19-Pandemie entwickelt hatten, um die Proteine des SARS-CoV-2-Virus zu erkennen.

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Das für Parkinson und Alzheimer weiterentwickelte Gerät enthält einen Chip mit speziellen Transistoren, die auf dem Kohlenstoffmaterial Graphen basieren. Diese empfindlichen Graphen-Feldeffekt-Transistoren bestehen aus einer einatomigen Graphenschicht und mehreren Elektroden. Mit einer der drei Elektroden sind kurze einzelne DNA-Stränge verbunden, sogenannte Aptamere, die als Sonde dienen und spezifisch an die Biomarker der Krankheiten binden – entweder die Amyloid-Beta-, die Tau- oder die Synuclein-Proteine.

Nahaufnahme des Biosensors
Nahaufnahme der Siliziummulde im Biosensor mit dem graphenbasierten Transistor.
© David Baillot/University of California San Diego

Die Bindung der krankheitsanzeigenden Proteine an die passende DNA-Sonde löst ein elektrisches Signal aus, das die Erkennung der spezifischen Biomarker anzeigt. Der Biosensor basiert damit auf einer elektrochemischen statt einer nur chemischen Erkennung, wie die Forschenden erklären. Die Ergebnisse können kabellos an einen Laptop oder ein Smartphone und damit direkt an Ärzte, Patienten sowie deren Betreuer und Familienangehörige übermittelt werden.

Biomarker schon in geringen Konzentrationen erkennbar

Um die Genauigkeit und Effektivität des Geräts zu testen, verwendete das Team synthetische Amyloidproteine sowie Amyloidproteine aus dem Gehirn von verstorbenen Alzheimer- und Parkinson-Patienten. Die Experimente ergaben, dass die Sensoren die spezifischen Biomarker für beide Erkrankungen ebenso gut erkennen wie bereits bestehende Testmethoden, berichten die Forschenden.

Zudem kann das Gerät noch sehr niedrige Konzentrationen an Biomarkern detektieren. Dadurch sind für den Test nur geringe Probenmengen erforderlich und können auch Biomarker in den Körpern von Patienten im Anfangsstadium erkannt werden, wie Bodily und seine Kollegen erläutern. Selbst wenn die analysierten Proben zusätzlich zu den Biomarkern noch andere, für den Test nicht relevante Proteine enthielten, funktioniere das Gerät zuverlässig, so das Team. Das verringert das Risiko für falsch positive Diagnosen.

Die Tau-Proteine der Alzheimer-Krankheit waren mit dem Biosensor allerdings schwieriger nachzuweisen als die anderen Biomarker, weil es eine andere elektrische Ladung besitzt. „Da das Gerät jedoch gleichzeitig drei verschiedene Biomarker untersucht, kann es die Ergebnisse aller drei kombinieren, um zu einem zuverlässigen Gesamtergebnis zu gelangen“, sagt Seniorautor Ratnesh Lal von der University of California in San Diego.

Zulassung des Diagnosegeräts schon bald möglich

Die University of California hat dem Biotechnologie-Startup Ampera Life bereits eine Lizenz zur Verwendung der neu entwickelten Erkennungstechnologie erteilt. In weiteren Tests in Krankenhäusern und Pflegeheimen wollen die Forschenden und die Firma nun herausfinden, wie zuverlässig der Biosensor die Biomarker für Alzheimer und Parkinson in Blutplasma, Speichel und Urin von Patienten erkennt.

Sofern diese Tests gut verlaufen, will Ampera Life nach eigenen Angaben zeitnah eine Zulassung für das Gerät bei der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA beantragen. Ziel sei es, das Gerät in einem Jahr auf den Markt zu bringen. Theoretisch kann der Biosensor auch weiter modifiziert werden, sodass er Biomarker für andere Erkrankungen erkennt, berichten die Forschenden. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2023; doi: 10.1073/pnas.2311565120)

Quelle: University of California – San Diego

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