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Medizin

Alzheimer: Bluttest zeigt Risiko 14 Jahre im Voraus

Fehlgefaltete Amyloid-Proteine im Blut verraten erhöhtes Erkrankungsrisiko

Bluttest
Ein Test auf fehlgefaltete Amyloid-Beta-Proteine im Blut kann schon 14 Jahre im Voraus auf ein erhöhtes Alzheimer-Risiko hinweisen. © undefined/ iStock.com

Frühe Warnung: Ein neuer Bluttest kann ein erhöhtes Alzheimer-Risiko bis zu 14 Jahre vor der Diagnose aufzeigen. Der Test weist fehlgefaltete Amyloid-Beta-Proteine im Blut der Betroffenen nach – die Proteine, die bei Alzheimer zerstörerische Plaques im Gehirn bilden. Eine Langzeitstudie bestätigt nun, dass dieser Bluttest Menschen mit einem deutlich erhöhten Erkrankungsrisiko besser identifizieren kann als andere Risikomarker.

Allein in Deutschland sind mehr als eine Million Menschen von Alzheimer betroffen, doch ein Heilmittel gegen diese fortschreitende Demenz gibt es bisher nicht. Medikamente können die Zerstörung von Hirnzellen bisher nur bremsen. Umso wichtiger ist es, die Krankheit schon in einem frühen Stadium zu erkennen, möglichst bevor die Symptome spürbar werden und die Hirnschädigung schon zu weit fortgeschritten ist.

Das Protein Amyloid-Beta spielt bei Alzheimer eine Schlüsselrolle. © NIH

Test auf fehlgefaltete Proteine im Blut

„Inzwischen liegen alle Hoffnungen darauf, mit neuen Therapieansätzen in dieser symptomlosen Frühphase der Erkrankung präventiv einzugreifen“ erklärt Studienleiter Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Tatsächlich sind inzwischen einige Früherkennungsverfahren im Test, darunter ein Bluttest, der Überreste toter Hirnzellen nachweist, eine Software, die Hirnscans auswertet oder eine App, die erste kognitive Defizite aufdecken soll.

Als besonders vielversprechend gilt zudem ein Bluttest, bei dem ein spezieller Infrarotsensor krankhaft veränderte Amyloid-Beta-Proteine nachweist – die Proteine, deren Fehlfaltung zur Bildung von zerstörerischen Plaques im Gehirn der Erkrankten führt. 2018 ergab eine erste Studie von Brenner und seinen Kollegen, dass sich diese Proteine schon acht Jahre vor einer klinischen Diagnose im Blut betroffener detektieren lassen.

Bluttest im Langzeitversuch

Jetzt haben die Forscher ihren Bluttest einem weiteren Test unterzogen. Sie wollten wissen, wie gut sich auf Basis der Blut-Amyloidwerte das Alzheimer-Risiko vorhersagen lässt und wie treffgenau diese Prognosen im Vergleich zu anderen Tests und Risikofaktoren sind. Dafür werteten sie Blutproben aus, die Teilnehmern einer Langzeitstudie ab dem Jahr 2000 entnommen worden waren.

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Sie verglichen die Anfangs-Blutwerte von 150 Teilnehmern, die im Laufe der nächsten 14 Jahre mit Alzheimer diagnostiziert worden waren mit der von 620 Probanden ohne bekannte Demenzdiagnose. „Bei dieser Arbeit ging es uns nicht darum, anhand der Amyloid-β-Faltung individuelle Diagnosen zu erstellen“, erklärt Brenner. „Vielmehr wollten wir prüfen, ob dieser Laborwert für eine Risikostratifizierung größerer Bevölkerungsgruppen geeignet ist.“

Risiko-Anzeige schon 14 Jahre vor Diagnose

Das Ergebnis: Die Teilnehmer, die schon im Bluttest vermehrt fehlgefaltete Amyloid-Proteine aufwiesen, gehörten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu den später mit Alzheimer diagnostizierten. Konkret hatten sie gegenüber der Kontrollgruppe bis zu 23-fach erhöhtes Erkrankungsrisiko, wie die Forscher berichten. Der Bluttest zeigte dieses Risiko schon 14 Jahre vor der Diagnose der Demenz an. „Hiermit hat sich die Untersuchung auf Fehlfaltung des Amyloid-β den anderen potenziellen Risikomarkern als weitaus überlegen erwiesen“, sagt Erstautorin Hannah Stocker vom DKFZ.

Die Forscher hoffen, dass dieser Bluttest künftig neue Möglichkeiten der Früherkennung bieten kann. „Mit dem neuen Nachweisverfahren können wir möglicherweise nicht-invasiv und kostengünstig Hochrisikogruppen, die noch keine Symptome zeigen, erkennen“, sagt Koautor Klaus Gerwert von der Ruhr-Universität Bochum. „Bei diesen Personen greifen unter Umständen die Medikamente doch noch, die bislang in klinischen Studien keine Wirkung gezeigt haben.“

Weitere Tests nötig

Doch bis dieser Bluttest auf dem Markt kommt und von Ärzten eingesetzt werden kann, wird es noch dauern, wie die Forscher betonen. Denn zunächst sind weitere Studien nötig – auch um falsch-positive Ergebnisse möglichst zu vermeiden. Als nächstes wollen Brenner und sein Team die Zuverlässigkeit des Bluttests bei einer größeren Gruppe von Probanden durch Abgleich mit etablierten Verfahren zur Frühdiagnose wie der Untersuchung des Nervenwassers oder spezielle Bildgebungsverfahren prüfen.

Zurzeit steht der Blut-Nachweis von fehlgefaltetem Amyloid-β daher noch nicht zur individuellen Risikoeinschätzung zur Verfügung. (Alzheimer & Dementia, 2019; doi: 10.1016/j.jalz.2019.08.189)

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum

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