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Astronomie

Wasser in sternnaher Planetenwiege nachgewiesen

Gesteinsplaneten könnten schon bei ihrer Bildung mehr Wasser erhalten als gedacht

PDS 70
Im inneren Bereich der protoplanetaren Scheibe des Jungsterns PDS 70 haben Astronomen Wasserdampf nachgewiesen. Das wirft ein neues Licht auch auf die Herkunft des irdischen Wassers. © MPI für Astronomie

Woher bekam die Erde einst ihr Wasser? Eine Antwort könnte nun der Nachweis von Wasser um einen nahen Jungstern liefern. Denn dies erhärtet die Annahme, dass zumindest ein Teil des irdischen Wassers schon aus der Planetenbildung stammt – und nicht nur aus späteren Einschlägen. Indiz dafür ist heißer Wasserdampf, den Astronomen im planetenbildenden Bereich des Systems PDS 70 entdeckt haben. Das Wasser findet sich genau in der Zone, in dem typischerweise Gesteinsplaneten entstehen, wie die Daten des James-Webb-Teleskops zeigen.

Unsere Erde ist ein wasserreicher Planet. Doch woher kommt all das H2O? Isotopenanalysen legen nahe, dass ein Teil davon durch Kometen- und Asteroideneinschläge auf die junge Erde gebracht wurde. Ein weiterer Teil könnte sogar älter sein als die Sonne und aus dem interstellaren Medium stammen. Der Rest müsste dann aus der protoplanetaren Gas- und Staubwolke kommen, aus der die Erde und ihre Nachbarplaneten entstanden.

Emissionspektrum JWST
Das mit dem MIRI-Spektrometer des James-Webb-Teleskop aufgenommene Emissionsspektrum von PDS 70 (weiß) zeigt genau die spektrale Signatur, die man bei Vorhandensein von Wasserdampf in dieser Scheibe erwarten würde (blau). © NASA/ESA/CSA, J. Olmsted (STScI)

Entdeckung am Jungstern PDS 70

Aber wie viel Wasser können die inneren Bereiche solcher protoplanetaren Scheiben liefern? Bisher gingen Astronomen davon aus, dass die sternnahen Bereich dieser Planetenkinderstuben eher trocken und wasserarm sind. Denn die harte, energiereiche Strahlung junger Sterne führt dort zu einem strahlungsinduzierten Wasserzerfall – H<sub>2</sub>O wird in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Der fehlende Nachweis von Wasserdampf in diesen Innenbereichen von protoplanetaren Scheiben schien dies bisher auch zu bestätigen.

Jetzt wirft eine Entdeckung mit dem James-Webb-Weltraumteleskop ein neues Licht auf die Wasserfrage. Denn ein Team um Giulia Perotti vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg hat erstmals Wasserdampf in der inneren Region der protoplanetaren Scheibe um jungen Stern PDS 70 nachgewiesen. Dieses rund 370 Lichtjahre entfernte System ist kein Unbekannter für die Astronomie: Dort wurde ein per Kollapsgeburt entstandener Baby-Gasriese entdeckt und ein möglicher Trojaner-Planeten im gleichen Orbit wie der innere Jungplanet.

Heißer Wasserdampf in Gesteinsplanetenzone

Aktuelle Beobachtungen mit dem Mid-Infrared Instrument (MIRI) des James-Webb-Teleskops belegen nun, dass es in der sternennahen Zone der Gas- und Staubscheibe um PDS 70 größere Mengen Wasserdampf gibt. Dieser Dampf ist auf mehr als 330 Grad aufgeheizt und scheint in einer Zone vorzukommen, die deutlich näher am Stern liegt als die Venusbahn in unserem Sonnensystem. Den Spektraldaten zufolge stammt das Wassersignal aus den Innersten 0,5 astronomischen Einheiten um den Jungstern – die Außengrenze läge zwischen Merkur und Venus.

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„Der erstmalige Nachweis von Wasser in dieser Zone einer planetenbildenden Scheibe ist äußerst spannend, da er damit auch erste Hinweise liefert, dass die Erde in ihrer Entstehungsphase trotz der Anwesenheit der riesigen Gasplaneten Jupiter und Saturn in unserem Sonnensystem wohl nicht vom Wassernachschub abgetrennt war“, erklärt Koautor Manuel Güdel von der Universität Wien. Denn der Theorie nach erzeugen die von große Jungplaneten erzeugten Lücken in der protoplanetaren Scheibe eine Barriere, durch die Wasserdampf nicht in die inneren Zonen nachströmen kann.

Gute Aussichten für wasserreiche Erdzwillinge

Der Nachweis von Wasser in der inneren Zone einer Planetenwiege bestätigt nun die Annahme, dass auch die Erde einen Teil ihres Wassers schon mit ihren Planetenbausteinen aufgenommen hat. Junge Gesteinsplaneten könnten demnach weniger wasserarm sein als lange angenommen. „Wir haben jetzt möglicherweise Beweise dafür gefunden, dass Wasser eines der frühesten Bestandteile von Gesteinsplaneten sein könnte und bereits bei ihrer Geburt vorhanden ist“, sagt Perotti.

Dies hat auch Bedeutung für die Suche nach lebensfreundlichen Exoplaneten im All. „Die JWST-Beobachtung von PDS 70 trägt substanziell zu unserem Verständnis habitabler Planeten bei, also Planeten, auf denen nach unserem Verständnis Leben auf der Oberfläche entstehen und gedeihen kann“, sagt Güdel. „Bisher gehen wir davon aus, dass Wasser eine unbedingte Voraussetzung für Leben ist. Dass Wasser schon in der Entstehungsphase erdähnlicher Planeten nahe beim Stern in großen Mengen zur Verfügung steht, eröffnet neue Wege zu habitablen Planeten.“

Woher kam der Wasserdampf?

Doch der unerwartete Fund wirft auch eine Frage auf: Wie ist der Wasserdampf in die sternennahe Region von PDS 70 gelangt? Eine Erklärung wäre, dass das Wasser ein Überbleibsel des eisreichen interstellaren Urnebels ist, der der Sternbildung und dem Scheibenstadium vorausging. Eine weitere Quelle könnte Gas sein, das von den äußeren Rändern der Scheibe von PDS 70 einströmt. Unter bestimmten Umständen können sich Sauerstoff- und Wasserstoffgas verbinden und Wasserdampf bilden.

„Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in einer Kombination aus all diesen Möglichkeiten“, sagt Perotti. „Dennoch ist es wahrscheinlich, dass einer dieser Mechanismen eine entscheidende Rolle beim Auffüllen des Wasserreservoirs der PDS 70-Scheibe spielt. In Zukunft wird es darum gehen, herauszufinden, welcher das ist.“ (Nature, 2023; doi: 10.1038/s41586-023-06317-9)

Quelle: Universität Wien, Max-Planck-Institut für Astronomie

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