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Astronomie

Nahe Wasserwelt mit Dampfhülle entdeckt

Astronomen detektieren erstmals Wasser-Signatur bei einem potenziell wasserreichen Exoplaneten

Wasserplanet
Der 97 Lichtjahre entfernte Planet GJ 9872d könnte eine Wasserwelt mit wasserreicher Atmosphäre sein. Er ist der bisher kleinste Exoplanet, bei dem Wasserdampf in der Atmosphäre spektral nachgewiesen wurde. © NASA/ESA, Leah Hustak (STScI), Ralf Crawford (STScI)

Dampfender Exoplanet: Astronomen haben erstmals Wasser in der Gashülle eines nahen Wasserwelt-Kandidaten nachgewiesen. Der Exoplanet GJ 9827d liegt 97 Lichtjahre entfernt und ist nur zweimal so groß wie die Erde. Er ist damit auch der kleinste Exoplanet, bei dem jemals die Spektralsignatur von Wasser detektiert wurde – ein wichtiger Durchbruch, wie die Forschenden erklären. Ihnen zufolge könnte GJ 9827d einer heißeren, größeren Version der Jupitermonde Europa und Ganymed ähneln.

Flüssiges Wasser gilt als wichtige Voraussetzung für die Entstehung von Leben – entsprechend intensiv suchen Astronomen auch bei Exoplaneten nach Anzeichen für das lebensspendende Nass. Doch dieses nachzuweisen, ist alles andere als leicht. Die meisten Entdeckungen potenzieller Wasserwelten basieren allein auf Daten zur Dichte dieser Exoplaneten, beispielsweise bei der nahen Supererde TOI-1452b oder den warmen Zwillingswelten Kepler-138c und d.

Naher Wasserwelt-Kandidat im Visier

Jetzt ist es Astronomen um Pierre-Alexis Roy von der Universität Montreal erstmals gelungen, Wasser in der Gashülle einer potenziellen Wasserwelt spektral nachzuweisen. „Unser Beobachtungsprogramm wurde mit dem Ziel entwickelt, nicht nur die Moleküle in der Atmosphäre des Planeten aufzuspüren, sondern auch gezielt nach Wasserdampf zu suchen“, erklärt Roy. Zwar hatten Astronomen beim Exoplaneten TOI-270d die spektrale Signatur von Wasser nachgewiesen, dieser entpuppte sich aber als Sub-Neptun mit viel Wasserstoff und nur wenig Wassermolekülen – demnach keine Wasserwelt.

Für ihre Studie nutzten die Forschenden das Weltraumteleskop Hubble, um das Lichtspektrum des 97 Lichtjahre entfernten Exoplaneten GJ 9872d zu untersuchen. Dieser erst 2017 entdeckte Planet ist rund doppelt so groß wie die Erde und rund 3,4 Erdmassen schwer. Damit könnte er eine gasreiche Supererde oder ein kleiner Sub-Neptun sein. Weil GJ 9872d von uns ausgesehen direkt vor seinem sonnenähnlichen Stern vorbeizieht, lassen sich die spektralen Signaturen seiner Gashülle im Sternenlicht nachweisen.

Wassersignatur
Die bei den Planetentransits detektierten Wassersignaturen passen am besten zu einer Wasserwelt. © Roy et al./ The Astrophysical Journal Letters, CC-by 4.0

Spektralsignatur von Wasserdampf

Tatsächlich wurden Roy und sein Team fündig: Im Spektrum des Exoplaneten zeigte sich eine auffällige Absorptionslinie bei 1,4 Mikrometern, die die Präsenz von Wasser anzeigt. „Diese Daten können allerdings sowohl durch eine wassereiche Atmosphäre erklärt werden als auch durch eine Wasserstoff-Helium-Gashülle mit wenigen Wassermolekülen“, erklären die Astronomen. Doch weitere Merkmale des Spektrums und ergänzende Modellierungen sprechen stark für ersteres.

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Ein Grund dafür: Der Exoplanet GJ 9872d ist schon rund sechs Milliarden Jahre alt und umkreist seinen Mutterstern relativ nahe. Die intensive Strahlung des Sterns müsste daher die primordiale Wasserstoff-Hülle eines solchen Planeten längst ins All hinaus gerissen haben, wie Roy und sein Team erklären. Hinzu kommt, dass die spektralen Merkmale nur dann zu einer Wasserstoff-Gashülle passen, wenn diese eine dichte Wolkendecke aufweisen würde – was ebenfalls wenig wahrscheinlich ist.

Kleinster Exoplanet mit Wassernachweis

Nach Ansicht der Astronomen spricht alles dafür, dass GJ 9872d tatsächlich eine wasserreiche Welt ist. „Damit ist dieser Planet der erste Wasserwelt-Kandidat, bei dem wir die Wassersignatur einer wasserreichen Gashülle nachgewiesen haben“, so das Team. Gleichzeitig sei GJ 9872d der kleinste Exoplanet, bei dem eindeutig molekulare Signaturen in der Atmosphäre detektiert wurden. „Wasser auf einem so kleinen Planeten ist eine bahnbrechende Entdeckung“, sagt Koautorin Laura Kreidberg Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg.

Doch wie muss man sich diese neuentdeckte Wasserwelt vorstellen? Die Astronomen vermuten, dass sich der Exoplanet ursprünglich weiter von seinem Stern entfernt bildete – jenseits der Schneegrenze, ab der wasser- und eisreiche Planeten entstehen. „Der Planet GJ 9827d könnte halb Wasser, halb Gestein sein“, erklärt Roys Kollege Björn Benneke. Damit würde GJ 9872d beispielsweise den Jupitermonden Europa und Ganymed in unserem Sonnensystem ähneln.

Heißere Version der Eismonde Europa und Ganymed

Nach seiner Bildung wanderte der Exoplanet weiter nach innen auf seine heutige, sternennahe Position. Dadurch heizte er sich bis auf Temperaturen von rund 400 Grad auf und ein großer Teil seines Eises und Wassers verdampfte. „GJ 9872d könnte damit eine größere, heißere und näher am Stern liegende Version der Eismonde in unserem Sonnensystem ein“, erklären die Astronomen. Der Exoplanet ist heute eine feucht-heiße Welt mit einer wasserdampfreichen Atmosphäre und – möglicherweise – noch einem Ozean unter einer schützenden Kruste.

Wie es auf dem Planeten GJ 9872d tatsächlich aussieht, könnten weitere Analysen mithilfe des James-Webb-Weltraumteleskops zeigen, die die Astronomen kürzlich durchgeführt haben. Mit seinen hochauflösenden Infrarot-Spektrometern kann dieses Teleskop noch detailliertere Spektralsignaturen von Wasser und anderen Molekülen liefern. „Wir können es kaum erwarten zu sehen, was diese Daten ergeben“, sagt Kreidberg. (The Astrophysical Journal Letters, 2024; doi: 10.3847/2041-8213/acebf0)

Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie

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