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Astronomie

Wasserwelten häufiger als Gesteinsplaneten?

Knapp neptungroße Exoplaneten könnten tausende Kilometer tiefe Ozeane besitzen

Wasserwelten
Viele Exoplaneten vom zwei- bis vierfachen Erdradius könnten Wasserwelten mit planetenumspannenden Ozeanen sein. © NASA

Globaler Ozean: In unserer Galaxie könnte es mehr Wasserplaneten als erdähnliche Gesteinsplaneten geben – und die Ozeane dieser Exoplaneten wären weit tiefer als die unsrigen. Neuen Modellen zufolge könnten fast alle Exoplaneten des zwei- bis vierfachen Erdradius aus 25 bis 50 Prozent Wasser bestehen. Zum Vergleich: Der „blaue“ Planet Erde hat gerade einmal einen Wasseranteil von 0,025 Prozent.

Wasser gilt als wichtige Grundlage des Lebens. Im Sonnensystem kommt flüssiges Wasser jedoch nur auf der Erde und in Form subglazialer Ozeane auf einigen Monden vor – darunter dem Jupitermond Europa und dem Saturnmond Enceladus. Doch wie sieht es auf extrasolaren Planeten aus? Bei den meisten Exoplaneten können Astronomen darüber nur spekulieren. Es gibt aber einige neptungroße Welten, die wahrscheinlich sogar komplett von einem Ozean bedeckt sind, darunter der Wasserdampf-Planet GJ1214b und ein Planet um den Roten Zwerg Gliese 436.

Rätsel um die Sub-Neptune

Aber wie häufig sind solche Wasserwelten im All? Geht man von unserem eigenen Sonnensystem aus, müssten sie eher eine Ausnahme sein. Denn hier gibt es nur Gesteinsplaneten, Gasriesen wie Jupiter und Saturn und Eisriesen wie Neptun und Uranus. Bei anderen sonnenähnlichen Sternen jedoch stoßen Astronomen immer wieder auf eine Planetensorte, die bei uns fehlt: Welten mit dem zwei- bis vierfachen Radius der Erde – sie sind damit größer als Supererden und kleiner als der Neptun.

Das Auffallende an diesen Exoplaneten: Ihre Dichte ist meist deutlich geringer als die von Gesteinsplaneten, aber höher als die reiner Gasriesen. Bisher waren sich die Astronomen daher nicht sicher, worum es sich bei diesen Sub-Neptunen handelt: Sind es Gasplaneten mit einem besonders großen festen Kern? Oder könnten ihnen Wasser und Eis diese geringe Dichte verleihen?

Erst vereist, dann gewandert

Dass Problem jedoch ist die Position dieser Rätselplaneten: Sie kreisen oft relativ nah an ihren Sternen und damit eigentlich innerhalb der sogenannten Schneegrenze. Sie markiert die Zone, ab der die Temperaturen Wassereis und Schnee zulassen. Gängiger Theorie nach kann sich nur jenseits dieser Grenze ein Planet mit größeren Eisanteilen und damit auch Wasser bilden. Die meisten Sub-Neptune erfüllen diese Bedingung nicht – so dachte man bisher.

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Doch das täuscht, wie nun Zi Zeng von der Harvard University und sein Team herausgefunden haben. Denn ihren Berechnungen nach ist es sogar sehr wahrscheinlich, dass die meisten dieser Sub-Neptune gar nicht dort gebildet wurden, wo sie heute kreisen. Stattdessen wurden sie viel weiter vom Stern entfernt gebildet und sind erst dann allmählich weiter nach innen gewandert – ähnlich wie Jupiter und Neptun in unserem Sonnensystem.

Mehr Wasserwelten als Gesteinsplaneten?

Aber wie viele solcher Wasserwelten könnte es geben? Das ermittelten die Astronomen in einem Modell mithilfe von Parametern wie Masse, Radius, Temperaturen und Bestandteilen von verschiedenen Exoplanetenklassen. Das Ergebnis: „Planeten mit dem zwei- bis vierfachen Radius der Erde und etwa der zehnfachen Masse sind wahrscheinlich Wasserwelten“, so Zeng. Sie bildeten sich in der eisigen Zone ihrer Systeme und wanderten dann nach innen, wo ein Großteil des Wassereises zu flüssigem Wasser schmolz.

Konkret errechneten die Forscher: „Rund 35 Prozent aller bekannten Exoplaneten, die größer sind als die Erde, könnten wasserreich sein“, berichtet Zeng. „Das war wirklich eine große Überraschung, dass es dort draußen so viele Wasserwelten geben könnte.“ Das könnte bedeuten, dass diese von globalen Ozeanen bedeckten Welten in der Milchstraße sogar häufiger vorkommen als erdähnliche Gesteinsplaneten. „Vielleicht hat sogar jeder sonnenähnliche Stern einen oder mehrere solcher Wasserplaneten“, so der Forscher.

Exotisches Wassereis in der Tiefe

Und noch etwas ergaben die Berechnungen: Die Ozeane auf solchen Wasserwelten wären gigantisch – und um Größenordnungen tiefer als die irdischen Meere. Denn das Wasser würde zwischen 25 und 50 Prozent der Masse dieser Planeten ausmachen. Zum Vergleich: Bei unserem blauen Planeten bedecken die Meere zwar drei Viertel der Erdoberfläche. Ihre Masse macht aber nur 0,025 Prozent der Erdmasse aus.

Der Ozean eines solchen Wasserplaneten würde demnach hundert bis tausende Kilometer tief sein – er könnte fast bis zum Planetenkern reichen. Das aber hätte Folgen: Zwar wäre die Wasseroberfläche flüssig, aber in großer Tiefe wäre der Druck so stark, dass das Wasser in exotische Eisformen übergehen werden würde. „Diese Eisformen sind fast wie das Silikatgestein im tiefen Erdmantel – heiß und hart“, erklärt Zeng. Im Labor haben Forscher bereits einige solcher Hochdruck-Eise erzeugt.

Neue Teleskope könnten Modelle bestätigen

Ob die Astronomen mit ihren Annahmen Recht haben, könnten schon bald neue Teleskope wie TESS oder das 2021 startende James-Webb-Weltraumteleskop der NASA klären helfen. Denn ihre hochauflösenden Spektroskope können die Zusammensetzung von Exoplaneten-Atmosphären aufzeigen – und damit auch von einigen dieser potenziellen Wasserwelten.

„Es ist eine faszinierende Vorstellung, dass all diese rätselhaften, mittelgroßen Exoplaneten Wasserwelten mit gigantischen Mengen von Wasser sein könnten“, sagt Sara Seager vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). „Wir hoffen, dass künftige Beobachtungen die neuen Ergebnisse bestätigen oder aber widerlegen können.“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2019; doi: 10.1073/pnas.1812905116)

Quelle: Goldschmidt Conference, PNAS

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