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Astronomie

Mysteriöse Barriere im Milchstraßen-Zentrum

"Kraftfeld" rund ums galaktische Zentrum hält kosmische Strahlung von außerhalb fern

Galaktisches Zentrum
Rund um das Zentrum unserer Milchstraße gibt es offenbar eine unsichtbare Barriere, die kosmische Strahlung von außen abhält. © Chandra X-ray Observatory

Blockierte Strahlung: Im Zentrum der Milchstraße haben Astronomen eine unsichtbare Barriere entdeckt. Sie hindert die im Rest der Galaxie verteilte kosmische Strahlung am Zutritt, so dass dieses galaktische Meer der Strahlung dort ausgedünnt ist. Umgekehrt lässt diese Barriere aber die vom zentralen Schwarzen Loch erzeugte Strahlung nach außen passieren, wie Messungen mit dem Gammastrahlenteleskop Fermi LAT enthüllen. Wie die Barriere entstanden ist und woraus sie besteht, ist bislang offen.

Sie sind überall: Unsere gesamte Galaxie ist von energiereicher kosmischer Strahlung und Teilchen erfüllt. Dieses galaktische Meer aus Gammastrahlen ist relativ gleichmäßig über unsere Milchstraße verteilt und wird aus unzähligen verschiedenen Quellen gespeist. Innerhalb der Galaxie setzen Sternexplosionen, Pulsare und auch das zentrale Schwarze Loch Sagittarius A* die energiereiche Strahlung aus. Aber auch extragalaktische Quellen wie ferne Galaxienkerne oder Neutronensternkollisionen tragen dazu bei.

Gammastrahlung des „galaktischen Meeres“ kartiert

Doch es gibt offenbar eine Region der Milchstraße, in die dieses galaktische Strahlungsmeer nicht ohne weiteres vordringen kann. Entdeckt haben dies Xiaoyuan Huang von der chinesischen Akademie der Wissenschaften in Nanjing, als sie Daten des Gammastrahlen-Teleskops Fermi-LAT auswerteten. Aus den Ergebnissen erstellten sie eine Art Karte der kosmischen Strahlung in unserer Galaxie.

Diese Kartierung bestätigte zunächst, dass die kosmische Strahlung in weiten Teilen der Milchstraße relativ gleichmäßig verteilt ist. „Die kosmische Strahlungsdichte ist nahezu konstant, wie vom Szenario des galaktischen Strahlungsozeans vorhergesagt“, berichten die Astronomen. Aus der Umgebung des zentralen Schwarzen Lochs kommt zudem ein Strom etwas härterer Strahlung, die von den energiereichen Prozessen im Umfeld des supermassereichen Schwarzen Lochs erzeugt wird – soweit, so erwartet.

Zustrom versperrt

Merkwürdig jedoch: Den Erwartungen zufolge müsste es im galaktischen Zentrum zu einer Überlagerung des galaktischen Meeres und der frischen Gammastrahlung vom Schwarzen Loch kommen – und damit einer erhöhten Strahlungsdichte. Stattdessen aber nahm der diffuse Anteil der kosmischen Strahlung im zentralen Bereich der Milchstraße deutlich ab. „Die Fermi-LAT-Beobachtungen deuten darauf hin, dass der Anteil des kosmischen Strahlungsmeeres dort unterdrückt ist“, berichtet das Team.

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Mit anderen Worten: Rund um das galaktische Zentrum liegt eine Art Barriere, die einen Großteil der diffusen kosmischen Strahlung aus dem Rest der Galaxie am Eindringen hindert. Umgekehrt jedoch kann die harte Strahlung von Sagittarius A* offenbar ungehindert hinausdringen. „Diese räumliche Verteilung widerspricht den Erwartungen“, schreiben Huang und seine Kollegen. Diese unsichtbare Barriere scheint das galaktische Zentrum in einem Abstand von rund 620 Lichtjahren zu umgeben.

Ursache noch unklar

Was diese Blockade verursacht und warum sie nur einseitig zu wirken scheint, ist bisher unklar. Die Astronomen vermuten aber, dass magnetische Felder dabei eine Rolle spielen. Ähnlich wie die solare Magnetosphäre das Sonnensystem vor großen Teilen der kosmischen Strahlung abschirmt, könnten auch Magnetfelder im Umfeld des zentralen Schwarzen Lochs oder ihre Wechselwirkung mit der galaktischen Umgebung als Barriere wirken.

Denkbar wäre aber auch, dass der Strahlungsdruck der besonders dichtstehenden Sterne im galaktischen Zentrum die von außen kommende kosmische Strahlung zurückdrängt. Wie die Barriere im Milchstraßenzentrum tatsächlich zustande kommt, müssen nun weitere Studien klären. (Nature Communications, 2021; doi: 10.1038/s41467-021-26436-z)

Quelle: Nature Communications

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