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Astronomie

Kollision der Giganten war exzentrisch

Erster potenzieller Nachweis von exzentrischen Orbits bei verschmelzenden Schwarzen Löchern

KOllision
Astronomen könnte die erste Kollision Schwarzer Löcher mit exzentrischen Orbits beobachtet haben. © Mark Myers/ ARC Centre of Excellence for Gravitational Wave Discovery (OzGrav)

Exzentrische Riesen: Die bisher massereichste Kollision zweier Schwarzer Löcher könnte gleichzeitig die erste bekannte exzentrische Kollision solcher Schwerkraftgiganten gewesen sein. Das legen Übereinstimmungen zwischen den Gravitationswellendate und Modellsimulationen nahe. Sollte sich dies bestätigen, könnte dies erklären, warum die Schwarzen Löcher massereicher waren als es die gängige Theorie erlaubt. Denn dann könnten sie zuvor Masse von außerhalb bekommen haben.

Im Mai 2019 fingen die Gravitationswellen-Detektoren der LIGO- und Virgo-Observatorien das Signal eines äußerst ungewöhnlichen Ereignisses auf. Denn bei GW190521 waren offenbar zwei Schwarze Löcher verschmolzen, die mit 85 und 66 Sonnenmassen schwerer waren als sie sein dürften. Denn nach gängiger Theorie kann es keine Schwarzen Löcher im Bereich von 65 bis 120 Sonnenmassen geben. Der Grund: Supernovae hinterlassen keine so schweren Relikte und beim direkten Kollaps eines Sterns zum Schwarzen Loch bleiben mindestens 120 Sonnenmassen übrig.

GW190521
Die große Masse der Kollision GW190521 gibt Rätsel auf, könnte aber auf vorhergehende Verschmelzungen zurückgehen. © LIGO/Caltech/ MIT/R. Hurt (IPAC)

Wie aber ist GW190521 dann zu erklären? Bisher können Astrophysiker darüber nur spekulieren. Einige vermuten dahinter den Effekt der kosmischen Expansion, andere halten es für wahrscheinlich, dass solche „übergewichtigen“ Schwarzen Löcher aus mehreren, aufeinanderfolgenden Verschmelzungen heranwachsen. Günstige Bedingungen dafür können in dichten Sternhaufen oder im Zentrum von Galaxien herrschen.

War die Kollision exzentrisch?

Ein mögliches Indiz für eine solche hierarchische Verschmelzung bei GW190521 könnten nun V. Gayathri von der University of Florida in Gainesville und ihre Kollegen gefunden haben. Sie haben gezielt nach Hinweisen darauf gesucht, dass die beiden Schwarzen Löcher sich vor ihrer Kollision auf exzentrischen Umlaufbahnen umkreist haben. Denn dies gilt als ein Anzeichen dafür, dass ein Doppelsystem Störeinflüssen von außen ausgesetzt war, wie sie beispielsweise in dichten Sternenhaufen auftreten.

Das Problem jedoch: Anhand der Gravitationswellen ist es extrem schwierig, eine Exzentrizität der Orbits nachzuweisen. Denn in den meist weniger als eine Sekunde dauernden Signalen wurde bisher kein eindeutiges Wellenmerkmal gefunden, dass eine solche Exzentrizität verraten würde. Mit gängigen Analysemethoden ist es daher nicht möglich, die Form der Umlaufbahnen beider Schwarzer Löcher zu bestimmen.

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Übereinstimmung gefunden

Gayathri und ihr Team gingen deshalb einen anderen Weg: Sie haben 611 exzentrische und 920 nicht-exzentrische Verschmelzungen von Schwarzen Löchern unterschiedlicher Massen im Modell simuliert. Dabei rekonstruierten sie auch die dabei freiwerdenden Gravitationswellen und suchten nach Übereinstimmungen mit GW190521.

Das Ergebnis: Die größte Übereinstimmung von Modell und Beobachtung erzielte ein Szenario, bei dem zwei Schwarze Löcher einander auf deutlich exzentrischen Umlaufbahnen umkreisen. Den Daten zufolge könnte die Exzentrizität bei rund 0,69 liegen. Zum Vergleich: Die Erdbahn hat auf der von Null bis Eins reichenden Skala einen Wert von 0,017, der extrem exzentrische Orbit eines kürzlich entdeckten Exoplaneten liegt bei 0,96.

Potenzieller Hinweis auf hierarchische Verschmelzungen

Sollte sich dies bestätigen, dann könnte GW190521 der erste Nachweis einer Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher mit exzentrischen Orbits sein. Zudem schließen Gayathri und ihre Team aus ihren Simulationen, dass zwischen acht und 13 Prozent der mit LIGO und Virgo detektierten Gravitationswellen-Ereignisse von solchen exzentrischen Kollisionen stammen könnten.

„Das repräsentiert einen großen Fortschritt in unserem Verständnis darüber, wie Schwarze Löcher verschmelzen“, sagt Koautorin Manuela Campanelli vom Rochester Institute of Technology in New York. Gleichzeitig könnte dies ein Indiz dafür liefern, dass die ungewöhnlich massereichen Schwarzen Löcher von GW190521 tatsächlich auf eine hierarchische Verschmelzung zurückgehen. Denn dieses Szenario könne sowohl zu einer hohen Exzentrizität als auch zu großer Masse führen, so das Team. (Nature Astronomy, 2022; doi: 10.1038/s41550-021-01568-w)

Quelle: Rochester Institute of Technology

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