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Sonnensystem

Jetstream auf dem Jupiter entdeckt

James-Webb-Teleskop enthüllt Highspeed-Windband oberhalb der planetaren Wolkendecke

Jupiter im Nahinfrarot
Nahinfrarot-Aufnahme des Jupiter vom James-Webb-Teleskop. In dem hellen Band am Äquator verbirgt sich der erst jetzt entdeckte äquatoriale Jetstream des Planeten. © NASA/ESA/CSA / STScI, Ricardo Hueso (UPV), Imke de Pater (UC Berkeley), Thierry Fouchet (Observatory of Paris), Leigh Fletcher (University of Leicester), Michael H. Wong (UC Berkeley), Joseph DePasquale (STScI)

Überraschende Entdeckung: Astronomen haben auf dem Jupiter einen zuvor unerkannten Jetstream entdeckt – ein 5.000 Kilometer breites Highspeed-Windband, das sich oberhalb der Wolkendecke um den Planeten zieht. Weil dort Dunst die Sicht verdeckt und keine wandernden Wolken sichtbar waren, blieb dieser mit 500 Kilometer pro Stunde um den Jupiter rasende Jetstream Jahrhunderte lang unentdeckt. Erst die hochauflösenden Nahinfrarot-Optiken des James-Webb-Teleskops haben dieses Wetterphänomen des Gasriesen nun enthüllt, wie das Team in „Nature Astronomy“ berichtet.

Jupiter ist ein Planet der Superlative: Kein anderer Planet ist so groß und schwer, dreht sich so schnell oder erzeugt so gewaltige Stürme. Diese sind leicht an Merkmalen wie dem Großen Roten Fleck oder den farbig abgesetzten Wolkenbändern zu erkennen, die abwechselnd mit und gegen die Drehrichtung des Planeten um den Gasriesen rasen. Doch gerade diese Sturmbänder geben Rätsel auf: Alle paar Jahre verändern sie ihre Farbe und Infrarothelligkeit, auch die Temperatur in der Jupiter-Troposphäre schwankt in regelmäßigem Zyklus – warum, ist noch unklar.

Jupiter-Jetstream
Die hochaufgelösten NIRCam-Aufnahmen zeigen Strukturen und Turbulenzen innerhalb des äquatorialen Windbands, anhand derer die Forschenden den Jetstream identifzieren konnten. © NASA/ESA/CSA / STScI, Ricardo Hueso (UPV), Imke de Pater (UC Berkeley), Thierry Fouchet (Observatory of Paris), Leigh Fletcher (University of Leicester), Michael H. Wong (UC Berkeley), Joseph DePasquale (STScI)

Infrarotblick durch den Dunst

Jetzt hat ein Team um Ricardo Hueso von der Universität des Baskenlands in Bilbao ein weiteres Wetterphänomen auf dem Jupiter entdeckt. Sie hatten den Gasriesen mit der Near-Infrared Camera (NIRCam) des James-Webb-Weltraumteleskops beobachteten, um eine bisher schwer erkennbare Dunstschicht oberhalb der Wolkendecke näher zu untersuchen. Dafür visierten sie den Jupiter im Juli 2022 zweimal im Abstand von zehn Stunden an und nutzten dabei Filter, die vor allem Methan und verschiedene Wasserstoffverbindungen sichtbar machen.

Tatsächlich schafften es die hochauflösenden Infrarot-Optiken des Teleskops, die 25 bis 50 Kilometer über der Wolkendecke liegende Dunstschicht zu durchdringen. „Was wir immer nur als diffuse Schleier gesehen haben, zeigt nun klar erkennbare Strukturen, die wir bei ihrer Bewegung um den Planeten verfolgen können“, erklärt Hueso. Eines der auffälligsten Merkmale ist ein helles, rund 5.000 Kilometer breites Band mit sich schnell bewegenden Strömungswirbeln, das sich am Äquator rund um den Planeten zieht.

Jetstream oberhalb der Wolkendecke

„Das hat uns völlig überrascht“, sagt Hueso. Nähere Analysen ergaben, dass es sich dabei um einen zuvor unerkannten Jetstream handelt. In dieser rund 40 Kilometer über der Wolkendecke liegenden Windautobahn rasen Gase mit gut 500 Kilometer pro Stunde um den Jupiter – rund doppelt so schnell wie die Wolken in den darunter liegenden Sturmbändern des Gasriesen. „Die Windgeschwindigkeit in diesem Jet steigt bis zur Tropopause mit zunehmender Höhe an, während sie außerhalb des zentralen Jets mit der Höhe abnimmt“, berichten die Forschenden.

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„Es ist wirklich erstaunlich, dass wir selbst nach Jahren der Jupiter-Beobachtung mit verschiedensten Observatorien noch immer etwas Neues über den Planeten lernen können – und dass Merkmale wie dieser Jetstream so lange verborgen bleiben können“, sagt Koautor Leigh Fletcher von der University of Leicester.

Parallelen zum Saturn

Der neu entdeckte Jetstream des Jupiter ähnelt einem ähnlichen Windband auf dem Saturn, wie die Forschenden berichten. Denn auch der Ringplanet besitzt einen äquatorialen Jetstream, wenngleich dieser weniger ausgeprägt und schnell ist als auf dem Jupiter. Auch die Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der Höhe im Zentrum des Windbands ist auf dem Saturn schwächer.

Dennoch zeigen beide Gasriesen damit auffallende Parallelen: „Der äquatoriale Jetstream nahe Jupiters Tropopause macht die äquatorialen Zirkulationen von Jupiter und Saturn einander sehr ähnlich“, schreiben Hueso und seine Kollegen.

Verknüpfung mit den Farb- und Temperaturwechseln?

Noch interessanter könnte jedoch die Rolle sein, die der Jetstream für die rätselhaften Temperatur- und Farbschwankungen in der Atmosphäre des Jupiter spielt: „Der jetzt beobachtete Jet ist wahrscheinlich ein tiefer liegendes Gegenstück zu den regelmäßigen Oszillationen der Temperaturen und Winde, die in der äquatorialen Stratosphäre des Jupiter auftreten“, erklärt das Team. Demnach könnte immer dann, wenn einer dieser vier bis sechs Jahre auftretenden Wechsel ansteht, auch die Windgeschwindigkeiten im Jetstream ein Maximum erreichen.

„Wenn die Stärke des neuentdeckten Jetstreams mit diesem stratosphärischen Schwankungen verknüpft ist, dann müsste er sich in den nächsten zwei bis vier Jahren deutlich verändern“, sagt Fletcher. „Es wird spannend sein, diese Annahme in den kommenden Jahren zu überprüfen.“ (Nature Astronomy, 2023; doi: 10.1038/s41550-023-02099-2)

Quelle: Space Telescope Science Institute

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