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Astronomie

Brauner Zwerg ist heißer als die Sonne

Strahlung eines Sternenrests macht Braunen Zwerg zum heißesten bekannten Nicht-Stern

Astronomen haben einen Braunen Zwerg (vorne) entdeckt, der von seinem Partner, einem Weißen Zwerg, extrem aufgeheizt wird. © verändert nach NOIRLab/NSF/AURA/M. Garlick/CC-by 4.0

Extrem aufgeheizt: Astronomen haben in einem rund 1.400 Lichtjahre entfernten Doppelsystem den heißesten nichtstellaren Himmelskörper entdeckt. Es handelt sich um einen Braunen Zwerg, dessen Tagseite auf fast 8.000 Grad aufgeheizt ist – das ist fast 2.000 Grad heißer als die Sonne und mehr als bei jedem bekannten Exoplaneten oder Braunen Zwerg. Erzeugt wird die Hitze durch die intensive UV-Strahlung eines Weißen Zwergs, den der Braune Zwerg eng umkreist, wie das Forschungsteam in „Nature Astronomy“ berichtet.

Unter den tausenden bisher entdeckten Exoplaneten sind auch einige reichlich extreme Vertreter ihrer Art: So gibt es Exoplaneten aus Diamant, Gasriesen mit Wolken aus Rubin und Saphir, aber auch Planeten mit Kometenschweif oder riesigen Ringen. Der 2020 entdeckte Exoplanet WASP-189b ist wiederum so heiß, dass er von selbst leuchtet und der „heiße Jupiter“ KELT-9b ist mit einer Temperatur von rund 4.300 Grad auf seiner Tagseite der bisher heißeste bekannte Planet überhaupt.

Heißer junger Sternenrest mit Begleiter

Jetzt haben Astronomen das bisher extremste planetenähnliche Objekt aufgespürt. Dabei handelt es sich um den kleineren Begleiter eines 1.400 Lichtjahre entfernten Weißen Zwergs – dem kompakten Rest einer ausgebrannten Sonne. Der WD 0032–317 getaufte Weiße Zwerg ist erst rund eine Million Jahre alt und daher noch entsprechend heiß und strahlungsintensiv: Seine Oberflächentemperatur liegt bei rund 32.000 Grad, wie Spektralanalysen nahelegen. Über den Begleiter war aber bisher noch nichts Näheres bekannt.

Deshalb haben Na’ama Hallakoun vom Weizmann Institute of Science in Israel und ihre Kollegen das Doppelsystem nun mit dem hochauflösenden UVES-Spektrografen am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte in Chile ins Visier genommen. Die Daten bestätigen die Präsenz eines zweiten, relativ massearmen Objekts. Weil dieses nur rund 0,07 bis 0,08 Sonnenmassen schwer ist, könnte es sich um einen Braunen Zwerg handeln – einen Himmelskörper, der an der Grenze zwischen Stern und Planet liegt.

Braune Zwerge entstehen wie Sterne und sind ähnlich wie sie aufgebaut. Weil ihre Masse aber zum Zünden der Wasserstofffusion nicht ausreicht, gelten sie als „gescheiterte Sterne“: Sie geben kaum energiereiche Strahlung ab und haben stattdessen einige Gemeinsamkeiten mit großen Gasriesen.

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Neuer Temperaturrekord für substellare Objekte

Doch anders als die meisten Vertreter seiner Gattung ist der Braune Zwerg in diesem Doppelsystem extrem heiß, wie die Spektralanalysen enthüllten. Sie zeigen, dass der Braune Zwerg den Weißen Zwerg in gebundener Rotation umkreist und dadurch seinem heißeren Partner immer die gleiche Seite zukehrt. Das hat Folgen: Die intensive UV-Strahlung und Hitze des Sternenrests heizt die Tagseite des Braunen Zwergs auf Rekordtemperaturen auf.

Den Daten zufolge ist die Tagseite des Braunen Zwergs WD 0032–317 B rund 7.000 bis 9.500 Grad heiß – das ist mehr als bei jedem anderen bekannten nichtstellaren Objekt. Selbst den bisherigen Rekordhalter KELT-9b stellt der Braune Zwerg damit weit in den Schatten. Kein Wunder: Der Braune Zwerg erhält rund 5.600-mal mehr extreme UV-Strahlung von seinem Stern als der bisherige Rekordplanet, wie die Astronomen berichten. „Dieser sternumkreisende Himmelskörper ist sogar rund 2.000 Grad heißer als die Oberfläche der Sonne“, berichtet Hallakoun.

Extreme Unterschied zwischen Tag und Nacht

Die intensive Hitze und Strahlung zerreißen die Moleküle in der Gashülle des Braunen Zwergs und beeinflussen damit seine Zusammensetzung und Entwicklung auf charakteristische Weise. Weil dies auch bei einigen stark angestrahlten Exoplaneten der Fall ist, ist WD 0032–317 B auch für Planetenforscher interessant. „Das System WD 0032–317 bietet uns einen seltenen Einblick in den bisher kaum erforschten Parameterraum von stark angestrahlten substellaren und planetaren Objekten“, konstatieren die Astronomen.

Ebenfalls extrem ist der Unterschied zwischen der Tag- und Nachtseite des Braunen Zwergs, wie die Astronomen ermittelten: Die im Schatten liegende Nachtseite ist „nur“ rund 1.000 bis 2.700 Grad heiß. Damit liegt die Temperaturdifferenz zwischen den beiden Hemisphären des Braunen Zwergs bei rund 6.000 Grad – viermal mehr als bei KELT-9b. Das ungleiche Paar aus Weißem und Braunem Zwerg ist damit in gleich mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich.

Analogon zu „heißen Jupitern“

Das ungleiche Paar eröffnet damit nun die Möglichkeit, ein Analogon zu den vielen „heißen Jupitern“ im Weltall näher zu erforschen. Diese großen Gasriesen, darunter auch KELT-9b, umkreisen ihre Muttersterne sehr eng und sind dadurch extremen Bedingungen ausgesetzt – werden aber von ihrem Stern nahezu komplett überstrahlt. Das macht ihre nähere Erforschung schwierig.

Beim Weißen und Braunen Zwerg in WD 0032–317 ist dies dagegen nicht der Fall. „Das macht dieses System zu einem perfekten Labor für künftige Studien zu heißen Jupitern unter extremen Bedingungen“, erläutert Hallakoun. Sie und ihre Kollegen hoffen, dass künftige Beobachtungen dieses Doppelsystems mit dem James-Web-Teleskop noch mehr Informationen zur Zusammensetzung und den Bedingungen auf dem heißen Braunen Zwerg liefern werden. (Nature Astronomy, 2023; doi: 10.1038/s41550-023-02048-z)

Quelle: Weizmann Institute of Science

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