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Geowissen

Europa war der staubigste Ort der Erde

Während der letzten Eiszeit rasten dichte Staubstürme über Europa hinweg

Staubsturm
Während der letzten Eiszeit rasten schwere Staubstürme über Europa hinweg und machten unsere Region zum staubigsten Ort der Erde. © :Christian Meurer/ iStock.com

Eisige Staubwüste: Während der letzten Eiszeit tobten in Europa gewaltige Staubstürme. Sie könnten unsere Region damals sogar zum staubigsten Ort der Erde gemacht haben. Indizien dafür liefern Analysen von Löss-Sedimenten nahe Heidelberg, die während dieser Zeit abgelagert wurden. Sie deuten darauf hin, dass der Staubgehalt der Atmosphäre über Europa damals um das Dreifache höher war als über den eiszeitlichen Lössgebieten in China.

Die Eiszeit hat nicht nur Täler ausgekerbt und ganze Landschaften verändert – sie hat vielerorts auch dicke Löss-Ablagerungen hinterlassen. Dieses extrem feine Sediment wurde während und nach der letzten Eiszeit vom Wind weggetragen und auf den frisch von Gletschern freigelegten Landschaften abgelagert. Die mächtigsten Schichten dieses eiszeitlichen Staubs finden sich heute in China, der Löss ist dort teilweise mehrere hundert Meter dick.

Auch in Europa gibt es vielerorts Löss-Ablagerungen aus der Eiszeit. Allerdings sind sie mit nur rund zwölf bis maximal 40 Meter eher schmächtig. Daher galt Europa bislang als ein in der Eiszeit nur mäßig staubiger Ort.

Nußloch-Löss
Lössablagerungen in Nußloch bei Heidelberg. © Pierre Antoine/ Laboratoire de Geographie Physique in Meudon

Deutsche Lössschichten als Staubmesser

Doch das täuscht offenbar, wie nun Forscher um Denis-Didier Rousseau von der Universität Sorbonne in Paris berichten. Für ihre Studie haben sie die Lössablagerungen in Nußloch bei Heidelberg einer Neuanalyse unterzogen. Dort sind in den eiszeitlichen Ablagerungen reine Lössschichten abwechselnd mit dünnen, dunkleren Humusschichten aus den milderen Zwischeneiszeiten (Interstadialen) zu erkennen.

Durch Lumineszenz-Datierung und C14-Messungen gelang es den Forschern, die jeweilige Dauer der Ablagerungsperioden zu ermitteln und diese in Bezug zur Menge des vom Wind eingetragenen Staubs zu setzen. Dadurch ermittelten sie, wie hoch die Sedimentationsraten für den Eiszeitstaub waren und damit auch, viel Staub die Luft während der eiszeitlichen Staubstürme enthielt.

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Überraschend hohe Sedimentationsrate

Das Ergebnis: Vor allem während der ersten Abfolge von Interstadial und Vereisung vor 28.900 bis 23.340 Jahren lagerte sich in Nußloch überraschend viel Staub in kurzer Zeit ab. Die Forscher kommen für diese Phase auf Sedimentationsraten von 111 bis 189 Zentimetern pro Jahrtausend. Das entspricht einer akkumulierten Ablagerung von 1,8 bis drei Kilogramm Staub pro Quadratmeter und Jahr.

Diese Werte sprechen dafür, dass zu jener Zeit mächtige Staubstürme über Europa hinwegrasten, die die Atmosphäre mit Staub geradezu schwängerten. „Für diese Periode werden die kältesten und trockensten Bedingungen dokumentiert, daher war sie auch besonders günstig für die Aufwirbelung, den Transport und die Ablagerung von Staub“, erklären Rousseau und sein Team.

Staubiger als Chinas Lössgebiete

Aber nicht nur das: Die eiszeitlichen Staubstürme in Europa könnten sogar dichter und staubiger gewesen sein als ihre Gegenparts in den Lössgebieten Chinas. Vergleiche ergaben, dass die Sedimentationsraten in China damals durchgängig niedriger waren als in Europa. Demnach hielt die Lössablagerung in China zwar weit länger an und erstreckte sich über ein viel größeres Gebiet, die einzelnen Stürme aber waren staubärmer als die in Europa.

„Unser Vergleich zwischen europäischen und chinesischen Lössabfolgen zeigt, dass der Staubgehalt der Atmosphäre in Europa um den Faktor drei höher war als in China – zumindest während der letzten beiden Eiszeitzyklen und damit während eines Großteils des Letzten Glazialen Maximums“, berichten Rousseau und seine Kollegen. Damit könnte Europa während der letzten Eiszeit tatsächlich der staubigste Ort der Erde gewesen sein. (Quaternary Science Reviews, 2021; doi: 10.1016/j.quascirev.2020.106775)

Quelle: University of Copenhagen

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