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Neurobiologie

Wer mit krummen Zahlen handelt, ist erfolgreicher

Bei nicht gerundeten Preisen oder Geboten wird weniger hart gehandelt

Wer krumme Summen verlangt, wird weniger stark heruntergehandelt © SXC

Wer ein Auto mit einem Restwert von 15.000 Euro verkaufen möchte, sollte es besser für 14.875 Euro inserieren. Denn bei einem „krummen“ Preis als Ausgangsbasis steigt die Chance, mehr Geld herauszuhandeln. Das zeigt ein Experiment Saarbrücker Forscher. Die krumme Zahl suggeriert sowohl Käufern als auch Verkäufern, dass man gut über den Preis nachgedacht hat und macht es ihnen daher schwerer zu handeln.

Es ist eine der berühmtesten Feilsch-Szenen der Filmgeschichte: Brian, der gehetzte Religionsstifter wider Willen, ist in Monty Python’s „Das Leben des Brian“ auf der Flucht und möchte sich einen falschen Bart bei einem Händler besorgen. Der feilscht leidenschaftlich gerne, es geht schließlich um die Berufsehre. Brian möchte ihm die vier Schekel Wechselgeld für den Bart als Preis für die Flasche schenken. Der Händler entgegnet entrüstet: „Vier? Für diese Flasche? Vier?“ Wert sei sie aber zehn.

Vielleicht ist Brian die Verhandlung um die Flasche nur falsch angegangen. Hätte er David Loschelder von der Universität des Saarlandes gefragt, hätte der Sozialpsychologe ihm sicherlich den Tipp gegeben, 4,25 Schekel zu bieten. Denn damit hätte Brian die Flasche vermutlich günstiger erstehen können. Diese Erkenntnis verdankt Loschelder einer Studie, bei der er gemeinsam mit Kollegen untersuchte, wie Preisangebote den Verlauf von Verkaufsverhandlungen beeinflussen.

Krumme Gebote sind erfolgreicher

Dafür führten die Wissenschaftler zwei Experimente mit insgesamt 200 Versuchspersonen durch. „Zum einen haben wir bei 120 Artikeln einer Online-Plattform Gebote abgegeben, die für 200 Euro inseriert waren“, erklärt Loschelder. Ihre Gebote lagen dabei immer deutlich niedriger, bei 120 oder 140 Euro. Zusätzlich variierten die Forscher, wie präzise und wie „krumm“ die gebotene Summe war: Ob gerundet auf den zehn Euro oder einen Euro, oder aber „krumm“ wie beispielsweise 121,37 Euro.

Das Ergebnis: Am erfolgreichsten waren die krummen Gebote: Boten sie beispielsweise 121,37 Euro für einen Satz Felgen, der für 200 Euro angeboten wurde, ließ sich der Verkäufer auf einen geringeren Preis herunterhandeln als bei einer glatten Gebotssumme. „Die Präzision der Zahl suggeriert dem Verhandlungspartner, dass man sich um den Preis Gedanken gemacht hat“, erklärt der Psychologe dieses Ergebnis.

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Prinzip funktioniert auch beim Verkaufen

Diesen Zusammenhang wiesen die Psychologen auch nach, als sie in die Rolle des Verkäufers schlüpften. In einem Antiquitätenladen boten die Wissenschaftler einen Jugendstil-Sekretär an. Das teure Möbelstück wurde entweder für 900 oder 1.200 Euro oder aber für die krummen Summen 885 oder 1.185 angeboten. 80 Kunden des Geschäfts handelten um das Möbelstück. „Beim Anker von 1.185 Euro lag der tatsächliche Endpreis bei 1.046 Euro, bei einem Startgebot von 1.200 Euro einigten sich Käufer und Verkäufer am Ende im Schnitt nur auf 930 Euro“, sagt Loschelder. Ein um 15 Euro geringerer Startpreis führte also zu einem Endpreis, der im Schnitt 116 Euro höher war.

Wer nun denkt, dass es doch peinlich sei, auch bei teuren Artikeln Gebote bis auf den Cent genau abzugeben, der sollte folgendes berücksichtigen: Von den 200 Versuchspersonen, die zum Teil gar nicht wussten, dass sie an einem Experiment teilgenommen haben, fragte kein einziger, warum die Gebote so penibel genau seien. „Die Leute waren zum Teil belustigt über unsere Gebote, aber geärgert hat sich keiner darüber.“ Allerdings: Der Preis sollte nicht viel zu tief angesetzt werden, dann wirkt auch der präzise Anker nicht mehr.

(Universität des Saarlandes, 09.08.2013 – NPO)

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