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Biologie

Was Eiweiße bewegt

Studie: Konformationsänderungen können auch spontan ablaufen

Wie genau funktionieren eigentlich Enzyme? Eine Antwort auf diese Frage hat jetzt ein internationales Forscherteam gegeben. Wie die Wissenschaftler in Nature berichten, ist es ihnen erstmals gelungen, intrinsische – also „aus sich selbst hervorgebrachte“ – Bewegungen eines Enzyms direkt nachzuweisen.

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Das Auftreten spontaner Formänderungen war zwar zuvor vermutet worden, konnte jedoch nun auch experimentell belegt werden. Dieser Fund ist von fundamentaler Bedeutung für das Verständnis der Funktionsweise von Enzymen.

„Das Wissen könnte nun unter anderem helfen, mittels genetischer Methoden die Funktion von Enzymen für industrielle Anwendungen zu optimieren, um zum Beispiel Bioethanol als nachwachsenden Treibstoff effizienter zu produzieren“, so Professor Christian Hübner von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (inzwischen Universität Lübeck), der zusammen mit Professorin Dorothee Kern und Professor Greg Petsko von der Brandeis-Universität sowie Professor Martin Karplus von der Harvard University an der neuen Studie beteiligt war.

Wichtige Katalysatoren in Natur und Industrie

Enzyme sind als biologische Katalysatoren an allen Stoffwechselvorgängen im Körper beteiligt. Fehlen sie oder funktionieren sie nicht richtig, können schwere Stoffwechselerkrankungen die Folge sein. Die Proteine spielen zudem eine immer wichtigere Rolle in industriellen Prozessen: von der Reinigung über den Abbau von Schadstoffen bis hin zur Herstellung von Biokraftstoffen. Nicht zuletzt deshalb ist die Untersuchung der Arbeitsweise von Enzymen Gegenstand intensiver Forschung.

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Die Funktion der Enzyme ist eng verknüpft mit ihrer Struktur. Diese ist jedoch nicht starr, und gerade Änderungen darin – so genannte Konformationsänderungen – sind es, die für das spezifische Wirkungsweise eines Proteins entscheidend sind. Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass solche Konformationsänderungen stets durch (bio)chemische Prozesse ausgelöst werden – etwa durch die Bindung eines Substrats.

Adenylatkinase untersucht

Die Forscher konnten nun mit Hilfe verschiedener Techniken erstmals nachweisen, dass diese Konformationsänderungen auch spontan ablaufen können. In ihrer Studie untersuchten die Forscher die Adenylatkinase: ein Enzym, das notwendig ist für die Aufrechterhaltung der ATP-Konzentration und damit der „Energiewährung“ in unserem Körper. Die Wissenschaftler nutzten Kernspinresonanzspektroskopie und Röntgenkristallographie sowie Moleküldynamiksimulation für ihre Experimente und erhielten so bereits erste Hinweise für die von ihnen vermutete Art der Bewegung. „Diesen Methoden haftet jedoch der Nachteil an, dass immer eine große Zahl von Enzymen gleichzeitig beobachtet wird – und die vollführen natürlich keine synchronen Bewegungen“, erläutert Hübner.

Einzelnes Enzym direkt beobachtet

Der entscheidende Schachzug der Forscher war nun der Einsatz einer neuen Fluoreszenzmethode: der Einzelmolekül-Fluoreszenzspektroskopie. Mit ihrer Hilfe konnte die Wissenschaftler die Bewegung sichtbar machen. Der bedeutende Vorteil dieser Methode ist, dass das einzelne Enzym sich direkt beobachten und sich damit die Konformationsänderung unmittelbar verfolgen lässt.

Ein weiterer Trick, um die Faltung des Enzyms und die Dynamik bei der Katalyse-Reaktion gezielt zu beeinflussen und gleichzeitig die Beobachtungsdauer zu verlängern, ist der Einschluss einzelner Modell-Proteine in Nanoporen aus beschichteten porösen Aluminiumoxid-Membranen.

Aufbauend auf den jetzt veröffentlichten Arbeiten wird diese Methode in einem Projekt von drei Hallenser Wissenschaftlern angewendet. Neben Hübner beteiligt sind Cordelia Schiene-Fischer von der Max-Planck-Forschungsstelle für Enzymologie der Proteinfaltung und Martin Steinhart vom Max-Planck-Institut für Strukturphysik.

(idw – VolkswagenStiftung, 06.12.2007 – DLO)

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