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Paläontologie

Urzeit-Schildkröte mit Stummelbeinen in Bayern entdeckt

„Solnhofia“ lebte vor 150 Millionen Jahren an der tropischen Küste Süddeutschlands

Tropisches Süddeutschland
„Solnhofia parsonsi“ teilte sich die süddeutsche Insellandschaft unter anderem mit Flug- und Meeressauriern. © Peter Nickolaus/CC-by 4.0

Detailreicher Fund: Paläontologen haben das bisher besterhaltene Fossil der Urzeit-Schildkröte „Solnhofia parsonsi“ entdeckt. Das 150 Millionen Jahre alte Relikt stammt aus dem weltberühmten Solnhofener Plattenkalk südlich von Nürnberg. Die Schildkröte aus dem späten Jura-Zeitalter lebte in der tropischen Insellandschaft Süddeutschlands. Sie hielt sich wahrscheinlich in Küstennähe auf und fraß dort Muscheln und Schnecken. Ihren Lebensraum teilte sich Solnhofia unter anderem mit dem Urvogel Archaeopteryx.

Vor 150 Millionen Jahren lag Süddeutschland in einem flachen, tropischen Meer mit vielen Inseln und Riffen. Einzigartige Bedingungen des Meeresbodens sorgten dafür, dass die vielfältige Tierwelt dieser Insellandschaft detailgetreu erhalten blieb. Im weltberühmten Solnhofener Plattenkalk wurden bereits perfekt konservierte Fossilien von Fischen, Meeres- und Flugsauriern sowie vom Urzeitvogel Archaeopteryx gefunden.

Fossil von Solnhofia
Das neue Solnhofia-Exemplar ist von Kopf bis Fuß perfekt erhalten. © Augustin et al., 2023, PLOS ONE /CC-by 4.0

Ein harter Schnabel zum Muschelknacken

Auch Meeresschildkröten durchschwammen einst die süddeutschen Tropen. Eine von ihnen ist Solnhofia parsonsi. Paläontologen um Felix Augustin von der Universität Tübingen haben nun das bisher besterhaltene Exemplar dieser Art untersucht. Es stammt aus der Torleite-Formation der Fränkischen Alb, einem Kalksteinbruch in der Nähe der mittelbayerischen Stadt Painten, und ist rund 150 Millionen Jahre alt.

Mit ihrem 23 Zentimeter langen, herzförmigen Panzer ist das Exemplar etwas größer als frühere Funde. Die Paläontologen gehen daher davon aus, dass es sich um ein älteres Individuum handelt. Besonders gut erhalten ist neben dem Panzer auch der dreieckige, neun Zentimeter lange Kopf der Meeresschildkröte.

„Solnhofia hat vielleicht ihren großen Kopf und Schnabel zum Zerkleinern harter Nahrung wie zum Beispiel wirbelloser Tiere mit Schalen benutzt“, berichtet Augustins Kollege Márton Rabi. Neben Muscheln und Schnecken stand aber wahrscheinlich auch noch andere Nahrung auf ihrem Speiseplan.

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Stummelbeine bestätigen Leben in Küstennähe

Von besonderem Interesse sind auch die Vorder- und Hinterbeine der urzeitlichen Schildkröte. „Es konnte vorher noch nie ein Solnhofia-Exemplar beschrieben werden, bei dem die Extremitäten so vollständig erhalten sind“, berichtet Augustin. Ihre Beine waren demnach ungewöhnlich kurz für eine Meeresschildkröte und endeten außerdem in Krallen.

Bei heutigen Arten sind die Beine dagegen zu langen paddelartigen Flossen geformt, mit denen die Tiere durch das offene Meer pflügen können. Dass Solnhofia „Stummelbeine“ hatte, bestätigt nach Ansicht der Paläontologen die bisherige Annahme, dass die Schildkröte in Küstennähe lebte. Mit ihren kräftigen Beinen könnte sie sich auch im flachen Wasser und am Strand gut fortbewegt haben.

Todesursache unbekannt

Wie die Schildkröte einst starb, ist nicht bekannt. Nach ihrem Tod muss sie aber auf den Grund eines sauerstoffarmen, salzhaltigen Beckens gesunken sein, wo ihr Körper nicht verweste, sondern detailgetreu in der Plattenkalkschicht konserviert wurde. (PLoS ONE, 2023; doi: 10.1371/journal.pone.0287936

Quelle: Eberhard Karls Universität Tübingen

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