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Paläontologie

Neuer Ursaurier in Deutschland entdeckt

Amphibium war vor 300 Millionen Jahren eines der größten Raubtiere

Stenokranio
Vor 300 Millionen Jahren machte der Ursaurier Stenokranio Rheinland-Pfalz unsicher. © Dr. Frederik Spindler, Kipfenberg

Urzeitlicher Riese: Zwischen Kaiserslautern und Trier haben Paläontologen das Fossil eines bislang unbekannten Ursauriers entdeckt. Der amphibische „Stenokranio“ lebte dort vor 300 Millionen Jahren in einer Seenlandschaft. Mit 1,50 Meter Körperlänge war er wahrscheinlich eines der größten Raubtiere seiner Zeit. Die Forschenden gehen davon aus, dass sich Stenokranio vorrangig von Fischen und anderen Ursauriern ernährte.

Vor etwa 300 Millionen Jahren lag Deutschland noch in Äquatornähe. Zu dieser Zeit erstreckte sich eine große tropische Fluss- und Seenlandschaft von Lothringen bis Frankfurt am Main und vom Hunsrück bis fast nach Karlsruhe. Man spricht auch vom Lothringen-Saar-Nahe-Becken. Neben Fischen und kleineren Amphibien lebte dort zum Beispiel auch die Rückensegelechse Remigiomontanus – eines der größten Raubtiere dieser Zeit.

Dimetrodon
Remigiomontanus ähnelte vom Aussehen her dem verwandten Dimetrodon. © Max Bellomio /CC-by-sa 4.0

Ein Ursaurier aus der Pfalz

Doch offenbar hatte Remigiomontanus ebenbürtige Gesellschaft, wie Paläontologen um Ralf Werneburg vom Naturhistorischen Museum Schloss Bertholdsburg Schleusingen nun herausgefunden haben. Das verraten ihnen große fossile Überreste, die in einem Steinbruch am Remigiusberg bei Kusel in der Westpfalz gefunden wurden. Dort mündete vor 300 Millionen Jahren ein großer Fluss in einen 70 Kilometer langen See.

Es handelt sich bei den Fossilien um zwei flache Schädel mit 25 beziehungsweise 27 Zentimeter Länge. Von dem größeren Exemplar sind zusätzlich auch Teile des Schultergürtels und der Wirbelsäule erhalten. Werneburg und seine Kollegen ordnen die Fossilien als bislang unbekannten deutschen Ursaurier ein. Sie haben ihn auf den Namen „Stenokranio boldi“ getauft, was so viel wie „Schmalschädler“ bedeutet.

Fossil
Einer der erhaltenen Schädel samt Teilen der Wirbelsäule und des Schultergürtels © Urweltmuseum GEOSKOP, Thallichtenberg

Spitzenräuber seiner Zeit

Entgegen seiner Bezeichnung als Ursaurier war Stenokranio aber kein Reptil und nicht mit den Dinosauriern verwandt. Diese entwickelten sich erst 60 Millionen Jahre später. Werneburg und sein Team ordnen das vierfüßige Raubtier stattdessen in die Familie der Eryopiden ein – große, krokodilähnliche Amphibien des Erdaltertums.

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Stenokranio ist der erste Vertreter dieser urzeitlichen Amphibienfamilie, der auf deutschem Boden gefunden wurde. Die meisten seiner Cousins stammen aus Nordamerika. Mit seinen geschätzten anderthalb Metern Körperlänge und einem Gewicht von bis zu 70 Kilogramm stand Stenokranio seinen Verwandten aber in nichts nach. Wahrscheinlich war er sogar eines der größten Raubtiere seiner Zeit, wie Werneburg und seine Kollegen berichten.

Den Forschenden zufolge könnte der Ursaurier ähnlich wie heutige Krokodile gejagt haben: als Lauerjäger im Flachwasser von Seen und Flüssen. Die großen, nach hinten gebogenen Reißzähne von Stenokranio eigneten sich hervorragend dafür, glitschige Fische zu packen und im Ganzen herunterzuschlingen. Wahrscheinlich standen aber auch kleinere Reptilien und Amphibien auf seiner Speisekarte.

Ein Leben zwischen Wasser und Land

Als Amphibie und entfernter Verwandten heutiger Frösche und Kröten begann das Leben von Stenokranio wahrscheinlich als Laich im Wasser, wo er auch als geschlüpftes Jungtier zunächst blieb, wie die Paläontologen erklären. Erst im Erwachsenenalter seien die Tiere dann zwischen Wasser und Land hin und hergewechselt.

Aufgrund ihrer Größe hatten erwachsene Stenokranio damals nicht mehr viel zu befürchten. So halten Werneburg und seine Kollegen es zum Beispiel für möglich, dass die beiden rheinland-pfälzischen Exemplare einst eines natürlichen Todes gestorben sind. Während der Großteil ihres Skeletts davongespült wurde, sind die bis heute erhaltenen Teile wahrscheinlich einst unter Schlamm begraben und dadurch für die Nachwelt konserviert worden. (Journal of Paleontology, 2024; doi: 10.1017/jpa.2023.58

Quelle: Naturhistorisches Museum Schloss Bertholdsburg Schleusingen

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