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Evolution

Kampf ums Dasein in der “Ursuppe” simuliert

RNA-Gehalt von Protozellen entscheidend für ihr Wachstum?

Schon in der “Ursuppe” herrschte das Prinzip der Konkurrenz. Hauptakteure dieses „Kampfs ums Dasein“ könnten dabei winzige fettige Kügelchen gefüllt mit genetischem Material gewesen sein. Das jedenfalls haben jetzt amerikanische Forscher postuliert. Sie sind der Ansicht, dass diese Bläschen mit sich schnell replizierendem Erbmaterial am Beginn der Evolution höher entwickelter Zellen gestanden haben könnten – und widersprechen damit den gängigen Vorstellung zur Entstehung des Lebens.

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Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass die zelluläre Evolution von einer vorzeitlichen genetischen Maschinerie angetrieben wurde, die aktiv Zellmembranen und andere Zellbestandteile synthetisierte und die Zellprozesse steuerte. Doch Laborexperimente, die Jack W. Szostak vom Howard Hughes Medical Institute mit künstlichen Fettsäuren durchführte, deuten in eine andere Richtung. Der Forscher hat seine Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Science veröffentlicht.

Wettbewerb unter „membranumhüllten Säckchen“

Zellen sind im Prinzip nichts anderes als kleine, flüssigkeitsgefüllte Säckchen, umschlossen von einer Doppelmembran aus Fettsäuren und anderen Lipiden mit Proteinen. Eine zentrale Frage in der Evolutionsforschung ist es, wie diese einfachsten Zellversionen oder Vesikel, zuerst entstanden sind und sich im urzeitlichen Konkurrenzkampf behauptet haben.

“Das meiste vorherige Denken über die Entstehung von Zellen basierte auf der Idee der initialen Evolution von struktureller RNA oder Ribozymen – Enzymen, die Membranmoleküle synthetisieren können“, erklärt Szostak. Die Ribozyme könnten Membranmaterial produziert haben, während die strukturelle RNA das Zytoskelett der ersten Zellen aufbauten. Doch Szostak und seine Kollegen sind der Ansicht, dass ein sehr viel einfacherer physikalischer Prozess in den Konkurrenzkampf bei der Bildung der ersten Zellen eingegriffen haben könnte. Er habe entschieden, welche Vesikel im Wettbewerb um das Membranmaterial gewonnen haben.

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Osmotischer Druck entscheidend

“Wir glauben, dass das genetische Material das Wachstum der Zellen allein durch seine Gegenwart antreiben kann“, erklärt der Wissenschaftler. „Wenn die RNA von innen einen osmotischen Druck auf die Vesikel ausübt, erzeugt sie damit eine Spannung in der Hülle, die daraufhin versucht, sich auszudehnen. Wir postulieren, dass sie dieses erreichten, indem sie Material von anderen Vesikeln transferierten, die weniger genetisches Material enthielten und daher nicht so stark unter Druck standen.“

Um ihre Theorie zu testen, konstruierten die Forscher zuerst einfache Modell-Protozellen, indem sie Fettsäurevesikel mit entweder einer Zuckerlösung oder dem gleiche Lösungsmittel ohne Zucker füllten. Die Zuckerlösung erzeugte einen höheren osmotischen Druck im Inneren des Vesikels, da die Zuckermoleküle, nach Konzentrationsausgleich strebend, nach außen drängen, aber von der Membran aufgehalten werden. Das nur mit Lösungsmittel gefüllte Vesikel dagegen stand unter keinem solchen Druck. Als die Wissenschaftler beide Vesikelarten zusammenbrachten, beobachteten sie, dass das Zucker haltige Vesikel mit der größeren Membranspannung dem zuckerfreien Membranmaterial entzog.

Schnelle RNA-Replikation als Entwicklungsvorteil

„Nachdem wir einmal verstanden hatten, wie der Prozess funktioniert, testeten wie weitere Versionen, bei denen wir die Vesikel diesmal mit genetischen Molekülen beluden“, erklärt Szostak. Die gleichen Konkurrenztests führten die Forscher mit Nukleotiden, RNA-Segmenten und einem vollständigen RNA-Molekül durch. Dabei entsprachen die Konzentrationen im Inneren der Vesikel denen in lebenden Zellen. In allen Fällen wuchsen die mit dem genetischen Material beladenen Vesikel an, während die nur mit Lösungsmittel gefüllten schrumpften.

“Im Gegensatz zu den früheren Vorstellungen, dass die Darwinsche Konkurrenz auf der zellulären Ebene erst einsetzte, als Lipd-synthetisierende Riobozyme oder strukturelle RNA sich entwickelt hatte, zeigen unsere Ergebnisse, dass dafür nur eine sich replizierende RNA gebraucht wird“, so der Forscher. „Die Zellen, die eine sich schneller replizierende RNA hatten – und damit mehr RNA enthielten – wäre schneller gewachsen. Es gibt also eine direkte Verbindung zwischen dem Zellwachstum und der RNA-Vermehrungsrate. Es beruht auf einem physikalischen Prinzip und entwickelt sich daher spontan.“

(Howard Hughes Medical Institute, 07.09.2004 – NPO)

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