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Erdgeschichte

Einschlagskrater als Lebenswiege?

Hydrothermal-Systeme unter Kratern könnten Refugien des Lebens gewesen sein

Krater
Die Krater urzeitlicher Asteroideneinschläge könnten schützende Lebensräume für erste Organismen geschaffen haben. © MR1805/ iStock.com

Refugien im Untergrund: Einschläge von Asteroiden brachten nicht nur erste Lebensbausteine auf die Erde – sie könnten auch Refugien für frühe Lebensformen geschaffen haben. Denn unter den Kratern bildeten sich ausgedehnte hydrothermale Systeme, in denen Mikroben leben konnten. Selbst unter dem Chicxulub-Krater in Yucatan, dessen Entstehung ein globales Massenaussterben auslöste, gab es diese unterirdische Lebenswelt, wie nun Bohrkerne belegen.

Als das erste Leben entstand, war unser Planet alles andere als ein friedlicher Ort. Denn bis vor 3,8 Milliarden Jahren wurde die Erde besonders häufig von Asteroiden getroffen. Einige dieser Einschläge waren vermutlich heftig genug, um ganze Meere verdampfen zu lassen. Dennoch scheinen sich gerade in dieser Zeit die ersten Lebensformen entwickelt zu haben, wie Mikrofossilien nahelegen. Wie aber schafften es diese ersten fragilen Organismen, diese gefährliche Zeit zu überstehen?

hydrothermales System
Querschnitt durch das hydrothermale System unter dem Chicxulub-Krater kurz nach dem Einschlag. © Victor O. Leshyk/ Lunar and Planetary Institute

Leben unter dem Krater?

Eine Antwort könnten die Strukturen liefern, die durch die Einschläge geschaffen wurden – die Krater. Schon länger vermuten Wissenschaftler, dass sie erste Refugien des Lebens gewesen sein könnten. So legen Untersuchungen im Sudbury-Krater nahe, dass dort nach dem Einschlag ein geschütztes, von hydrothermalen Schloten durchsetztes Wasserbecken entstand, das frühen Organismen beste Bedingungen bot. Unter dem Siljan-Krater in Schweden haben Forscher zudem Spuren bakteriellen Lebens gefunden.

Neue Indizien für dieses Szenario liefert jetzt ein Einschlagskrater, der wie kaum ein anderer für eine globale Katastrophe steht: Der Chicxulub-Krater in Yucatan entstand vor 66 Millionen Jahren, als der Einschlag eines Asteroiden das Zeitalter der Dinosaurier jäh beendete. Doch was an der Oberfläche so tödlich wirkte, könnte tief im Untergrund die Voraussetzungen für eine ganz neue Lebenswelt geschaffen haben.

Ein hydrothermales System unter dem Chicxulub-Krater

Schon vor einigen Jahren haben David Kring vom Lunar and Planetary Institute in Houston und sein Team dafür Belege in Bohrkernen aus dem Chicxulub-Krater gefunden. „Unsere Resultate demonstrierten, dass ein großer Teil der Kruste unter dem Krater von hydrothermaler Aktivität geprägt war – im Prinzip war der gesamte Kraterbereich von diesem hydrothermalen System durchzogen“, so die Forscher.

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Die große Frage aber ist, ob es in diesem unterirdischen Habitat auch Leben gab. „Das System war anfangs noch steril und zu heiß, aber als sich die Temperaturen der Flüssigkeiten in diesen Brüchen und Poren 100 Grad annäherten, waren sie für mikrobielles Leben geeignet“, erklären Krings und seine Kollegen. Vor allem wärmeliebende Bakterien könnten sich daher im Nachgang der Einschlagskatastrophe dort angesiedelt haben.

Von Mikroben erzeugtes Katzengold als Indiz

Ob das der Fall war, haben die Wissenschaftler nun mithilfe weiterer Bohrkerne überprüft. Dafür analysierten sie die Isotopenzusammensetzung von winzigen, nur wenige Mikrometer kleinen Pyritkörnchen, die sich in Teilen des 1,3 Kilometer langen Bohrkerns fanden. Das auch als Katzengold bekannte Pyrit ist ein Schwefelsulfid (FeS2), das sowohl abiotisch als auch durch die Tätigkeit von Mikroben entstehen kann.

Durch die vergleichenden Analyse der in diesem Pyrit enthaltenen Schwefelisotope konnten Krings und sein Team ermitteln, ob chemische Prozesse oder Bakterien die Körnchen erzeugt hatten. Das Ergebnis: Während größere Pyritkristalle nahe der Oberfläche abiotischen Ursprungs waren, müssen die winzigen Körnchen in den hydrothermalen Schichten auf mikrobielle Aktivität zurückgehen.

Modell auch für außerirdisches Leben?

Demnach könnte der Chicxulub-Krater schon bald nach seiner Entstehung eine ganze Lebenswelt an unterirdischen, wärmeliebenden Mikroben beherbergt haben. „Das legt nahe, dass die heute noch in den Bohrkernen nachweisbaren sulfatreduzierenden Bakterien vielleicht sogar die lebenden Nachfahren der Mikrobenkolonie sind, die vor 66 Millionen Jahren nach dem Chicxulub-Einschlag entstand“, so Krings und sein Team.

Nach Ansicht der Forscher stützen ihre Ergebnisse die Hypothese, dass Einschlagskrater und die unter ihnen gebildeten hydrothermalen Systeme auch auf der frühen Erde ein wichtiges Refugium für das Leben gewesen sein könnten. Aber auch auf anderen Planeten oder Monden könnten solche unterirdischen Lebensräume Organismen beherbergen und die Entstehung von Leben gefördert haben. (Astrobiology, 2020; doi: 10.1089/ast.2020.2286)

Quelle: Universities Space Research Association (USRA)

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