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Archäologie

Parthenon-Fries war einst farbig bemalt

Pigmentreste an den berühmten Skulpturen des griechischen Tempels nachgewiesen

Skulpturen des Partheon-Tempels
Skulpturengruppe aus dem Ostteil des Parthenon-Frieses. Heute erscheinen sie unbemalt und marmorweiß, doch vor 2.5000 Jahre waren sie farbig verziert, wie Pigmentreste belegen. © Andrew Dunn/ CC-by-sa 2.0

Bunt statt weiß: Die berühmten Reliefs und Statuen des griechischen Parthenon-Tempels waren früher nicht rein marmorweiß, sondern erstrahlten in leuchtenden Farben, wie Analysen winziger Farbreste auf den Marmoroberflächen belegen. Demnach hatten die antiken Künstler Teile des Parthenon-Frieses mit Ägyptisch-Blau, Purpur und weiteren Farben bemalt. Die bunten Reliefs an den Tempelgiebeln waren dadurch weithin erkennbar – und unterstrichen die religiöse und kultische Bedeutung des Dargestellten.

Ob der Parthenon-Fries, die berühmte Nike-Statue des Louvre oder die Trajanssäule in Rom: Seit Jahrhunderten gelten die weißen Marmorstatuen und Reliefs der griechischen und römischen Antike als Inbegriff klassischer Kunst und Schönheitsideale. Die einfarbigen Oberflächen der Kunstwerke inspirierten die Künstler der Renaissance, darunter Michelangelo, auch ihre Statuen im antiken Stil aus reinem Marmor zu meißeln – ohne Bemalung oder sonstige Verzierungen.

Pigmentreste
Mittels Lumineszenz sichtbar gemachte (a,c) und im sichtbaren Licht sichtbare Pigmentreste an einer Göttinenstatue des östlichen Parthenon-Frieses. © Verri et al./ Antiquity, CC-by-nc-nd 4.0

Spurensuche an den „Elgin Marbles“

Doch waren die antiken Kunstwerke wirklich so pur und marmorweiß? Jüngste Erkenntnisse wecken daran zunehmend Zweifel: Konservatoren des Akropolis-Museums in Athen haben vor einigen Jahren winzige Farbreste an einigen Figuren des Parthenon-Frieses entdeckt und auch an anderen Reliefs und Skulpturen wurden Hinweise auf einstige Bemalung gefunden. Könnte der berühmte Giebel-Freis des Parthenon-Tempels demnach in Wirklichkeit bunt bemalt gewesen sein?

Um dieser Frage nachzugehen, haben nun Giovanni Verri vom Art Institute in Chicago und seine Kollegen den Teil des Parthenon-Frieses näher untersucht, der im British Museum in London aufbewahrt wird – auch als „Elgin Marbles“ bekannt. Das Team nutzte unter anderem Röntgenspektroskopie und induzierte Lumineszenz, um Pigmentreste in den Falten, Kerben und Ritzen der 2.500 Jahre alten Marmorkunstwerke aufzuspüren.

Blau, Weiß und Purpur

Tatsächlich wurden die Forschenden fündig: An mehreren Figuren des Parthenon-Frieses wiesen sie kleine Farbreste nach. „Wir detektierten Ägyptisch-Blau in Kombination mit zwei weißen Pigmenten auf elf Giebel-Skulpturen und einer Figur aus dem Fries“, berichten Verri und sein Team. Die blauen Farbreste waren unter anderem auf mehreren Gewändern, auf dem Schuppenschwanz einer Schlange, auf dargestelltem Wasser und im Hintergrund einiger Figuren zu erkennen.

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Auch ein purpurfarbenes Pigment entdeckte das Team auf der Skulptur einer weiblichen Göttin. Dort zierte Purpur den unteren Saum eines Mantels, möglicherweise auch das Unterkleid. Auf ihrem Mantel sind zudem Relikte von Verzierungen in Ägyptisch-Blau und Weiß erkennbar, außerdem ein auf den Marmorfuß gemaltes Schuhwerk, wie Verri und seine Kollegen berichten. Eine andere Frauenfigur trug einen Gürtel, der mit blauer Farbe hervorgehoben war.

Farben als Erkennungshilfe?

Nach Ansicht der Forschenden sprechen diese Pigmentreste dafür, dass der Parthenon-Fries einst farbig bemalt war. „Diese über die weiße Marmoroberflächen applizierte Farbigkeit bildete damals sicher das auffallendste Element der architektonischen Skulpturen“, erklären Verri und sein Team. „Diese Farbigkeit war nicht nur ästhetisch ansprechend, die Verwendung von Farben könnte den Betrachtenden auch dabei geholfen haben, die Figuren aus der Distanz zu identifizieren.“

Ähnlich wie später in der christlichen Ikonografie könnten beispielsweise bestimmte griechische Gottheiten an der Farbe ihrer Kleidung oder Accessoires erkennbar gewesen sein. Die aktuellen Analysen enthüllten zudem neue Details der fein stukturierten Steinmetzarbeiten, durch die die unterschiedlichen Texturen verschiedener Stoffe betont wurden. „Die Applikation von Farbe auf die fertigen Oberflächen der Skulpturen und Gebäude war offensichtlich der finale Schritt eines langen Produktionsprozesses“, erklären die Wissenschaftler.

Neu identifizierte Details der Steinmetzarbeiten und Pigmentreste am Parthenon-Fries werfen ein neues Licht über das einstige Aussehen der berühmten Figuren.© Giovanni Verri

Bemalung auch für die Götter

Ob die griechischen Skulpturen flächendeckend bemalt waren oder ob die antiken Künstler nur farbige Akzente auf den Marmoroberflächen setzten, ist bisher ungeklärt. Allerdings belegen die Pigementreste auf dem Mantel der Göttinnenstatue, dass zumindest einige der Figuren Kleidung mit farbigen Ornamenten und figurativen Darstellungen von Pflanzen und Tieren trugen.

Interessant auch: Die Figuren des Parthenon-Frieses waren offenbar nicht nur dort bemalt, wo die Tempelbesucher dies erkennen konnten, sondern auch in den nicht sichtbaren Bereichen. „Über die Gründe dafür können wir nur spekulieren“, schreiben Verri und seine Kollegen. „Aber die Skulpturen waren, wie der Tempel selbst, den Göttern geweiht, für die das gesamte Skulpturen-Ensemble sichtbar war. Vielleicht mussten sie deshalb den höchsten Ansprüchen genügen – auch in den Teilen, die für sterbliche Augen nicht sichtbar waren.“ (Antiquity, 2023; doi: 10.15184/aqy.2023.130)

Quelle: Antiquity

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