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Astronomie/Kosmologie

Schwarzschild, Kerr und M87*

Von der theoretischen Beschreibung zum ersten Foto

Die moderne Theorie Schwarzer Löcher geht im Wesentlichen auf eine Person zurück, deren Name passender nicht sein könnte: Karl Schwarzschild. Schwarzschild zeigt schon früh eine außerordentliche Begabung für Astronomie und Physik. Bereits mit 16 veröffentlicht er Abhandlungen über Planetenbahnen und Doppelsterne, mit 23 promoviert er an der Ludwig-Maximilians-Universität München, 1909 wird er mit 36 Jahren Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums in Potsdam, dem heutigen Leibniz-Institut für Astrophysik.

Karl Schwarzschild
Karl Schwarzschild in seinem Arbeitszimmer im Astrophysikalischen Observatorium Potsdam. © historisch

Schwarzschild und der Ereignishorizont

Der erste Weltkrieg, für den sich Schwarzschild – wie viele jüdischstämmige Deutsche – freiwillig meldet, zeichnet ihn sehr: 1916 kommt er als Invalide, schwer entstellt von der Autoimmunkrankheit Pemphigus Vulgaris, auch Blasensucht genannt, von der Front zurück. Doch trotz seines Leidens soll das Jahr sein Annus Mirabilis werden, sein Wunderjahr. Im Winter 1916 veröffentlicht Schwarzschild zwei wegweisende Schriften zum Gravitationsfeld, in denen die Physik Schwarzer Löcher erstmals mathematisch exakt in die allgemeine Relativitätstheorie eingebettet wird.

In seinen Arbeiten prägt Schwarzschild unter anderem den Begriff des Ereignishorizonts eines schwarzen Lochs. Der Ereignishorizont ist dabei die Grenze, ab der nichts mehr zurückkehren kann – nicht einmal das Licht. Die Astrophysikerin Lotte Mertens erklärt: „Aus diesem Grund würde ein Beobachter außerhalb des Schwarzen Lochs niemals sehen, wie ein Objekt den Ereignishorizont überschreitet, denn um einen Gegenstand zu sehen, müsste uns sein Licht erreichen können“.

Den Erfolg seiner Arbeiten erlebt Schwarzschild allerdings nicht mehr – er stirbt noch im Jahr seiner Heimkehr an das Astrophysikalischen Observatorium in Potsdam. Nach Schwarzschilds Tod wird seine Theorie zusehends ausgebaut und verfeinert: Die US-Physiker Robert Oppenheimer und Robert Serber weisen im Jahr 1939 in Modellrechnungen die Existenz schwarzer Löcher nach.

Cygnus X-1
Im Sternsystem Cygnus X-1 saugt ein stellares Schwarzes Loch einem massereichen Begleitstern Materie ab und setzt dabei Röntgenstrahlung frei. © NASA/CXC/M.Weiss

Kerr, der dunkle Schatten und Cygnus X-1

1963 berechnet der neuseeländische Mathematiker Roy Kerr die Mechanik rotierender schwarzer Löcher und ergänzt damit die nur für nicht-rotierende Schwarze Löcher geltende Schwarzschild-Metrik. Seine sogenannte Kerr-Metrik beschreibt auf Basis der Einsteinschen Feldgleichungen die Krümmung der Raumzeit um ein rotierendes Schwarzes Loch. Aus ihr ergibt sich auch die Größe des dunklen Schattens, der die scheinbare Ausdehnung des Schwarzen Lochs repräsentiert, und der über den Ereignishorizont hinausreicht.

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Im Jahr 1971 entdeckt der US-Astronom Charles Thomas Bolton das Objekt Cygnus X-1 im Sternbild Schwan, das sich als erstes beobachtetes Schwarzes Loch herausstellen soll. Auffällig an diesem Objekt ist zunächst nur die starke Röntgenstrahlung, die vom Umfeld des massereichen Sterns HDE 226868 auszugehen scheint. Auf Basis von dessen Spektralsignatur ermitteln Bolton und seine Kollegen, dass der Stern um einen unsichtbaren, aber rund 21 Sonnenmassen schweren Partner kreisen muss – ein stellares Schwarzes Loch.

Schwarzes Loch M87*
Dies ist die erste Aufnahme eines Schwarzen Lochs. Man sieht den dunklen Schatten des Schwerkraftgiganten, umgeben vom hellen Lichtring des Ereignishorizonts. © Event Horizon Telescope Collaboration

Das erste Foto

Im Jahr 2019 gelingt es dem internationalen Team des Event-Horizon-Teleskopverbunds erstmals, ein Schwarzes Loch im Foto einzufangen. „Erst mit dem direkten Bild eines supermassereichen schwarzen Lochs im Kern der elliptischen Riesengalerie Messier 87 ist die Existenz von schwarzen Löchern allgemein als bewiesen anzusehen“, sagt Lotte Mertens. Im Mai 2022 folgt das erste Foto von Sagittarius A*, dem Schwarzen Loch im Zentrum unserer Milchstraße, im August 2022 gelingt es einem Astronomenteam, erstmals den schon von Albert Einstein beschrieben Photonenring des Schwarzen Lochs M87* sichtbar zu machen.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Schwarze Löcher: Kein Entrinnen?
Der Hawking-Strahlung auf der Spur

Alles verschlingende Objekte
Von "Dunklen Sternen" zur Singularität

Schwarzschild, Kerr und M87*
Von der theoretischen Beschreibung zum ersten Foto

Quantenfluktuationen am Ereignishorizont
Das Phänomen der Hawking-Strahlung

Teilchenketten statt Ereignishorizont
Suche nach der Hawking-Strahlung im Labor

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