Anzeige
Phänomene

Mozart oder Madonna?

Schöne Musik

Es war bestimmt kein einfaches Konzert, das Johann Sebastian Bach seinen Zuhörern mit der „Kunst der Fuge“ zumutete. Ähnlich irritierend wie ein abstraktes Gemälde gegenüber realistischen Darstellungen wirkt, mag diese neue Musik gewirkt haben, in der nicht der Inhalt, sondern vielmehr die Mathematik durch genau definierte Intervalle und geometrische Ordnungen im Vordergrund stand. Auch Pythagoras hatte bereits den Zusammenhang von Musik und Geometrie erkannt, als er eine Saite um genau die Hälfte verkürzte und auf diese Weise einen Ton erzeugte, der eine Oktave höher lag.

Partitur © IMSI MasterClips

Musik bleibt nicht ohne Wirkung – bestimmte Musik lässt Pflanzen besser wachsen und regt die Milchproduktion bei Kühen an. Im Vergleich zu visuellen Eindrücken beeinflusst sie beim Menschen das vegetative Nervensystem stärker und spricht daher viel eher Emotionen und Erinnerungen an. Tatsächlich werden durch Musik jene Teile im Emotionssystem des Gehirns stimuliert, die auch von Sex oder einem guten Essen angeregt werden. Bestimmte Musik, die bei jedem Menschen verschieden ist, kann also Glücksgefühle auslösen und einen Schauer über den Rücken laufen lassen.

Während der evolutionäre Sinn eines angenehmen Gefühls bei der Nahrungsaufnahme oder der Fortpflanzung auf der Hand liegt, bleibt allerdings noch ungeklärt, welchen Vorteil das Hören von Musik bietet. Die Musiktherapie geht davon aus, dass bestimmte Musik dabei hilft, unterdrückte Emotionen freizusetzen und somit positiv auf das psychische Wohlbefinden wirken.

Auch wenn jeder einen anderen Musikgeschmack hat – einige Gemeinsamkeiten bei der Beurteilung der Ästhetik eines Tons gibt es doch. So wird zum Beispiel ein reiner Sinuston zunächst als schön, dann aber zunehmend als langweilig empfunden. In der Regel erzeugt sowieso kein Instrument einen reinen Sinuston ohne Oberschwingung. Sobald die Frequenzen dieser Obertöne ganzzahlige Vielfache der Grundtonfrequenz sind, wird der Ton als harmonisch, als schön empfunden. Ein Zweiklang gilt dann als schön, wenn das Verhältnis beider Frequenzen dem zweier nicht zu großer natürlicher Zahlen entspricht.

Bei der Beurteilung der Schönheit eines bestimmten Rhythmus spielt vielleicht eine embryonale Konditionierung auf den Herzschlag der Mutter eine Rolle, der dann als schön empfunden wird. So können Säuglinge beruhigt werden, indem man ihnen den Herzrhythmus der eigenen Mutter vorspielt. Ganz allgemein gibt es Rhythmen, die eher beruhigen und solche, die anregend wirken – und zwar kulturübergreifend auf der ganzen Welt. In beinahe allen Völkern wurden Rhythmen zur Koordinierung von Arbeitsleistungen und der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls eingesetzt.

Anzeige

Wenn Techno-Jünger sich mithilfe eintöniger Rhythmen in Trance tanzen, wissen sie vermutlich nicht, dass die veränderten Bewusstseinszustände auf eine ähnliche Weise hervorgerufen werden wie epileptische Anfälle. Die einförmige Musik setzt mit wiederholtem Reiz Neuronen in Schwingung – durch Resonanzwirkung geraten immer mehr Neuronenkreise in eine gleichförmige Schwingung, wie bei einem Anfall.

Ob ein bestimmtes Geräusch als angenehm oder störend empfunden wird, hängt vor allem mit seiner Beschaffenheit zusammen. So werden künstlich erzeugte Geräusche in einer natürlichen Umgebung als störend empfunden, etwa der Motor eines Autos im Wald. Das Rauschen eines Baches dagegen wirkt – selbst wenn seine Lautstärke die des Autos übertrifft – eher angenehm. Ein gewisser Hintergrundlärm ist sogar nötig, damit wir uns wohl fühlen. Der Aufenthalt in einem schallisolierten Raum, in dem eine unnatürliche Stille herrscht, wird als erdrückend und beklemmend empfunden.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. 10
  22. |
  23. weiter


Stand: 01.07.2005

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Schönheit
Symmetrie, Kindchenschema und Proportionen

Wettstreit der Göttinnen
Warum wollen wir überhaupt schön sein?

Voll normal
Ist Durchschnitt Trumpf?

Spieglein, Spieglein an der Wand...
Symmetrie und Kindchenschema

Mehr Geld, mehr Sex, mehr Freunde
Schöne haben's leichter

Twiggy oder Rubensfrau
Schönheit im Wandel der Zeit

Lippenteller gefällig?
Der gemeinsame Nenner der Schönheit

Es grünt so grün
Welche Landschaft ist schön?

Mozart oder Madonna?
Schöne Musik

Starb Napoleon an der Farbe Grün?
Farben und ihre Wirkung

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

News zum Thema

keine News verknüpft

Dossiers zum Thema

Duft - Von der Nase ins Gehirn

Schneekristall

Symmetrie - Geheimnisvolle Formensprache der Natur