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Geologie/physische Geographie

Magma, Dampf und Korrosion

Was die Krafla-Bohrung verraten hat

Die erste Bohrung in den aktiven Island-Vulkan Krafla im Jahr 2009 musste wegen eindringendem Magma gestoppt werden. Glücklicherweise löste dies aber keinen Ausbruch aus. Stattdessen gelang es dem Team des Iceland Deep Drilling Projects (IDDP) um Gudmundur Fridleifsson, das Bohrloch zumindest einige Jahre offenzuhalten und erste Messungen am Bohrloch durchzuführen.

„Der Magma-Einstrom unterbrach zwar unser Projekt, bot uns aber die einzigartige Chance , ein so heißes System als Energiequelle zu testen“, sagt IDDP-Mitglied Wilfred Elders.

Testbohrung IDDP-1 mit Dampf
Dampf über dem Bohrloch IDDP-1 bei geothermischen Tests. © Bjarni Palssen / NSF

Günstige Bedingungen für Vulkan-Geothermie

Die Krafla-Bohrung war bis in den oberen Teil einer überraschend oberflächennahen Magmakammer vorgestoßen. Dies zeigte, dass die ersten Magmareservoire des Krafla-Vulkans schon in nur 2,1 Kilometer statt wie zuvor angenommen in rund vier Kilometer Tiefe beginnen. Für geothermische Bohrungen ist dies sehr günstig, denn es ist dadurch entsprechend einfacher, in die Nähe dieser Hitzereservoire zu kommen. „Es gibt wenig andere Fälle, wenn überhaupt, in denen silikatreiches Magma so dicht unter der Oberfläche liegt“, erklärt der Geologe John Eichelberger von der University of Alaska in Fairbanks.

Die Messungen und die Proben der im Bohrloch erstarrten Lava legten zudem nahe, dass das Magma im vulkanischen Reservoir der Krafla nur langsam auskristallisiert und selbst im kühlsten oberen Teil der Magmakammer kaum Kristalle enthält. Das bedeutet: „Konvektionsströmungen ersetzen das Magma nahe dem Kammerdach kontinuierlich durch nicht abgekühltes, heißeres Magma aus den Tiefen des Reservoirs“, so Eichelberger und seine Kollegen.

Überhitzter Wasserdampf mit hoher Energiedichte

Für die geothermische Nutzung tiefer Bohrungen ist das eine gute Nachricht. Denn eine solche intensive Konvektion stellt sicher, dass auch die ständige Abfuhr von Wärme durch das eingeleitete Wasser diese Wärmequelle nicht abkühlt. Dies bestätigte sich auch in den geothermischen Strömungstests: Über mehrere Monate hinweg lieferte das Krafla-Bohrloch überhitzten Wasserdampf, der mit rund 450 Grad und 140 Bar Druck aus dem Bohrkopf austrat. Eine Abnahme der Hitze war während der Testlaufzeit nicht feststellbar.

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„Wir waren uns nicht sicher, ob sich dieser Dampfstrom aufrechterhalten ließe. Aber es klappte für längere Zeit. Es sah nach einem nachhaltigen System aus“, berichtet Fridleifsson. Den Berechnungen des IDDP-Teams zufolge würde dieser Wasserdampf siebenmal mehr Energie liefern als die normalen, nur gut tausend Meter tiefen Brunnen der isländischen Geothermie-Kraftwerke. Damit bestätigten diese ersten Messungen die Hoffnung, dass sich in aktiven Vulkangebieten auch überkritischer Wasserdampf zur geothermischen Energiegewinnung erzeugen lässt – theoretisch.

Korrosion macht Probleme

Allerdings zeigte die erste Krafla-Bohrung auch einige zuvor nicht berücksichtigte Probleme einer solchen tiefen Vulkan-Geothermie auf: Der aus dem Bohrloch herausschießende Wasserdampf war zwar heiß und dicht genug, um viel Wärmeenergie zu liefern. Gleichzeitig enthielt er aber auch viele Chlor- und Fluorverbindungen. Sobald der Wasserdampf etwas abkühlte und kondensierte, bildeten sich daraus extrem korrosive Säuren, darunter starke Salzsäure und Flusssäure. Im Dampf enthaltene Silikate fielen beim Nachlassen des Dampfdrucks ebenfalls aus und verstärkten die zerstörerische Wirkung dieses Gemischs.

Geothermie-Leitungen
Wenn der aus dem Untergrund austretende Dampf zu korrosiv ist, kann er die Rohrleitungen und andere Metallbauteile der Geothermie-Anlagen zerstören, hier ein bestehendes Kraftwerk am Krafla-Vulkan. © zysman / GettyImages

Das Problem: Die aggressiven Bestandteile des Wasserdampfs sind nicht nur gefährlich für Menschen, sie zerstören auch die Infrastruktur der Geothermie-Bohrlöcher. Typischerweise bestehen die dafür verwendeten Leitungen aus speziellen Stahllegierungen, die eine hohe Festigkeit besitzen, aber auch anfällig für Korrosion dieser Art sind. Durch chemische Reaktionen wandelt sich das Metall dabei in wenig stabile Oxide, Hydroxide und Sulfide um. Als Folge können die Leitungen und anderen metallischen Bauteile solcher Anlagen porös werden und brechen.

Titan statt Karbonstahl?

Um dies zu verhindern, forschen Wissenschaftler bereits an neuen Legierungen, die die Geothermie-Leitungen widerstandsfähiger machen. Eine solche Legierung mit hohem Titangehalt und Beimischungen von Nickel und Molybdän haben Andri Thorhallsson und Sigrun Karlsdottir von der Universität Islands in Reykjavik vor kurzem getestet. „Titan ist zwar ein relativ teures Material, aber es kann in geothermischen Systemen mit aggressiver Korrosion sehr nützlich sein“, erklärt Thorhallsson.

Bei Tests mit überhitztem, korrosivem Dampf wurde der normaler Karbonstahl schnell zerfressen. Die Titanlegierung jedoch bildete ein dünne, aber gleichmäßige Schicht aus Titandioxid, das sich wie eine Schutzhülle auf das Metall legte. „Unsere Studie zeigte, dass die neuentwickelte Titanlegierung unter keiner der Testbedingungen korrodierte“, berichtet Thorhallsson. Nach Ansicht des Teams zahlen sich die höheren Kosten für solche Materialien demnach aus: Geothermische Anlagen mit dieser Legierung könnten auch unter hochkorrosiven Bedingungen wie am Krafla-Vulkan und in anderen magmatisch aktiven Gebieten lange arbeiten, ohne zerstört zu werden.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Ein Vulkan wird angebohrt
Der isländische Vulkan Krafla, ein Bohrloch und die Geothermie

Energie aus der tiefen Glut
Warum bohrt man einen Vulkan an?

Der erste Versuch
IDDP-Bohrung 1 stößt auf Magma

Magma, Dampf und Korrosion
Was die Krafla-Bohrung verraten hat

Rückkehr zum Krafla-Vulkan
Neue Bohrung in die Magmakammer

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