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Gletscher, Eis und alte Seen

Mars Express und die feuchte Vergangenheit des Mars

Eine Schlüsselrolle für unser heutiges wissen über die „wässrige“ Seite des Mars spielt das Radarinstrument MARSIS (Mars Advanced Radar for Subsurface and Ionospheric Sounding von Mars Express. Seit 20 Jahren liefern seine Messdaten immer wieder spektakuläre Erkenntnisse zu verborgenen Vorkommen von Wasser und Eis auf dem Roten Planeten.

Südpol des Mars
Blick auf einen Teil der Eiskappe am marsianischen Südpol. Das MARSIS-Radarinstrument von Mars Express hat erstmals unter dieses Eis geblickt. © ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)/ CC-by-sa 3.0 IGO

Polares Eis und verborgene Gletscher

Den Anfang machte im Jahr 2005 die erste Durchleuchtung der Eiskappen an den Polen des Roten Planeten. Über die Schichtung und Beschaffenheit dieser kilometerdicken Polkappen war zuvor kaum etwas bekannt. Erst die Radardaten von MARSIS enthüllten, dass sich unter der Oberfläche von Nord- und Südpol des Mars mächtige Wassereisschichten verbergen. Allein das gut 3,7 Kilometer dicke Südpoleis enthält demnach genug Wasser, um den gesamten Planeten elf Meter hoch zu bedecken.

Die frühen Radarmessungen der Raumsonde enthüllten zudem, dass es auch anderswo auf dem Mars Wassereis gibt. Unter anderem spürte MARSIS unter der Oberfläche der nördlichen Tiefebene Chryse Planitia eine 250 Kilometer große Einschlagssenke auf, an deren Grund es dicke Wassereis-Ablagerungen gibt. Seither haben weitere Radardaten von Mars Express und der NASA-Sodne Mars Reconnaissance Orbiter Hinweise auf tausende von gletscherähnlichen Eisvorkommen im marsianischen Untergrund geliefert.

„Wir haben errechnet, dass diese Gletscher 155 Milliarden Kubikmeter Eis enthalten – eine solche Menge würde die gesamte Oberfläche des Mars mit einer 1,1 Meter dicken Eisschicht überziehen“, berichtet Bjørnholt Karlsson von der Universität Kopenhagen. er Rote Planet war damit nicht nur früher wasserreich, selbst heute noch hat er einige Wasserreserven behalten. Sie liegen nur nicht an der Oberfläche, sondern verbergen sich unter ihren schützenden Staubschichten.

Wasser unterm Südpoleis

2018 machten Forscher mithilfe der MARSIS-Daten eine noch spektakulärere Entdeckung: Sie fanden Hinweise auf flüssiges Wasser unter dem Südpol-Eis des Mars. In rund 1,5 Kilometer Tiefe zeigten die Radarmessungen dort eine helle Schicht, die auf die Präsenz von flüssigem Wasser hindeutete. „Die hohe Leitfähigkeit dieses hellen Gebiets deutet darauf hin, dass dort wassergesättigtes Material oder Schichten flüssigen Wassers vorhanden sein müssen“, berichteten Roberto Orosei vom Nationalen Institut für Astrophysik in Bologna und sein Team.

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Ähnlich wie bei den subglazialen Seen der Antarktis oder Grönlands könnte dieses Marswasser durch den hohen Druck des auflastenden Eises und durch gelöste Salze flüssig bleiben. „Wir finden es plausibel, dass es an der Basis dieses Eises eine Schicht von flüssiger Perchlorat-Lauge gibt“, sagen Orosei und seine Kollegen. Denn Perchlorat und andere Salze wurden auch an anderen Stellen der Marsoberfläche schon nachgewiesen.

Radarquerschnitt
Radarquerschnitt durch den geschichteten Untergrund in der Südpol-Region des Mars. DIe hellen Zonen nahe der Basis könnten von flüssigem Wasser stammen. © ESA/NASA/JPL/ASI/Univ. Rome; R. Orosei et al 2018

Subglaziale Seenlandschaft oder doch bloß feuchter Ton?

2020 lieferte die Auswertung weiterer MARSIS-Daten Indizien dafür, dass unter dem Südpoleis sogar ein subglazialer See existieren könnte. „Das Gebiet ist durch einen großen Wasserkörper gekennzeichnet, der von kleineren Wassertümpeln oder Feuchtgebieten umgeben ist“, berichtete lena Pettinelli von der Universität Roma Tre. Für den zentralen See ermittelte sie einen Durchmesser von 20 mal 30 Kilometern.

Schon ein Jahr später weckten allerdings Laborversuche und weitere Analysen Zweifel an dieser südpolaren Seenlandschaft. Denn quellfähige Schichtsilikate, sogenannte Smektite, erzeugen eine ganz ähnliche Radarsignatur wie flüssiges Wasser, wie ein Team um Jeffrey Plaut vom Jet Propulsion Laboratory der NASA feststellte. Zudem traten einige ganz ähnliche Radsignaturen nicht nur an der Basis des Südpoleises auf, sondern auch näher an der Oberfläche.

Welche Erklärung stimmt und was sich tatsächlich unter den mächtigen Schichten der marsianischen Polkappe verbirgt, ist noch offen. „Die ursprüngliche Studie konnte nicht beweisen, dass es sich um Wasser handelt, und unsere neuen Studien können auch nicht eindeutig belegen, dass es nicht dort ist“, konstatiert Plaut. Hier seien weitere Untersuchungen gefragt.

Der letzte See des Mars

Wesentlich eindeutiger war dagegen ein Fund, zu dem die hochaufgelöste HRSC-Kamera des Mars Express entscheidend beigetragen hat: 2015 entdeckten Planetenforscher einen der letzten echten Seen des Mars. Er lag in einer 35 Kilometer weiten Senke im kraterdurchsetzten Hochland nahe der Ebene Meridiani Planum und existierte wahrscheinlich bis vor rund 3,6 Milliarden Jahren – er überdauerte damit noch nach dem Ende der feuchtwarmen Periode des Mars. „Wir können ziemlich sicher sein, dass dies einer der letzten größeren Seen auf dem Mars gewesen sein muss“, sagt Brian Hynek von der University of Colorado in Boulder.

Durch das sich wandelnde Klima sank der Pegel in diesem urzeitlichen Marssee allmählich immer weiter ab, bis er dann schließlich austrocknete. Ablesen lässt sich dies an Ablagerungen am Rand der Senke, die auf unterschiedliche Wasserstände schließen lassen. Am Grund des einstigen Sees existiert zudem eine 1,5 Meter dicke Schicht aus Salzen, wie sie typischerweise bei der Verdunstung von salzigem oder brackigem Wasser zurückbleiben.

Die Aufnahmen und Messdaten von Mars Express haben auch anderswo Spuren einstiger Seen und Flüsse auf de Roten Planeten aufgedeckt. Zusammen haben diese Erkenntnisse wertvolle Einblicke in die feuchte Vergangenheit unseres Nachbarplaneten geliefert.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

20 Jahre Mars Express
Die europäische Marssonde und ihre Highlights

Im Doppelpack zum Mars
Missionsbeginn mit Hindernissen

Das fliegende Auge
Die Kamera HRSC und ihre "Lupe"

Supervulkane und Himmelslichter
Die "feurigen" Highlights der Mission

Gletscher, Eis und alte Seen
Mars Express und die feuchte Vergangenheit des Mars

Das Geheimnis des Phobos
Was Mars Express über den Marsmond verraten hat

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