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Astronomie/Kosmologie

Der Supernova-Schock

Beschleunigte Expansion und Dunkle Energie

Es kam alles anders als erwartet: Als Saul Perlmutter von der University of California und sein Team vom Supernova Cosmological Project Anfang der 1990er Jahre ihr Langzeitprojekt begannen, war das Bild des Kosmos noch ziemlich einfach: Es gab zwar neben der normalen Materie noch die Dunkle Materie. Aber ansonsten regierten die schon unter anderem von Einstein postulierten Grundgesetze der Physik.

Edwin Hubble entdeckte die kosmische Expansion, indem er die Rotverschiebung verschieden weit entfernter Galaxien verglich. © NASA/ESA, STScI/AURA - Hubble Collaboration

Schrumpfender Luftballon oder ewige Expansion?

Nach gängiger Annahme war die Gravitation dabei eine der prägenden Kräfte im Universum. Die Schwerkraft der Materie beeinflusst das Verhalten aller Himmelskörper, bestimmt aber auch, wie sich der Kosmos entwickelt – und wie stark er sich ausdehnt. Schon 1929 hatte der US-Astronom Edwin Hubble die kosmische Expansion entdeckt, indem er die Rotverschiebung unterschiedlich weit entfernter Galaxien verglich. Über die Expansionsrate des Universums lässt sich seither ermitteln, wann alles begann – wann der Urknall stattfand.

Die Zukunft des Universums aber war zu Beginn von Perlmutters Projekt noch offen: Man ging zwar davon aus, dass die gegenseitige Anziehung der Materie im Laufe der Zeit die Ausdehnung verlangsamt. Aber wie stark war dieser Effekt? Reicht er aus um die Expansion irgendwann einmal ganz zu stoppen? Wird sich das Universum dann vielleicht sogar wieder zusammenziehen, wie ein Luftballon, dem Luft entweicht? Oder ist die Schwerkraftwirkung der Materie dafür doch zu schwach und das Universum wird sich ewig weiter ausdehnen?

Supernova Typ IA: ein Weißer Zwerg saugt seinem Partner so lange Materie ab, bis er eine Massengrenze überschreitet und explodiert. © NASA

Supernovae als Expansions-Anzeiger

Diese Fragen wollten Perlmutters Team und eine zweite Forschergruppe um Brian Schmidt von der Australian National University und Adam Riess von der Johns Hopkins University im High-z Supernova Search Team beantworten. Ihr Ansatz dabei: Sie fahndeten im Universum nach einem bestimmten Typ der Sternexplosion, der sogenannten Supernova Typ 1a. Deren helles Licht ist selbst im fernen Kosmos noch gut auszumachen, zudem ermöglicht ihre standardisierte Leuchtkraft auch Rückschlüsse darauf, wie schnell sich diese kosmischen Kerzen von uns entfernen. Das wiederum liefert Hinweise darauf, ob und wie sich die Expansion in den letzten Milliarden Jahren verändert hat.

Das 1998 vorgestellte Ergebnis war ein echter Schock: Die Expansion des Universum hatte sich im Laufe der Zeit gar nicht verlangsamt, wie die Kosmologen es bisher fest angenommen hatten. Stattdessen dehnte sich der Kosmos seit rund sechs Milliarden Jahren sogar schneller aus als zuvor. Wie war dies zu erklären? Das widersprach nicht nur gängiger Theorie, es stellte auch alles auf den Kopf, was man über die Gravitation und ihre Wirkungen zu wissen glaubte.

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Vor rund sechs Milliarden Jahren begann sich die Expansion zu beschleunigen. © Ann Feild (STScI)

Geheimnisvoller Gegenspieler

Ganz offensichtlich gibt es neben der Schwerkraft noch etwas anderes, einen Gegenspieler, der in den Verlauf der kosmischen Geschichte eingreift. Diese Kraft muss der Gravitation entgegenwirken und die anziehende Wirkung der Materie ausgleichen – und dies umso mehr, je älter und größer der Kosmos wird. Vor rund sechs Milliarden Jahren gewann dann diese geheimnisvolle Energie sogar die Oberhand über die Gravitation. Seither dehnt sich unser Universum immer schneller aus.

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Nadja Podbregar
Stand: 02.05.2014

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Dunkle Energie
Auf der Suche nach der geheimnisvollen Triebkraft des Universums

Das Eigentliche ist unsichtbar
Die Dunkle Seite unseres Universums

Der Supernova-Schock
Beschleunigte Expansion und Dunkle Energie

Überall und immerzu
Die seltsamen Eigenheiten der Dunklen Energie

Galaxiencluster und eine Kamera
Was der Dark Energy Survey über die Dunkle Energie verraten könnte

Ist der leere Raum voll?
Dunkle Energie als Quantenfluktuationen im Vakuum

Ein exotisches Feld
Was die Quintessenz-Modelle mit dem Higgs zu tun haben

Alles nur Illusion?
Warum es einigen Hypothesen nach gar keine Dunkle Energie geben muss

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Quantenvakuum als Dunkle Energie?
Fluktuationen im scheinbar leeren All könnten die Triebkraft für die Expansion des Universums erklären

Physik-Nobelpreis für sich schneller ausdehnendes All
Auszeichnung an drei Astrophysiker für ersten Nachweis mittels Supernova-Explosionen

Kosmos: Dunkle Energie statt leere Blase
Neu berechnete Hubble-Konstante stärkt Dunkle Energie als Triebkraft der Ausdehnung

Röntgenteleskop soll Dunkle Energie im All aufspüren
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