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Astronomie

Kosmos: Dunkle Energie statt leere Blase

Neu berechnete Hubble-Konstante stärkt Dunkle Energie als Triebkraft der Ausdehnung

Cepheiden in der Spiralgalaxie NGC 5584 © NASA, ESA, and L. Frattare (STScI)

Mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble ist Astronomen die bisher genaueste Berechnung der so genannten Hubble Konstante, der Ausdehnungsrate des Universums, gelungen. Der mit einer Unsicherheit von nur noch 3,3 Prozent als 73,8 Kilometer pro Sekunde und Megaparsec ermittelte Wert schränkt die Theorien zu Auslösern dieser Expansion weiter ein und macht die so genannte Blasentheorie äußerst unwahrscheinlich. Die Existenz der Dunklen Energie als treibender Kraft der Ausdehnung wird dagegen wahrscheinlicher.

Das Universum dehnt sich aus – und dies immer schneller. Warum das so ist, darüber streiten sich die Wissenschaftler seit fast hundert Jahren. Albert Einstein postulierte eine „kosmologische Konstante“, die der Schwerkraft entgegen wirkt und für die gegenseitige Abstoßung von Galaxien und anderen Materieansammlungen sorgt. Welcher Art diese Konstante sein könnte, wusste er nicht. Erst 1998 prägte der amerikanische Astrophysiker Michael Turner dafür den Begriff der „Dunklen Energie“, einer Art Vakuumenergie noch unbekannter Beschaffenheit.

Dunkle Energie oder leere Blase?

Heute geht die Mehrheit der Astrophysiker von der Existenz der Dunklen Energie auch, auch wenn es keinerlei experimentelle Belege dafür gibt. Es gibt jedoch auch eine Alternativtheorie, nach der unsere galaktische Nachbarschaft von einer enormen, acht Milliarden Lichtjahre großen Blase von relativer Leere umgeben ist. Wenn wir wie angenommen im Zentrum dieser Blase leben würden, dann könnte sie die beschleunigte Ausdehnung des Universums – gemessen an weit entfernten Galaxien – nur vortäuschen.

Für die meisten Astrophysiker ist dies eine reichlich unwahrscheinliche Theorie. „Der problematischste Teil der Blasentheorie ist, dass sie uns sehr nahe an diese leere Region im All versetzt”, erklärt Lucas Macri von der Texas A&M University. „Das hat eine Wahrscheinlichkeit von eins zu einer Million. Aber da wir wissen, dass irgendetwas Seltsames das Universum auszudehnen scheint, ist es besser, hier den Daten zu folgen.“

Kosmologische Konstante genauer bestimmt

Und genau diese Daten hat jetzt das Hubble Weltraumteleskop geliefert. Denn mit seiner Hilfe gelang es einem internationalen Astronomenteam, die so genannte Hubble-Konstante, die Ausdehnungsrate des Universums, genauer als bisher zu bestimmen und damit auch die möglichen Ursachen für die Ausdehnung des Universums stärker einzugrenzen. Der in der nächsten Ausgabe des „Astrophysical Journal“ veröffentlichte neue Wert liegt deutlich über dem für die Blasentheorie postulierten und macht sie damit noch unwahrscheinlicher als ohnehin schon.

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Für ihre Studie visierten die Forscher acht Galaxien, darunter die 72 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernte Spiralgalaxie NGC 5584, mit Hilfe der Hubble Wide Field Camera 3 an. In den Galaxien analysierten die Astronomen mehr als 600 Cepheiden, regelmäßig ihre Helligkeit verändernde Sterne. Da die Rate ihrer Pulse eng mit ihrer Helligkeit verknüpft ist, eignen sie sich gut, um Entfernungen zu relativ nahe liegenden Galaxien zu messen. Diese Entfernungsanzeiger verglichen die Astronomen dann mit Supernovae von Typ 1a, besonders hell leuchtenden Sternenexplosionen in weit entfernten Galaxien. Diese Messungen ermöglichten es ihnen, den Wert der kosmologischen Konstante genauer als bisher zu kalkulieren.

Höhe der Konstante spricht gegen Blasentheorie

„Wir nutzen die neue Hubble-Kamera wie ein Polizist seine Radarpistole, um das Universum beim Beschleunigen zu erwischen“, erklärt Adam Riess vom Space Telescope Science Institute (STScI) und Leiter der Studie. „Es sieht nun mehr und mehr so aus, als wenn es die Dunkle Energie ist, die das Gaspedal tritt.“ Die Messungen setzten die Rate der derzeitigen Ausdehnung des Universums auf H0 = 73.8 ± 2,4 km s−1 Mpc−1 fest und dies mit einer Unsicherheit von nur noch 3,3 Prozent. Dies reduziert die bisherigen, auf Messungen von 2009 beruhenden Fehlerbreiten um 30 Prozent. Da die Blasentheorie von einer Konstanten von rund 60 ausgeht, spricht dieses Ergebnis gegen sie.

„Thomas Edison sagte einst: ‚Jeder falsche Versuch, der verworfen wird, ist ein Schritt vorwärts‘ und genau dieses Prinzip prägt auch bis heute, wie Wissenschaftler die Geheimnisse des Kosmos angehen“, erklärt Jon Morse, Leiter der astrophysikalischen Abteilung der NASA. „Indem wir die Blasentheorie der Expansion widerlegen, bringen uns NASA-Missionen wie Hubble näher an das Ziel, diese bemerkenswerte Eigenschaft unseres Universums besser zu verstehen.“

(NASA / STScI, 16.03.2011 – NPO)

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