Der „Feinbau des Lebens“ besteht aus einer unendlichen Vielfalt aus Molekülen. Das Verständnis dieser Varianz wird erst möglich, wenn man ihre einzelnen Strukturen kennt. Doch noch birgt die Architektur von Molekülen viele Geheimnisse. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur genaueren Erforschung des Aufbaus von Molekülen ist jetzt einem deutschen Forscherteam gelungen.
Die Physiker um Ernst Fill und Professor Ferenc Krausz von der Universität München und vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik verwendeten dafür eine Kombination aus kurzen Licht- und Elektronenpulsen. Damit konnten sie zum ersten Mal zeitaufgelöste Beugungsbilder von kurzzeitig ausgerichteten Molekülen aufzeichnen.
Mit Hilfe von Femtosekunden-Laserpulsen richteten die Wissenschaftler Moleküle extrem kurzfristig aus. Die Ausrichtung wiesen die Forscher anschließend mittels Elektronenbeugung nach. Die Methode ist wegweisend für zukünftige Erforschung von Molekülen, berichten die Physiker im Fachmagazin „Physical Review Letters“.
Beugungsbilder liefern Informationen über Molekülaufbau
Als im Jahr 1927 experimentell bewiesen war, dass Elektronen eine Wellennatur besitzen, erlangten die negativ geladenen Teilchen schnell elementare Bedeutung für die Strukturanalyse von Festkörpern und Molekülen. Denn bei der Streuung von Elektronen an Molekülen in der Gasphase entstehen Beugungsbilder.
Aus den Bildern werden Informationen über den Aufbau der Moleküle gewonnen, wie etwa über die Abstände der Atome untereinander. Theoretisch wurde bereits vorausgesagt, dass aus Beugungsbildern ausgerichteter Moleküle, zusätzlich zu den Atomabständen, auch Informationen über ihre dreidimensionale Struktur gewonnen werden kann.
Aufklärung der Strukturen großer Moleküle
Die Ausrichtung von Molekülen kann mit Laserpulsen bewerkstelligt werden. Verantwortlich für eine Orientierung sind die elektrischen und magnetischen Felder der Lichtpulse. Durch die extreme Kürze erlangen die Felder der Pulse eine enorme Intensität und damit Einfluss auf die Teilchen.
Beugungsbilder von zuvor durch Licht ausgerichteten einfachen Molekülen könnten den Weg hin zur Aufklärung dreidimensionaler Strukturen großer Moleküle erschließen. Diese Kombination ist nun erstmals Wissenschaftlern vom Laboratorium für Attosekundenphysik gelungen. Sie haben die lichtgesteuerte Ausrichtung einfach aufgebauter Moleküle – Diiodotetrafluoroethan – mittels zeitaufgelöster Elektronenbeugung sichtbar gemacht.
Laser spaltet Moleküle auf
Für ihr Experiment verwendeten die Physiker die Laserpulse, um Moleküle richtiger Orientierung auszuwählen. Dazu spalteten die Quantenoptiker mit einem linear polarisierten Laserpuls einen Teil der Moleküle auf. Der Lichtpuls trennt vom Ausgangsmolekül ein Atom ab. Diese Reaktion verläuft vor allem bei Molekülen, die in der richtigen Orientierung bezüglich der Laserpolarisation liegen. Die Produkte dieser Aufspaltung sind also direkt nach dem Durchgang des Laserpulses ausgerichtet.
Den Vorgang beobachteten die Physiker mit Hilfe der Anrege-Abfrage-Technik. Hierbei wird die Verzögerung zwischen den zuerst auf die Probe auftreffenden, die Reaktion einleitenden Laserpulsen und den anschließend aufzeichnenden Elektronenpulsen variiert. Die Wissenschaftler beobachteten, wie sich die Moleküle reorientierten, wie also die erzeugte molekulare Ausrichtung nach der Anregung wieder verloren ging. Der anregende Laserpuls in dem Experiment war dabei etwa hundert Femtosekunden lang. Die darauf folgenden Elektronenpulse dauerten einige wenige Pikosekunden (eine Femtosekunde ist ein Millionstel einer Milliardstel Sekunde, eine Pikosekunde dauert tausend Mal länger).
Schnelle Vorgänge im Mikrokosmos des Lebens sichtbar machen
Mit ihrem Experiment haben die Physiker um Fill und Krausz zum ersten Mal die Möglichkeit aufgezeigt, dass Beugungsbilder von ausgerichteten Molekülen in der Gasphase erstellt werden können. Die Ergebnisse sind ein erster Schritt, um Molekülstrukturen künftig dreidimensional mit Elektronenbeugung darzustellen.
Dazu wird nun in weiteren Schritten die zeitliche Auflösung verbessert, indem man die aufzeichnenden Elektronenpulse vom Picosekunden- in den Femtosekundenbereich verkürzt. Ähnlich zu sehr kurzen Verschlusszeiten in der konventionellen Fotografie wäre man dann in der Lage, schnelle Vorgänge im Mikrokosmos des Lebens sichtbar werden zu lassen.
(idw – Max-Planck-Institut für Quantenoptik, 02.06.2009 – DLO)