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Klima

Klimaschutz: Kaution gegen Trittbrettfahrer?

Vorkasse statt Betrafungsmaßnahmen im Nachhinein für Klimasünder

Internationale Vereinbarungen wie das Kyoto-Protokoll kranken an ihrer Umsetzung, denn wer nichts tut, wird bisher nicht bestraft. Jetzt haben Ökonomen im „Journal of Public Economics“ eine elegante Methode vorgestellt, wie man „Trittbrettfahrer“ verhindern könnte. Ihr Ansatz: Eine Art Kaution, zahlbar direkt bei Abschluss der Vereinbarung könnte die nötigen Anreize schaffen. Zahlt auch nur ein Akteur nicht, so bekommen alle ihre Einlagen zurück, und niemand hat etwas verloren.

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Klimaschutz: Sollen die anderen mal machen

„Trittbrettfahren“ ist zwar keine nette Strategie, aber eine ziemlich verlockende – gerade wenn es um öffentliche Güter wie das Klima geht: Es reicht ja, wenn von 100 Ländern nur 99 ihre Treibhausgasproduktion zurückschrauben. Der Trittbrettfahrer, der nur groß tönt, sich aber in Wirklichkeit gar nicht anstrengt und demnach auch keine Kosten hat, profitiert dennoch: Er bekommt gesundes Klima quasi zum Nulltarif.

Leider unterminiert so ein Verhalten auch die Bereitschaft der Anderen, sich ins Zeug legen: Niemand möchte gerne der Dumme sein, der als einziger schuftet. „Das Problem ist nur schwer in den Griff zu bekommen“, erklärt der Bonner Ökonom Philipp C. Wichardt. „Trittbrettfahrer gehen kein wirkliches Risiko ein: Schließlich existiert keine Weltregierung, die mangelnden Eifer bei der Umsetzung der Klimaziele bestrafen könnte.“

Vorkasse entlarvt Trittbrettfahrer

Zusammen mit seiner Hamburger Kollegin Professor Anke Gerber präsentiert Wichardt im Journal of Public Economics eine elegante Lösungsstrategie: Demnach sollen die Akteure im ersten Schritt eine Art Kaution an eine neutrale Institution wie die Weltbank zahlen. Damit signalisieren sie für alle sichtbar ihre Bereitschaft, die angestrebten Ziele wirklich zu erreichen.

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„Trittbrettfahrer haben in diesem Szenario keine Chance“, sagt Philipp Wichardt: „Sie entlarven sich direkt, weil sie die Kaution nicht zahlen. In diesem Fall bekommen aber alle anderen Akteure ihr Geld ebenfalls zurück und die Vereinbarung tritt gar nicht erst in Kraft. Damit wäre dann zwar noch nichts erreicht; aber es muss auch niemand fürchten, von den anderen ausgenutzt zu werden.“

Zentralinstitution überflüssig

Sobald alle die geforderte Kaution gezahlt haben gilt: Nur wer seine Ankündigungen nach einer zuvor vereinbarten Frist wirklich umgesetzt hat, bekommt diesen Geldbetrag zurück. „Im Idealfall sollte die Kaution so hoch sein, dass sie die bei der Umsetzung der Ziele anfallenden Kosten abdeckt“, erklärt Wichardt. In ihrem Paper haben die beiden Wissenschaftler theoretisch durchgespielt, was dann passiert: „Sobald alle Länder die Kaution gezahlt haben, gibt es für jedes von ihnen nur noch eine einzige sinnvolle Strategie: Nämlich mit aller Macht zu versuchen, die Vereinbarung einzuhalten.“

Der Vorschlag hat den Vorteil, dass keine mächtige Institution nötig ist, um Druck auf die Akteure auszuüben: Diese bestrafen sich ja gewissermaßen bereits im Vorfeld selbst, und zwar freiwillig. Die Bereitschaft der Vertragspartner, sich durch die Zahlung etlicher Milliarden freiwillig zu knebeln, dürfte freilich gering sein. Das ist auch den beiden Ökonomen bewusst. Allerdings gehen sie davon aus, dass selbst geringere Beträge von einigen hundert Millionen Dollar ihre Wirkung entfalten würden: Niemand wolle für seine mangelnden Anstrengungen derart offensichtlich bestraft werden.

Ob die Implementation eines solchen Mechanismus tatsächlich möglich ist, können und wollen die Autoren dennoch nicht beurteilen. Philipp Wichardt: „Aus ökonomischer Perspektive sollte man aber zumindest ausloten, was in dieser Hinsicht politisch machbar ist.“

(Universität Bonn, 04.11.2008 – NPO)

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