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Medizin

Helicobacter pylori als Januskopf

Bakterium bedroht den Magen, aber schützt vor Hautausschlägen

Magenbakterium Helicobacter pylori © www.dieaktivisten.de

Das Bakterium Helicobacter pylori gilt als der Auslöser von Magengeschwüren und Magenkrebs. Jetzt aber haben Leipziger Forscher auch eine gute Seite an dem Allerweltskeim entdeckt: Kinder, deren Verdauungstrakt mit Helicobakter infiziert war, erkrankten deutlich seltener an allerigschne Hautausschlägen.

Die jetzt in der Fachzeitschrift Zeitschrift „Journal of Epidemiology & Community Health“ veröffentlichte Studie basiert auf Untersuchungen von jeweils rund 3.000 Leipziger Schülern in den Jahren 1998 und 2000. Bei ihnen wurde über die Atemluft das Vorhandensein des Magenkeimes Helicobacter pylori getestet, eines Erregers, der zu Gastritis, Magengeschwüren und Magenkrebs führen kann. Gleichzeitig füllten die Eltern Fragebögen aus, in dem es um Angaben zur Lebensgewohnheiten der Familie ging.

Befall des Verdauungstrakts verringert Ekzeme

„Es war schon früher beobachtet worden, das Infektionen und das Auftreten von allergischen Erkrankungen, wie Ekzemen, in Verbindung stehen, nur war unklar, welche Infektionen wirklich Schutz bieten“, erklärt Professor Olf Herbarth, Leiter des Departments Expositionsforschung / Epidemiologie im Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. „Wir konnten belegen, dass eine Helicobacter-pylori-Besiedlung des Magen-Darm-Traktes das Auftreten von Ekzemen auf etwa ein Drittel des Durchschnitts drückt.“ Hat das Bakterium dagegen die Luftwege befallen, gilt das nicht, im Gegenteil: Bei Bronchitis verdoppelt sich sogar die Gefahr, auch an Ekzemen zu erkranken.

Kann man also aus der erwiesenen ekzem-reduzierenden Wirkung des Magenkeims kühn schlussfolgern, dass ein Schlückchen Helicobacter-Cocktail Patienten mit allergischem Ekzem wohltut? Herbarth schüttelt energisch den Kopf: „So simpel funktioniert das nicht, schon wegen der nicht vom Tisch zu wischenden Gefahren, die gleichzeitig von den Keimen ausgehen. Eine klare Unterscheidung, wann Helicobacter pylori vor allem schützend und wann krankheitsausslösend auftritt, ist noch nicht möglich.“

Hygiene: zu viel oder zu wenig?

Dennoch bringt die Aussage weiteren Zündstoff in die derzeit intensiv geführte Diskussion der Hygiene-Hypothese, die verkürzt lautet: Keimfreiheit fördert Allergien. „Die Wissenschaft ist hier zu Neuland aufgebrochen. Zukünftig wird es neue Lösungen geben, beispielsweise über den Einsatz abgetöteter Keime. Aber schon jetzt halte ich vieles für übertrieben und sogar gefährlich. Wer seinem Kind zum Beispiel nicht pasteurisierte Milch gibt, riskiert, dass es auch Keine zu sich nimmt, mit denen nicht mehr zu spaßen ist, die Erreger der Tuberkulose zum Beispiel.“

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Im Jahr 2006 wurde ein Grossteil dieser Schüler – inzwischen Achtklässler – wieder zum Aufblasen der Atemluftbeutel gebeten, um den Verlauf der Besiedelungen, deren Beeinflussung durch den Alltag der jungen Leute und vor allem gesundheitliche Auswirkungen zu erfassen. Vor wenigen Tagen wurde der Aufbau der Datenbank abgeschlossen, in der neben den Ergebnissen der medizinischen Tests knapp 2.000 Fragebögen mit jeweils 1.500 Variablen eingegeben werden mussten. Nun also geht es an die Auswertung. Die ersten neuen Ergebnisse werden Ende des Jahres erwartet.

(Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), 06.09.2007 – NPO)

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