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Materialforschung

Neue „Lösung“ für Papierherstellung

Ionische Flüssigkeiten könnten die Verarbeitung von Zellulose verbessern

Anlieferung von Rohmaterial © DOE/NREL

Zellulose ist ein nachwachsender Rohstoff, der für die Produktion von Verbrauchsgütern eine große Rolle spielt. Doch für ihre Verarbeitung kommen zumeist hochgradig gefährliche und zum Teil giftige Lösungsmittel zum Einsatz. Daher wollen nun Wissenschaftler eine neue Klasse von Lösungsmitteln für die Verspinnung der Zellulose zu Fasern entwickeln. Diese so genannten ionischen Flüssigkeiten haben gegenüber bisherigen Verfahren den großen Vorteil, dass sie nicht verdampfen und deshalb keine explosiven Gasgemische bilden.

„Schon heute wird Zellulose vielfältig genutzt, ob als Rohstoff für die Papierherstellung, in der Bekleidungsindustrie beispielsweise in Form von Viskose sowie als Basis für verschiedenste Verpackungsmaterialien oder als Wärme- und Schalldämmstoff“, erklärt Dr. Annegret Stark vom Institut für Technische Chemie und Umweltchemie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Doch nicht allein ihr Vorhandensein in großer Menge macht Zellulose als Rohstoff für die Industrie interessant. Vielmehr lässt sie sich chemisch so modifizieren, dass sie neue zusätzliche Eigenschaften bekommt und zum Beispiel antibakteriell wirkt.

Explosiv und nicht recyclebar

Dem steht jedoch bislang ein Problem im Wege: Zellulose ist absolut unlöslich in Wasser und den meisten gängigen Lösungsmitteln. Eine gute Löslichkeit ist aber zumeist Voraussetzung für ihre Verarbeitung. Bisher mussten Laborchemiker wie auch industrielle Anwender den Naturstoff Zellulose deshalb in komplizierten Gemischen lösen, die jedoch eine ganze Reihe gravierender Nachteile haben. Sie sind sie zum Beispiel nicht recyclebar und neigen bei hohen Temperaturen zu gefährlichen Verpuffungen.

Deshalb haben Forscher des Instituts für Technische Chemie und Umweltchemie und des Kompetenzzentrums Polysaccharidforschung der Universität Jena sowie der Ostthüringischen Materialprüfgesellschaft für Textil und Kunststoffe mbH in Rudolstadt ein gemeinsames Forschungsprojekt ins Leben gerufen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Forschungsvorhaben in den kommenden anderthalb Jahren mit rund 460.000 Euro. In diesem Projekt wollen die Wissenschaftler eine neue Klasse von Lösungsmitteln, die so genannten ionischen Flüssigkeiten, für die Verspinnung der Zellulose zu Fasern untersuchen.

Neuer Ansatz: ionische Flüssigkeiten

Im Gegensatz zu konventionellen organischen Lösungsmitteln bestehen ionische Flüssigkeiten vollständig aus Ionen. „Es handelt sich um Salze, die bei Raumtemperatur flüssig sind“, so die Chemikerin Stark. Diese haben den großen Vorteil, dass sie nicht verdampfen und deshalb keine explosiven Gasgemische bilden. Neben dem Sicherheitsaspekt haben die Kooperationspartner auch das Recycling der Lösungsmittel nach der Zelluloseverarbeitung im Blick. „Wir wollen einen Prozess etablieren, der sowohl aus ökologischer als auch ökonomischer Sicht effizienter als bestehende Verfahren ist und gleichzeitig Fasern von höherer Reiß– und Schlingenfestigkeit erzielen“, nennt Stark das Projektziel.

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Neben diesen praktischen Vorteilen eröffnet der Einsatz ionischer Flüssigkeiten als Lösungsmittel zur Zelluloseverarbeitung aber auch völlig neue Möglichkeiten der chemischen Modifizierung. So ist mittels ionischer Flüssigkeiten beispielsweise die vollständige Acetylierung der Zellulose möglich. Diese und andere chemische Modifizierungen der Struktur der Zellulose und die damit einhergehenden Änderungen ihrer Eigenschaften erlauben die Herstellung von pharmazeutischen Produkten, Lebensmitteln und Baustoffen.

(idw – Friedrich–Schiller–Universität Jena, 07.05.2007 – AHE)

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