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Biotechnologie

Bakterien besitzen komplexe Immunabwehr

“Wächterprotein” verhindert Aktivierung fremder DNA

Auch Bakterien besitzen ein komplexes Immunsystem. Es erkennt fremde DNA beim Versuch, ihre Zellwand zu durchdringen und wehrt sie ab. Das zeigt eine jetzt in „Science Express“ veröffentlichte Studie amerikanischer Forscher. Die neuen Erkenntnisse tragen zum Verständnis der Evolution von Krankheitserregern bei, könnten aber vor allem auch der Biotechnologie zu gute kommen, da diese gentechnisch modifizierte Bakterien einsetzt, um menschliche Proteine für Medizin und Forschung zu produzieren.

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Wissenschaftler um Ferric Fang, Professor für Mikrobiologie an der Universität von Washington und Kollegen am Sidney Kimmel Cancer Center in San Diego untersuchten, wie Bakterien auf genetische Information aus externen Quellen reagieren. Als Testorganismus dienten ihnen Salmonellen, Krankheitserreger, die schwere Verdauungsstörungen hervorrufen.

Wie die Forscher entdeckten, besitzen Bakterien ein spezielles Protein als „Wächter“ gegen Eindringlinge von außen: Das Protein H-NS erkennt fremde DNA und verhindert, dass sie aktiv wird – ähnlich wie Immunzellen des menschlichen Körpers. Doch dieser Prozess findet nur dann statt, wenn das Bakterium nicht in einem Wirt ist, sondern an der freien Umwelt. Der Grund: Hat der Erreger ein Tier oder einem Menschen infiziert, muss er bestimmte Gene ablesen, die ursprünglich von anderen Organismen stammen und erst nachträglich in sein Erbgut integriert worden sind.

„Indem sie fremde DNA einspannten, konnten die Bakterien, die Typhus, Cholera oder Pest hervorrufen erst zu den gefürchteten Erregern werden, die sie heute sind“, erklärt William Navarre, Hauptautor der Studie. „Diese Forschung gibt uns eine Erklärung dafür, wie sich pathogene Bakterien über Millionen von Jahren entwickelt haben.“

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Adenin und Thymin als „Verräter“

Die neuen Ergebnisse geben den Wissenschaftlern wertvolle Einblicke in die Prozesse, die es den Mikroben erlaubten, sich einerseits vor einer Invasion durch fremde DNA zu schützen, andererseits aber genetische Information aus unterschiedlichen Quellen aufzunehmen, die sie virulenter macht. Offenbar treten dabei andere Biomoleküle gezielt in Konkurrenz zum Abwehrprotein H-NS und hemmen seine Wirkung, so dass Fremdgene abgelesen werden können.

Auch die Frage, wie das H-NS-Protein seine „Gegner“, die Fremd-DNA erkennt, konnten die Forscher anhand ihrer Studie jetzt beantworten. Entscheidend dafür ist offenbar ein erhöhter Gehalt der Basen Adenin und Thymin in der Fremd-DNA. „Ed war lange Zeit ein Rätsel, warum Krankheitserreger normalerweise mehr Adenin und Thymin enthalten als andere“, erklärt Michael McClelland, Leiter des Forschungsprogramms Molekularbiologie am Kimmel Cancer Center. „Jetzt wissen wir, dass es daran liegt, dass solche Sequenzen für das Bakterium leichter zu rekrutieren und zu regulieren sind als andere DNA.“

Größere Ausbeute für Biotech-Branche

Die Forschungsergebnisse könnten auch entscheidende Bedeutung für die Biotechnologiebranche besitzen, da diese Bakterien für die Produktion von rekombinanten Proteinen für Medizin und Forschung einsetzt. Diese Proteine, wie beispielsweise Insulin oder das menschliche Wachstumshormon, werden erzeugt, indem ein Stück menschlicher DNA in das Bakterium eingebaut wird, dieses sich vermehrt und als „Proteinfabrik“ fungiert.

Dabei ist jedoch bisher die Ausbeute der rekombinanten Proteine teilweise relativ gering. Die neuen Ergebnisse deuten daraufhin, dass hier möglicherweise das Abwehrprotein H-NS die Expression des menschlichen „Fremdgens“ im Bakterium hemmt und so die Proteinproduktion drosselt. „Ein besseres Verständnis dieses Systems könnte der Biotech-Industrie helfen, rekombinante Proteine effizienter herzustellen“, so Fang. „So könnten beispielsweise gezielt Bakterien eingesetzt werden, die kein H-NS-Molukül besitzen.“

(University of Washington, 09.06.2006 – AHE)

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