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Geowissen

San Andreas vor dem nächsten „Großen Beben“

Lasermessungen enthüllen nie zuvor gesehene Details der Verwerfung

San Andreas-Verwerfung © Ohio State Universität

Wann kommt das “Große Beben”? Diese Frage beschäftigt Wissenschaftler, aber auch die Anwohner im Bereich der kalifornischen San Andreas-Verwerfung nahezu täglich. Jetzt haben Forscher mithilfe neuer Verfahren erstmals ganz neue Einblicke in den Graben gewonnen und bisher nie gesehene Detailstrukturen enthüllt – das nächste große Beben sicher vorhersagen können sie aber auch damit nicht.

Die Wissenschaftler um Michael Bevis von der Ohio State Universität in Columbus, Ohio, führten die umfangreichste und detaillierteste Untersuchung der Verwerfung durch, die jemals gemacht worden ist. Sie setzten dafür eine Kombination von hochauflösender GPS-Technologie und dem Lasermesssystem LIDAR („light detection and ranging“) ein, die es ihnen ermöglichte, die Oberfläche der San Andreas-Verwerfung mit einer Auflösung von fünf Zentimetern in vertikaler Richtung zu kartieren.

Lasermessung vom Flugzeug aus

Für ihre Lasermessungen flogen die Wissenschaftler mit einer zweimotorigen Cessna und dem LIDAR-Messgerät an Bord zwischen Mai und August 2005 fast tausend Kilometer der Verwerfung ab. „Wir mussten sehr tief fliegen und extr3em genau navigieren um jederzeit zu wissen, wohin der Laser des LIDAR-Instruments zeigte“, berichtet Bevis. Eine klassische fotografische Kartierung wäre zwar erheblich leichter gewesen, aber die Auswertung der Daten dafür umso aufwändiger. „Dies in der traditionellen Methode zu machen hätte Jahre gedauert – allein um die Aufnahmen zu verarbeiten. Wir haben dagegen vorläufige Ergebnisse nach einem Monat und genaue Daten nach einem halben Jahr.“

“Vorher – Nachher” – Vergleich

Die ersten Bilder dieser Studie präsentierten die Forscher am Mittwoch auf der Herbsttagung der Amerikanischen Geophysikalischen Union in San Francisco. Sie stellen jedoch nur die erste Hälfte der gesamten Untersuchung dar, denn die Wissenschaftler wollen nach dem nächsten großen Beben diese „Vorher“-Bilder mit Aufnahmen „Danach“ vergleichen. Und dass das nächste große Beben kommt, ist unstrittig – die Frage ist nur wann.

Wissenschaftler wissen zwar heute mehr oder weniger gut, was sich bei einem Erdbeben im Untergrund abspiele, erklärte der Geophysiker. Doch die Geschehnisse in und nahe einer Verwerfung und wie ein Erdbeben seinen Anfang nimmt, liegen noch relativ im Dunkeln und werden unter Wissenschaftlern heiß diskutiert.

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Verborgene Verwerfungen enthüllt

„Durch diese hochauflösenden Bilder vor und nach einem Beben könnten wir einen Teil dieser Debatten beenden“, so Bevis. Die bisher gemachten Aufnahmen sind sogar so genau, dass sogar die Geländefahrzeuge von Teammitgliedern am Boden ausgemacht werden können, ebenso die entlang der Verwerfung positionierten GPS-Empfänger. Die Messungen decken nicht nur den Hauptgraben ab, sondern auch zahlreiche kleinere, davon abzweigende Verwerfungen.

Die aus den Daten erstellten Karten wollen die Forscher nach und nach ins Internet stellen und so der gesamten Wissenschaftlergemeinschaft zur Verfügung stellen. „Die Leute werden alle möglichen Verwerfungen und andere Strukturen finden, die sie niemals zuvor gesehen haben“, erklärt der Geophysiker. „Oft ist eine Verwerfung sehr versteckt. An einigen Stellen würde man sie selbst direkt darauf stehend nicht erkennen, wenn man nicht gerade ein mit der Gegend sehr vertrauter Geologe ist. In unseren Bildern aber sieht man sie.“

Vorhersage unmöglich?

Die Wissenschaftler erwarten, dass das nächste “Große Beben” – mit Erschütterungen der Magnitude von acht und darüber – von der San Andreas Verwerfung ausgeht. Sie war auch der Auslöser des Erdbebens von San Francisco im Jahr 1906, das einen Großteil der Stadt in Schutt und Asche legte. Wann allerdings das nächste Beben eintreten wird, ist offen.

„So detailliert unsere Studie auch ist, auch sie kann nicht in die Zukunft blicken“, so Bevis. „Viele Menschen denken, wir könnten eines Tages einen Weg finden, um Erdbeben sicher vorherzusagen, aber ich glaube, es ist vielleicht gar nicht möglich. Nicht alle Prozesse sind vorhersagbar.“

(Ohio State University, 07.12.2005 – NPO)

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