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Medizintechnik

Schlüssel für „bleierne“ Knochen

Neue Methode zeigt Bleiablagerungsorte

Knochenanalyse mittels Synchrotron-Strahlung © TU Wien

Blei ist ein Schadstoff, der sich vor allem in den Knochen ablagert – soviel ist seit langem bekannt. Doch wo genau im Knochen und in welcher Menge dies geschieht konnten Wiener Forscher erst jetzt mithilfe eines neuen Verfahrens nachweisen.

Die meisten von uns kennen sie – die bleiernen Knochen. Was für manche Gott sei Dank nur im übertragenen Sinn gilt, bedeutet für manche Berufsgruppen wie Schweißer, Löter und Batteriearbeiter bitteren Ernst. WissenschafterInnen der TU Wien ist es nun dank einer speziellen röntgenanalytischen Methode gelungen, nicht nur die Struktur der Knochen sondern auch die Verteilung wichtiger Elemente wie Calcium, Zink, Strontium oder Blei im Knochen zu zeigen – und das in 3D. Das ist zum einen wichtig, weil Blei in Knochen eine tickende „Gesundheitsbombe“ ist und Mediziner daher an einer Erklärung gesundheitlicher Phänomene interessiert sind. Zum anderen haben die Wissenschafter mit ihren Forschungsergebnissen die Türe für die Beantwortung neuer gesundheitlicher Fragen aufgestoßen.

Den Stein ins Rollen gebracht hat 2001 ein Mediziner des Allgemeinen Krankenhauses (AKH) in Wien. Professor Wolf Osterode, gelernter Physiker und Arbeitsmediziner, wollte von den Physikern wissen, ob es möglich ist, Blei in Knochen nachzuweisen. Er hat sich mit seiner Frage an die Forschungsgruppe rund um Professor Peter Wobrauschek am Atominstitut der österreichischen Universitäten – einem Institut der TU Wien – gewandt. Die vorerst eher lapidare Antwort der TU Wien-Forscher: „Wir probieren es aus.“ Die eingehende Untersuchung der Proben hat Erfreuliches zu Tage gefördert: die Wissenschafter konnten Blei im Knochen nachweisen.

Schleichende Gefahr

Personen, die Blei im Körper haben, sind hoch gefährdet. Einmal im Gehirn, löst es neurologische Störungen aus und schädigt das Nervensystem. Folglich sind Personen, die viel mit Blei zu tun haben, besonders gefährdet. Dazu kommt, dass Blei im Körper unterschiedlich lange braucht, bis es abgebaut ist. Die biologische Halbwertszeit von Blei, das heißt die Zeit zwischen Aufnahme und Abgabe, beträgt im Blut einen knappen Monat. Im Knochen hingegen zwischen 10 – 20 Jahre.

So ist es nicht verwunderlich, dass WissenschafterInnen Knochen als „kumulative Bleidosimeter“ bezeichnen. Die Einlagerung von Blei in Knochen wäre möglicherweise nicht so dramatisch, wenn es dort bleiben würde. Tut es aber nicht. In metabolisch aktiven Phasen, wie beispielsweise Schwangerschaft, Schilddrüsenerkrankung, oder generell bei erhöhtem Stoffwechsel, gelangt Blei aus den Knochen in den Blutkreislauf und startet dort seine gesundheitsschädigende Wirkung.

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Lohnende Knochenarbeit“

Die Wissenschafter wollten die vom Mediziner gestellte Frage beantworten, wo sich Blei im Knochen anlagert. Immerhin werden 90 – 95 Prozent des Bleis im Knochen akkumuliert. Der Schlüssel zum Erfolg lag in den Ergebnissen, die dank Mikroanalyse mit Synchrotron-Strahlung gewonnen wurden. Es konnte nachgewiesen werden, dass Blei in der äußersten Knochenschicht akkumuliert wird. Dazu der Projektleiter Peter Wobrauschek: „Die Tür wurde mit der Synchrotron-Strahlung aufgestoßen. Sie liefert extrem lokale Auflösung plus Tiefeninformation.“ Damit konnte die Verteilung von Calcium, Zink, Strontium, und Blei im Knochen nachgewiesen werden.

So banal die erste Erkenntnis der Wissenschafter zunächst erscheint, so vielversprechend ist sie für die Medizin. So ist auch geplant, in vivo Messungen, in Form von Untersuchungen von Patienten im Krankenhaus ab 2006 verstärkt im AKH an beruflich bleiexponierten Menschen durchzuführen.

Das bedeutet für die Zukunft: Bei den Untersuchungen von Patienten im Krankenhaus („in vivo“) kann ein Verfahren mit niederenergetischer Strahlung verwendet werden. Die großen Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Methoden, die allesamt mit radioaktiven Quellen arbeiten: Das Verfahren ist in der Handhabung einfacher, weil das Gerät nur mehr an die Steckdose angesteckt werden muss. Außerdem ist es wesentlich kleiner und gibt nur Strahlung ab, wenn es in Betrieb ist.

(Technische Universität Wien, 26.10.2005 – NPO)

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