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Archäologie

Externsteine geben Geheimnis preis

Präzise Altersbestimmung der umstrittenen Feuerstellen gelungen

Externsteine © Robin Jähne

Die Externsteine in Lippe sind nicht nur eines der bemerkenswertesten Naturdenkmäler Mitteleuropas, sondern bereits seit Jahrzehnten auch ein „Stein des Anstoßes“. Immer wieder gab es unter Historikern Streit darüber, ob die Felsstätten bereits in vorchristlicher Zeit als Kultstätten genutzt wurden. Eines der wichtigsten Rätsel der Externsteine war bisher das Alter der Grotten in den Felsenstätten. Forscher der Heidelberger Akademie der Wissenschaften haben dieses Geheimnis nun gelüftet.

Nach den Ergebnissen der Studie stammen die untersuchten Feuerspuren nicht aus vorchristlicher Zeit. Damit konnten die Wissenschaftler die Ergebnisse der bisherigen Forschung bestätigen. Das Forschungsprojekt ergab zudem, dass zwei der untersuchten Feuerspuren in der Haupt- und Nebengrotte der Externsteine aus dem Spätmittelalter (1325 n.Chr. +/- 50 Jahre und 1425 +/- 63) stammen, eine weitere Spur ist höchstens hochmittelalterlich (nach circa 1030 +/- 100).

Entgegen den bisherigen Erkenntnissen ergab die Untersuchung der Bohrkerne aus der branderhitzten Decke der Kuppelgrotte jedoch deutlich höhere Alter: Während eine Spur aus ottonischer Zeit stammt (934 +/- 94), ist eine weitere in die Zeit nach 735 (+/- 180) zu datieren, könnte somit aus der Zeit der fränkisch-sächsischen Auseinandersetzungen ab der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts stammen. Die Kuppelgrotte ist damit mindestens frühmittelalterlich.

Zeitpunkt der letzten Erhitzung ermittelt

Datiert wurden die Proben mit der Methode der so genannten Optisch- Stimulierten-Lumineszenz (OSL). Mit dieser Methode bestimmt man den Zeitpunkt der letzten Erhitzung der im Sandstein enthaltenen Quarz- und Feldspatkörner, mithin das Mindestalter der Anlage der Grotten.

Das Verfahren beruht darauf, dass natürliche Gesteine geringe Mengen an radioaktiven Elementen besitzen, welche die Mineralkörner einer fortdauernden Strahlung aussetzen und ein Lumineszenz-Signal aufbauen.

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Damit ist die gemessene Intensität des Signals ein Maß für das Alter der Probe. Die in Heidelberg weiterentwickelte Untersuchungsmethodik stellt einen wichtigen Beitrag zur Grundlagenforschung und zur Anwendbarkeit der OSL-Datierungsmethode dar.

Durch das tiefenaufgelöste Datierungsverfahren konnten die Verlässlichkeit der erhaltenen Alter gesichert und ausreichend erhitzte von jenen Proben unterschieden werden, die nur ungenügend erhitzt wurden und somit überhöhte Altersdatierungen erbracht hätten. Bei zwei Proben konnte dabei gezeigt werden, dass eine rötliche Verfärbung der Gesteinsoberfläche noch keine Garantie für ein verlässliches Alter darstellt. Vielmehr erwies sich die Hitzeinwirkung an den verschiedenen Probeentnahmestellen als höchst variabel, womit erneut die Notwendigkeit des entwickelten Datierungsverfahrens unterstrichen wurde.

Bei der Quantifizierung des Strahlungsfeldes ergaben sich, trotz der Anwendung präziser analytischer Verfahren, unerwartete Schwierigkeiten, die eine Erhöhung der Altersunsicherheiten mit sich führten. Dies und die geringer als erwartete Anzahl an auswertbaren Proben zeigen, dass an den Externsteinen weiterer naturwissenschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsbedarf besteht.

Historisch relevante Brandspuren

Nach Meinung der Wissenschaftler belegt die OSL-Untersuchung, dass es sich bei den bisher rätselhaften Abplatzungen und Verfärbungen in den Grotten tatsächlich um historisch relevante Brandspuren handelt.

Entgegen ersten Befürchtungen der Forscher beweisen die Ergebnisse aus dem bodennahen Bereich der Haupt- und Nebengrotte, dass normale Lagerfeuer, wie sie dort noch in den 1960er Jahren häufiger brannten, ältere Brandspuren nicht überlagern konnten. Die datierten Brandspuren sind demnach historisch bedeutsam und zeugen von erheblichen Eingriffen.

Nutzung vor allem im Mittelalter

Die Untersuchung konnte nicht bestätigen, dass die Grotten bereits in der Älteren Eisenzeit (Mitte 1. Jahrtausend v. Chr.) geschaffen beziehungsweise genutzt wurden, wie dies nach den Ergebnissen der ersten, methodisch noch nicht ausgereiften TL-Altersabschätzung von 1990 möglich schien. Alle nun ermittelten Alter weisen ins Mittelalter.

„Dieses Forschungsprojekt zeigte, dass sich die Externsteine ihre Geheimnisse nicht leicht entreißen lassen“, so Kurt-Uwe Förster von der Schutzgemeinschaft Externsteine. „Doch mit modernsten und weiterentwickelten Untersuchungsmethoden, Beharrlichkeit und Präzision hat die Forschungsstelle Archäometrie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften den Feuerstellen in den Felsengrotten nun hochinteressante Alterswerte abgerungen. Insbesondere die Ergebnisse zur Kuppelgrotte bieten spannende Ansätze für weitere Forschungen. Die Schutzgemeinschaft Externsteine als Initiator des Projektes wird auf Grundlage der vorliegenden Ergebnisse alles daran setzen, die Untersuchungen – insbesondere zur Kuppelgrotte – fortzusetzen und durch weitere interdisziplinäre Forschungen zu ergänzen.“

Clemens Woda, einer der Leiter der Studie, betonte: „Der Vorteil der naturwissenschaftlichen Untersuchungen in diesem Forschungsprojekt ist, dass sie stets objektiv, wertneutral und ergebnisoffen sind. Einzige Leitlinie des Handelns ist die höchstmögliche wissenschaftliche Qualität. Weder die eigene subjektive Weltanschauung noch irgendwelche Vorannahmen beeinflussen den Gang und das Ergebnis der Untersuchungen.“

(idw – Heidelberger Akademie der Wissenschaften, 21.10.2005 – DLO)

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